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APPELL/142: Für Frieden und Demokratie in der Türkei (Civaka Azad)


Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
Pressemitteilung vom 12. April 2019

Appell für Frieden und Demokratie in der Türkei


Seit mittlerweile 156 Tagen befindet sich die kurdische Politikerin Leyla Güven im Hungerstreik. Rund 7.000 politische Gefangene in der Türkei haben sich diesem Hungerstreik angeschlossen. Auch in Europa befinden sich dutzende Aktivistinnen und Aktivisten zum Teil über 100 Tagen im Hungerstreik. Sie alle vereint die Forderung nach einem Ende der Isolationshaft des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan.

Zahlreichen Hungerstreikende befinden sich mittlerweile in einem kritischen Gesundheitszustand. Doch national wie international herrscht weitgehendes Schweigen über die Situation der Hungerstreikenden und ihren Forderungen.

21 bekannte Persönlichkeiten haben nun in einem gemeinsamen offenen Brief die Bundesregierung dazu aufgefordert, ihren politischen Einfluss auf die Türkei auszuüben und sich für das Ende der Isolation Abdullah Öcalans einzusetzen. In ihrem "Appell für Frieden und Demokratie in der Türkei", der unter anderem von der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano, dem Schauspieler Rolf Becker, der Bundesvorsitzenden des VVN-BdA Cornelia Kerth und dem Bundessprecher der Grünen Jugend Max Lucks unterzeichnet wurde, bekunden die insgesamt 21 namenhaften Persönlichkeiten ihre Solidarität mit den Forderungen von Leyla Güven. Im Apell wird sich für eine friedliche und politische Lösung der kurdischen Frage ausgesprochen, die mit der sofortigen Beendigung der Isolationshaft von Abdullah Öcalan eingeleitet werden könne.

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APPELL FÜR FRIEDEN UND DEMOKRATIE IN DER TÜRKEI

Uns eint die Sorge um die Gesundheit und das Leben von Leyla Güven. Leyla Güven ist gewählte Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in der türkischen Nationalversammlung. Sie war bis zum 25. Januar 2019 ein Jahr lang aufgrund ihrer Kritik an der völkerrechtswidrigen Invasion der türkischen Armee in den nordsyrischen Kanton Efrîn (Rojava) im Gefängnis in Diyarbakir (Amed) inhaftiert. Seit dem 7. November 2018 befindet sich Güven im unbefristeten Hungerstreik. Sie fordert ein Ende der Isolationshaftbedingungen für Abdullah Öcalan, um im Dialog den Friedens- und Demokratisierungsprozess in der Türkei neu zu beginnen. Seit ihrer Entlassung aus der Haft, setzt Leyla Güven ihren Hungerstreik nun in ihrer Wohnung in Diyarbakir fort. Ihr Gesundheitszustand ist sehr kritisch.

Um den Forderungen von Leyla Güven Nachdruck zu verleihen, haben sich inzwischen mehrere hundert Menschen dem Hungerstreik angeschlossen, darunter inhaftierte Politikerinnen und Politiker der HDP, sowie zahlreiche Menschen in Deutschland und in weiteren europäischen Ländern. Auch ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich mit jedem Tag, der vergeht. Die kritische Schwelle haben sie längt überschritten.

Wir können dies nicht unkommentiert lassen. Wir teilen die Forderung von Leyla Güven nach der sofortigen Beendigung der Isolationshaft von Abdullah Öcalan, der Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention, die auch die Türkei unterzeichnet hat und sprechen uns für eine friedliche und politische Lösung der kurdischen Frage im Dialog aus. Wir fordern weiter die sofortige Freilassung der unrechtmäßig inhaftierten Abgeordneten, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der HDP, sowie der weiteren Oppositionspolitikerinnen und -politiker.

Dafür rufen wir die Bundesregierung auf, ihren politischen Einfluss insbesondere als wichtiger Bündnispartner der Türkei, mit Nachdruck auszuüben. Gerade haben auch fünfzig Nobelpreisträgerinnen und -träger eine ähnlich lautende Erklärung veröffentlicht.

Der türkische Staat stellt sich bisher stur. Die deutsche Bundesregierung und die Zivilgesellschaft in Deutschland müssen daher Druck auf die türkische Regierung ausüben. Darüber hinaus muss die deutsche Bundesregierung Druck auf den Rat der Europäischen Union (EU-Ministerrat) ausüben, damit die Türkei zum Einhalten des internationalen Rechts bewegt wird.

Die Bundesregierung bezog am 16. Januar Stellung: "In seinem Bericht aus dem vergangenen Jahr äußert das Antifolter-Komitee klare Kritik an der Abschottung der auf Imrali Inhaftierten. Die türkische Regierung wird darin aufgerufen, Besuche von Verwandten und des Rechtsbeistands zu ermöglichen und Beschränkungen des Umgangs der Häftlinge untereinander abzubauen. Die Bundesregierung begrüßt diese Forderungen." Seitdem sind mehrere Monate vergangen, in dem die Bundesregierung und das Auswärtige Amt offensichtlich keinerlei Anstrengungen unternommen haben, Druck auf die Türkei zur Erfüllung der Forderungen nach Aufhebung der Isolation Öcalans auszuüben.

Solange Abdullah Öcalan sich nicht öffentlich äußern kann, wird es keine friedliche Lösung der kurdischen Frage in der Türkei geben. Das bedeutet auch, dass die Krise in der Türkei andauern wird und tausende weitere Menschen das Land in Richtung Europa verlassen werden. Wir fordern daher die Kirchen, Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und Parteien in Deutschland auf, Druck auf die deutsche Bundesregierung aufzubauen. Und auch Sie als Einzelperson können selbst kreativ werden und ein Zeichen für den Frieden in der Türkei setzen!


UNTERZEICHNERINNEN UND UNTERZEICHNER

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Quelle:
Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
Residenzstraße 54, 13409 Berlin
Tel.: 030/91446137
E-Mail: info@civaka-azad.org
Internet: www.civaka-azad.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2019

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