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HINTERGRUND/175: Ökologische Kinderrechte - Klimawandel und Naturkatastrophen


die zeitung - terre des hommes, I. Quartal 2011

ÖKOLOGISCHE KINDERRECHTE
Klimawandel und Naturkatastrophen
Versorgung und Vorsorge im Ernstfall

Von Urte Tegtmeyer


Das Jahr 2011 fing für die Einwohner der brasilianischen Städte Teresópolis und Nova Friburgo nördlich von Rio de Janeiro verheerend an: Nach heftigen Regenfällen verwandelten sich Bäche und Flüsse in kürzester Zeit zu Schlammlawinen, die Häuser, Gesteinsbrocken und Straßen mit sich rissen. Mindestens 500 Tote und tausende obdachlose Familien waren zu beklagen. Jedes Jahr passieren in dieser Region solche Unglücke, aber nicht in diesem Ausmaß. Unkontrollierte Abholzung und Bebauung sowie die Begradigung von Flüssen gelten als Ursachen für die Naturkatastrophe.

Auch das Jahr 2010 macht mit Wetterextremen Schlagzeilen. Allein in Pakistan waren 20 Millionen Menschen auf der Flucht, ganze Landstriche wurden unter Wasser gesetzt. Ein tropischer Wirbelsturm in El Salvador und Guatemala vertrieb 150.000 Menschen aus ihren Häusern. In Australien wurden zum Ende des Jahres weite Teile des Bundesstaates Queensland überschwemmt, mehr als 200.000 Opfer mussten evakuiert werden. Die extremen Regenfälle sind Auswirkungen von tropischen Wirbelstürmen, die durch die Erderwärmung an Heftigkeit zunehmen, erklären australische Klimaforscher. Außerdem spielen »El Niño« und »La Niña« eine wichtige Rolle bei den Wetterextremen. »El Niño« bezeichnet ein Phänomen, durch das die Windsysteme über dem Pazifik verschoben werden. Es hat Auswirkungen auf das weltweite Klima: massive Regenfälle an den Westküsten Mittel- und Nordamerikas, Trockenheit im Amazonas-Tiefland, Wirbelstürme vor Mexiko, Dürren in Australien und Südostasien, mehr Regen im nördlichen Afrika, Trockenheit im südlichen Afrika. Die »kalte Schwester La Niña« tritt häufig nach »El Niño« auf, und löste im Jahre 2010 die Überschwemmungen in Pakistan und Australien maßgeblich aus. »La Niña« wird häufig als Anti-»El Niño« bezeichnet und verstärkt, grob gesagt, die bestehenden Wetterverhältnisse. Allerdings war im Jahr 2010 das »La Niña«-Phänomen stark ausgeprägt und sorgte so für die extremen Überschwemmungen sowie im Sommer die Rekordhitze in Russland.


Wetterphänomene und ihre Auswirkungen

Die Liste ließe sich noch mit weiteren Naturkatastrophen fortsetzen und zeigt vor allen Dingen eines: Der Klimawandel ist in allen Regionen der Welt angekommen, selbst in denen, die ursprünglich als gesichert galten, wie der Wintersturm Xynthia im Februar 2010 deutlich machte: Er fegte über Europa hinweg, löste Sturmfluten aus, knickte Bäume um und ließ Gebäude einstürzen.

Zentralamerika ist von Naturkatastrophen besonders häufig betroffen. »Im Jahr 2010«, berichtet Ellen Krumstroh, terre des hommes-Koordinatorin vor Ort, »hat es so viel geregnet, wie ich es in den vergangenen 22 Jahren nicht erlebt habe.« Der Sturm Agatha hatte im Sommer in Guatemala Erdrutsche ausgelöst. Ein Bus wurde verschüttet, Straßen mussten gesperrt werden. In der nicaraguanischen Hauptstadt ist der Pegel des Managua-Sees um drei Meter gestiegen, ein halbes Dorf musste umgesiedelt werden. terre des hommes hat den Bau neuer Brunnen unterstützt, um die Versorgung mit sauberem Trinkwasser für die Dorfbevölkerung sicherzustellen.

Die massiven Regenfälle vernichteten große Teile der Ernte. Grundnahrungsmittel wie Bohnen, Reis und Mais sind davon betroffen. Die Folge: Die Preise dafür haben sich inzwischen mehr als verdreifacht, armen Familien fehlt das Geld. Erst ein Jahr zuvor herrschte in Guatemala eine große Dürre, auch hier waren Teile der Ernte verdorrt, viele Kinder mussten hungern.


Katastrophenreaktion und -prävention

Die Reaktion auf Katastrophen und deren Prävention ist integraler Teil der Projektarbeit von terre des hommes und seinen lokalen Partnern. Im »Bündnis Entwicklung Hilft« engagiert sich terre des hommes zusammen mit anderen Hilfsorganisationen für diesen Ansatz und leistet im Katastrophenfall schnelle Hilfe vor Ort. Ebenso wichtig ist es, die Katastrophenprävention weiter auszubauen. Dies geschieht etwa in Mittelamerika, das regelmäßig Ziel von Wirbelstürmen ist. Beispielsweise in El Salvador arbeitet der Projektpartner Equipo Maíz in der Prävention. Dorfgemeinschaften erhalten Unterstützung beim katastrophensicheren Bauen von Häusern und Vorsorge-Training, wobei dem Umweltschutz eine besondere Bedeutung zukommt, denn Abholzungen an den falschen Stellen begünstigen Erdrutsche bei sintflutartigen Regenfällen. So werden örtliche Strukturen gestärkt, um den Katastrophenschutz in gefährdeten Gebieten zu verbessern. Entscheidend ist, dem Raubbau an der Natur Einhalt zu gebieten, und damit Kindern und nachfolgenden Generationen das Recht auf eine intakte Umwelt zu gewähren.


Urte Tegtmeyer (u.tegtmeyer@tdh.de)


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Quelle:
die zeitung, I. Quartal 2011, S. 5
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2011