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APPELL/070: Protest gegen Hinrichtung Jugendlicher im Iran (ILMR)


Internationale Liga für Menschenrechte - 8. März 2017

Internationale Liga für Menschenrechte appelliert an die Bundesregierung, sich umgehend für die Beendigung der Hinrichtung Jugendlicher im Iran einzusetzen!


Aktuell droht Zeinab Sekaanvand Lokran, einer 22-jährigen Frau, die Hinrichtung. Sie wurde im Alter von 17 Jahren festgenommen und beschuldigt, ihren Ehemann umgebracht zu haben. Sie "gestand", nachdem sie von Polizeiagenten gefoltert worden war. Obwohl sie dieses Geständnis später widerrief, diente es weiter als Grundlage für ihr Todesurteil. Berichten zufolge, lehnte der oberste Gerichtshof im Iran kürzlich ihren Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab, zudem erteilte der Leiter der Justiz die erforderliche Genehmigung für ihre Hinrichtung. Die iranischen Behörden haben sich bisher nicht zu den erwähnten Berichten geäußert.

Zudem haben iranische Behörden bereits zum fünften Mal die Hinrichtung des heute 26-jährigen Hamid Ahmadi verschoben, welche für Samstag, den 18. Februar 2017, geplant war. Ahmadi droht die Hinrichtung weiterhin. Sein Leben unter dieser akuten Bedrohung kommt psychischer Folter gleich. Hamid Ahmadi wurde im Alter von 17 Jahren für einen angeblichen Mord zum Tode verurteilt; das Gerichtsverfahren entsprach ebenfalls nicht internationalen Standards eines fairen Prozesses. Auch sein "Geständnis" war unter Folter erzwungen worden.

Im Januar und Februar 2017 intervenierten mehrere UN-Menschenrechtsexperten und forderten die iranischen Behörden auf, die geplante Hinrichtung Ahmadis und des jugendlichen Verurteilten, Sajjad Sanjari, zu stoppen.

Seit Anfang 2017 haben iranische Behörden bereits zwei junge Männer hingerichtet, die verurteilt wurden wegen Delikten, die sie als unter 18 Jahre alte Jugendliche begangen haben sollen.

Arman Bahr-Asemani wurde am 15. Januar in der im südlichen Iran gelegen Stadt Kerman hingerichtet. Zur Zeit der Exekution war er 20 Jahre alt. Er war wegen eines Mordes verurteilt worden, den er angeblich im Alter von 16 Jahren begangen hatte. Hassan Hassanzadeh wurde am 18. Januar d.J. in der im nord-westlichen Iran gelegenen Stadt Tabriz gehängt. Er war zur Zeit der Exekution 18 Jahre alt und 15 Jahre als er angeblich einen Mord beging.

Die Zahl der jugendlichen Verurteilten in iranischen Todeszellen ist weiterhin besorgniserregend.

Iran gehört weltweit zu den führenden Nationen, die Jugendliche hinrichten. Internationale Menschenrechtsorganisationen haben mindestens 88 Hinrichtungen jugendlicher Verurteilter im Zeitraum von 1999 bis Ende 2016 erfasst. Fünf von ihnen wurden 2016 exekutiert.

Die iranischen Gesetze, die auf Minderjährige angewandt werden, stehen im klaren Widerspruch zum Völkerrecht und verstoßen gegen internationale Standards. Das islamische Strafgesetzbuch Irans aus dem Jahr 2013 sieht vor, dass "Minderjährige keine strafrechtliche Verantwortung haben", jedoch definiert es das Alter der Volljährigkeit mit 15 Mondjahren für Jungen und 9 Mondjahren für Mädchen.[1] Zudem hat das gleiche islamische Strafgesetzbuch Richter dazu autorisiert, Minderjährige unter 18 Jahren zum Tode zu verurteilen, wenn sie die Natur ihres Verbrechens und/oder das Verbot verstehen oder wenn sie aufgrund ihrer geistigen Reife dazu in der Lage sind. [2]

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat die Islamische Republik Iran schon mehrmals - zuletzt 2016 - aufgefordert, zumindest die Vollstreckung der Todesurteile an Kindern und Jugendlichen zu beenden.

Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (CRC) und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) - beide vom Iran ratifiziert - verbieten ausdrücklich die Anwendung der Todesstrafe für Verbrechen, die von Personen unter 18 Jahren begangen wurden. Die Internationale Liga setzt sich dafür ein, die Todesstrafe weltweit zu ächten und überall dort abzuschaffen, wo sie immer noch gesetzlich verankert ist und häufig auch praktiziert wird.


Anmerkungen:

[1] In der Praxis bedeutet dies, Jungen im Alter von 14 Jahren und 7 Monaten und Mädchen im Alter von 8 Jahren und 9 Monaten tragen strafrechtliche Verantwortung. Das Mondjahr ist kürzer als das Sonnenjahr.

[2] Weitere Informationen zur Todesstrafe und den entsprechenden Gesetzen im Iran finden sie in englischer Sprache in folgenden Berichten der FIDH und denen ihrer in Frankreich registrierten iranischen Mitgliedsorganisation, der Liga für die Verteidigung der Menschenrechte in Iran (LDDHI) : "Iran: Death Penalty - A State terror policy"
http://www.fidh.org/IMG/pdf/Rapport_Iran_final.pdf
"Death penalty in Iran - A State terror policy- update 2013"
http://www.fidh.org/article14075


Weitere Informationen zum Thema

UN Menschenrechtsexperten zum Thema:
http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=21138&LangID=E

Amnesty International:
http://www.n-tv.de/politik/Amnesty-Iran-laesst-Minderjaehrige-hinrichten-article16854791.html
https://www.amnesty.de/2016/1/26/iran-weiterhin-hinrichtungen-jugendlicher-straftaeter

FIDH (International Federation for Human Rights, Dachorganisation) and LDDHI (League for the Defence of Human Rights in Iran) - beide in Paris, France:
https://www.fidh.org/20345
https://www.fidh.org/article18147

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Quelle:
Mitteilung vom 8. März 2017
Internationale Liga für Menschenrechte
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030 - 396 21 22, Fax: 030 - 396 21 47
E-Mail: vorstand@ilmr.de
Internet: www.ilmr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2017

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