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BERICHT/037: Drohungen gegen mutige Umweltengagierte in Indonesien


peace brigades international - Internationale Friedensbrigaden - pbi Rundbrief 01/06

Drohungen gegen mutige Umweltengagierte in Indonesien

Illegale Rodungen, Umweltverschmutzung und Landenteignungen


Die von pbi begleitete Organisation WALHI (Wahabat Lingkungan Hidup Indonesia - Friends of the Earth Indonesia) setzt sich seit 25 Jahren für den Umweltschutz in Indonesien ein. WALHI arbeitet mit Kommunen zusammen, deren Lebensgrundlagen durch rücksichtslose wirtschaftliche Unternehmungen bedroht werden. Die UmweltaktivistInnen sehen sich mit Drohungen und Einschüchterungsversuchen konfrontiert. Dass sie ihre Arbeit dennoch fortsetzen, ist Zeugnis ihres Mutes und in einigen Fällen ein Ergebnis der pbi-Arbeit am Ort. Freiwilliger LARS STENGER begleitet für das pbi-Indonesien-Projekt von Jakarta aus die UmweltaktivistInnen.


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Am 26. März 2005 bekommt Erwin Usman eine Nachricht auf sein Handy geschickt: "Ich weiß, wir sind mit Dir noch nicht fertig, da ich Deinen Kopf noch nicht eingeschlagen habe. Und ich werde nicht eher befriedigt sein, bis Du mit Deinen Freunden in der Hölle bist. Du solltest beten, Dein Ende wird bald kommen."

Erwin Usman ist Umweltaktivist der indonesischen Organisation 'WALHI' ('Wahabat Lingkungan Hidup Indonesia - Friends of the Earth Indonesia'). Er unterstützt zu diesem Zeitpunkt Menschen in Bojong (Ort in der Nähe von Jakarta), die herausgefunden hatten, dass die neue Keramikfabrik in unmittelbarer Nachbarschaft in Wahrheit eine Mülldeponie werden soll. Die entstehende Bürgerinitiative wird von Erwin und Mitgliedern von WALHI unterstützt, sowie in Rechts- und Umweltfragen beraten.

So wie Erwin erhalten viele Mitglieder und Freiwillige von WALHI Drohungen wegen ihres Engagements, da sie Untersuchungen anstellen und Berichte über die illegalen Rodungen und Ressourcenausbeutung schreiben. Sie bringen Fälle von Umweltverschmutzung und Landenteignungen zu Lasten der Kommunen in Indonesien zur Anklage. WALHI ist ein Mitglied von Friends of the Earth International, der größten internationalen Umweltorganisation. WALHI hat Büros in allen 26 Provinzen Indonesiens. Diese Vereinigung setzt sich aus 438 Mitgliedsorganisationen zusammen, die sich für sozialen Wandel, kommunale Selbstbestimmung und nachhaltige Entwicklung von Lebens- und Produktionsweisen einsetzen. Ziel ist der Schutz von Indonesiens einzigartiger Naturwelt sowie der oft auf traditionelle Weise wirtschaftenden Kommunen vor Ausbeutung und Ungerechtigkeiten, verübt im Namen ökonomischer Entwicklung.

Schwerpunktthemen der Arbeit von WALHI sind: Wald, Küsten und Ozeane, Wassermanagement, Bergbau und Ressourcenabbau, Katastrophenhilfe und -management, Umweltverschmutzung, Auslandsverschuldung/Schuldenerlass im Zusammenhang mit der Problematik ökonomisch einseitig gesteuerter Globalisierung. WALHI bietet kommunale Beratung an und bemüht sich darum, in Streitfällen geeignete rechtliche Unterstützung zu finden, um Kommunen und betroffene Gruppen, in ihrem friedlichen Bemühen um Gerechtigkeit zu bestärken.

Im September 2006 wurde WALHI erneut von AnwohnerInnen aus Bojong um Unterstützung gebeten, als sich die Hinweise erhärteten, dass es der Betreiberfirma erlaubt sei, die in 2005 errichtete Betonblockade, die den Zugang zur geplanten Mülldeponie seitdem versperrt, zu räumen. Die AnwohnerInnen befürchten, dass die Betreiberfirma mit der Erlaubnis, die Anlage zu betreten, die Anlage auch weiter ausbauen werde. Die AnwohnerInnen blockierten daraufhin die Zufahrt und die Situation spitzte sich erneut zu. Viele Beteiligte erinnerten sich noch an die Szenen des Jahres 2005, als die "Preman" (Schläger) ihre Häuser zerstörten und AnwohnerInnen bedrohten. Der Bupati (Bürgermeister) drohte nun, Teilnehmende an der Blockade juristisch zur Verantwortung zu ziehen und verstärkte damit die Befürchtungen der AnwohnerInnen. Über drei Tage verhandelte WALHI mit dem Bürgermeister, unterstützt durch Delegierte aus der Nachbarschaft, der lokalen Regierung und der betroffenen Gemeinde, um das Demonstrationsrecht zu wahren und eine strafrechtliche Verfolgung der DemonstrantInnen sowie die Wiederaufnahme der Arbeit auf dem gesperrten Gelände zu verhindern. pbi leistete in dieser Zeit "Check in Calls" (ständiger Telephonkontakt) zu den beteiligten WALHI-AktivistInnen, um deren Sicherheit zu gewährleisten.

WALHI hilft auch der Bevölkerung in Runtu, Zentral-Kalimantan, wo das auch im Bergbau tätige Unternehmen MMS bisher kommunal genutztes Gemeindeland für eine Palmöl-Plantage beansprucht, wogegen sich die einheimische Bevölkerung wehrt. WALHI-Mitglieder erhielten Drohungen über SMS, ein Hühnerkadaver wurde ans WALHI- Büro geschickt mit der Aufforderung, "die einheimische Bevölkerung nicht mehr zu verteidigen.

WALHI-Mitglieder berichten, dass UmweltaktivistInnen und Mitglieder der betroffenen Gemeinden Drohungen und Übergriffen ausgesetzt sind. Die Täter kommen in den meisten Fällen ungeschoren davon. Ermittlungen kommen häufig nicht in Gang, um solche Fälle aufzuklären, bzw. die Ermittlungsbehörden seien zum Teil selbst für Drohungen und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. pbi Indonesien erhält mehr und mehr Anfragen für Schutzbegleitung von UmweltaktivistInnen in den Regionen Kalimantan, Sumatra und Sulawesi. - pbi


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Quelle:
pbi Rundbrief 01/06, Seite 17
Herausgeber: pbi-Deutscher Zweig e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2007