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STELLUNGNAHME/047: Zur "Afrikastrategie" von Ursula von der Leyen (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - Statement vom 30. Januar 2014

Statement zur "Afrikastrategie" von Ursula von der Leyen



Im Vorfeld der morgen beginnenden Münchener Sicherheitskonferenz haben verschiedene Politiker Aussagen gemacht, die die Grenzen zwischen militärischen und humanitären Aufgaben verwischen.

Dazu Ulrike von Pilar, humanitäre Beraterin bei Ärzte ohne Grenzen:

"Die Vermischung von Militäreinsätzen mit humanitärer Hilfe ist irreführend und gefährlich. Wir wehren uns seit Jahren entschieden dagegen, dass in politischen Reden und Pressemitteilungen der Anschein erweckt wird, humanitäre Hilfe sei ein Mittel der Außen- und Sicherheitspolitik.

Aufgabe humanitärer Organisationen ist es, in Katastrophen und Konflikten der betroffenen Zivilbevölkerung beizustehen - ungeachtet ihrer ethnischen oder politischen Zugehörigkeit, nur auf der Basis der Bedürfnisse der Menschen. Sie müssen mit allen Konfliktparteien verhandeln, um Zugang zu Patienten zu bekommen und sicher arbeiten zu können. Dies ist aber nur möglich, wenn sie als ausschließlich humanitäre Organisationen angesehen und deshalb von allen Parteien respektiert werden. Humanitäre Helfer müssen klar getrennt von Soldaten handeln können und dürfen weder mit diesen verwechselt noch mit ihnen in Zusammenhang gebracht werden. Sonst können sie selbst zur Zielscheibe werden.

Eigentlich hat die Bundesregierung garantiert, humanitäre Hilfe nicht als Instrument der Außenpolitik einzusetzen; im Lissabon-Vertrag, dem European Consensus on Humanitarian Aid - und nicht zuletzt im aktuellen Koalitionsvertrag. Doch nun werden in öffentlichen Stellungnahmen die Grenzen zwischen politisch-militärischem und humanitärem Handeln in der öffentlichen Wahrnehmung weiter verwischt - und so die Arbeit humanitärer Organisationen letztlich weiter erschwert."

In der aktuellen Ausgabe des Spiegel spricht sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für ein stärkeres internationales Engagement der Bundeswehr aus: "Wir können nicht zur Seite schauen, wenn Mord und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind, schon allein aus humanitären Gründen." Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am Mittwoch, von der Leyen habe angekündigt, angesichts der instabilen Entwicklung in einigen afrikanischen Ländern gemeinsam mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Entwicklungshilfeminister Gerd Müller eine "Afrikastrategie" zu entwickeln. Militärische Sicherung, diplomatische Initiativen, Humanitäre Hilfe und Anstrengungen zum wirtschaftlichen Aufbau müssten verbunden werden, um in den betreffenden Ländern mehr Stabilität zu schaffen. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Hans-Peter Bartels, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD, am Dienstag, dass das humanitäre Argument ein starkes Argument für künftige Auslandseinsätze sei.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2014