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TREFFPUNKT TEL AVIV/027: Festgenommen... ein Gefängnisbericht (Welcome to Palestine)


Nach einer Veröffentlichung der Initiative "Welcome to Palestine" über einen Besuch des Anwalts Anan Odeh von der Menschenrechtsorganisation Al-Damir bei Festgenommenen dieser Initiative kam es zu dem folgenden Bericht:


Welcome to Palestine - Official News Source - 9. Juli 2011 - 20:00 Uhr

Anan kommt gerade aus dem Gefängnis in Ramleh. Er hat sich mit weiteren Gefangenen getroffen, darunter Dr. Hikmat Al-Sabti, dem es gut geht derzeit. Als ich Anan frage, wie es ihm gehe, ist seine Antwort leise, aber grimmig:  M i r  geht es gut!

Anan erzählt: "Heute fanden wir heraus, daß sie einige der Inhaftierten in andere Gefängnisse, zum Beispiel Givon in Ramleh, gebracht haben. Wir sind ins Gefängnis gegangen, um Antworten zu bekommen und herauszufinden, wie es den anderen Gefangenen geht. Zunächst bekamen wir keine klare Antwort. Dann beantragten wir eine Besuchserlaubnis. Diese wurde abgelehnt, was inakzeptabel ist, weil diese Menschen das Recht haben, einen Anwalt zu sehen.

Anan fährt fort: "Heute mittag kamen wir am Gefängnis an. Drei Stunden, bevor es die Türen schloß, erhielten wir die Erlaubnis, mit den Gefangenen zu sprechen. Um 15 Uhr gestattete man uns, das Gefängnis zu betreten und dort mit den Inhaftierten zusammenzutreffen. Wir fanden heraus, daß dort rund 70 Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Altersstufen festgehalten werden. Das Verhältnis von Männern und Frauen war fünfzig zu fünfzig.

Dann erzählt Anan von seinen Gesprächen mit den Gefangenen in dieser Haftanstalt: "Ich habe nur mit neun von Ihnen aus England, den USA, Irland, Schottland, Belgien und Deutschland gesprochen. Von ihnen erfuhr ich, was sich zuvor auf dem Flughafen abgespielt hatte. Als sie bei der Paßkontrolle eintrafen, fragte man sie, wohin sie unterwegs seien und für welchen Zeitraum. Sie gaben Antwort darauf und erklärten, sie seien eingeladen worden, an der 'Willkommen in Palästina'-Initiative in Bethlehem teilzunehmen. Nachdem sie dies erklärt hatten, nahm man sie unverzüglich beiseite. Nach einer Weile wurden sie ohne weitere Erklärung in einen kleinen Raum geführt. Dort hielt man sie einige Stunden lang fest.

Die Verhafteten wurden stundenlang festgehalten, ohne daß man ihnen mitteilte, wie lange sie würden warten müssen. Am Abend steckte man sie in Lastwagen, die normalerweise zum Gefangenentransport verwendet werden. Diese mit Metallsitzen ausgestatteten Transporter sind sehr klein. In jedes dieser Fahrzeuge steckte man mindestens zwölf Menschen, die dort lange Zeit ohne Essen, Trinken oder Lüftung ausharren mußten. Nach einigen Stunden fragten sie nach Essen und Trinken, bekamen aber nichts. "Das ist für mich schockierend zu hören, weil es mehrere ältere Männer gab, die man verhaftet hatte. Darunter einen Iren und einen Briten im Alter von 73 beziehungsweise 83 Jahren. Daß diese Männer zusammen mit weiteren zehn Menschen ohne Essen und Trinken für mehr als vier Stunden in einen kleinen Transporter gesteckt wurden, dessen Fläche nicht größer ist als ein Quadratmeter, ist einfach erschütternd."

Heute hörte Anan zudem Berichte darüber, wie die Polizei die Gruppe von Reisenden auf dem Flughafen angriff. Es war eine schnelle und gewaltsame Aktion. Eine Irin erzählte ihm, daß die Gruppe von mindestens 25 Soldaten und Sicherheitsleuten umstellt wurde. Sie wurden provoziert, ein Mann wurde angeschrien, bevor man ihn schlug und dann ohne Grund in Handschellen legte. "Ich habe diesen Mann übrigens heute im Gefängnis getroffen, und an Händen und Hals sind noch immer die Striemen zu sehen."

Nachdem man sie in den Transporter gesteckt hatte und sie einige Stunden vor dem Flughafen hatten warten müssen, wurden die Gefangenen in das Gefängnis in Ramleh überführt. Als man sie zum Transporter brachte, hatte man ihnen allerdings ursprünglich erklärt, sie würden in ein Hotel gebracht, bevor sie nach Hause zurück deportiert würden. Ohne weitere Informationen oder eine Erklärung erhalten zu haben, stellten sie um drei Uhr morgens fest, daß man sie in Wirklichkeit in ein Gefängnis brachte. "Die meisten von ihnen trafen um vier Uhr nachmittags auf dem Flughafen ein, und die ganze Zeit bis sie im Gefängnis ankamen, blieben sie ohne Essen und ohne Wasser. Alles Gepäck wurde ihnen weggenommen, auch ihr Geld."

Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat Anan keine Nachricht erhalten, daß Menschen aus dem Gefängnis entlassen wurden. Als er mit den Gefangenen sprach, bestätigten ihm einige von Ihnen, daß sie ohnehin wegen ihrer Arbeit nach Hause zurückkehren müßten. Die meisten Gefangenen waren jedoch zuversichtlich: "Sie weigern sich, nach Hause zu gehen und haben die Absicht, trotzdem nach Bethlehem zu fahren, um an der friedlichen 'Willkommen in Palästina'-Initiative teilzunehmen."


Anmerkung der Redaktion Schattenblick:
Al-Damir: Palästinensische Menschenrechtsorganisation mit Schwerpunkt Bildung und Recht/Rechtsbeistand


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Quelle:
Welcome to Palestine - Official News Source
http://welcometopalestinenews.blogspot.com/
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2011