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MELDUNG/027: Neue Rohstoffstrategie - Brüderle erfüllt Wünsche deutscher Industrie (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 3/2010
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Die neue Rohstoffstrategie:
Brüderle erfüllt Wünsche der deutschen Industrie

Von Sebastian Rötters


Auf dem 3. Rohstoffkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) im Oktober stellte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung offiziell vor. Angeblich hatte auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) tatkräftig an der Erarbeitung mitgewirkt und die Zivilgesellschaft dazu angehört. Das Dokument trägt allerdings - wie zu erwarten war - die eindeutige Handschrift des Wirtschaftsministeriums und des BDI. Zentrales Ziel ist die Sicherung der Rohstoffversorgung der deutschen Industrie, vor allem mit "nicht-energetischen mineralischen Rohstoffen". Mit dem Verweis auf China wird als strategischer Ansatz betont, sich vehement für den Abbau von Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen einsetzen zu wollen. Der geplante "Aufbau bilateraler Rohstoffpartnerschaften mit ausgewählten Ländern" entwickelt erst im Zusammenhang mit den Verlautbarungen, Entwicklungshilfe und Rohstoffaußenpolitik enger miteinander zu verzahnen, seine volle Brisanz. Übersetzt heißt dies sehr wahrscheinlich, dass die Bundesregierung in Zukunft bevorzugt mit Ländern kooperieren möchte, die der deutschen Wirtschaft etwas zu bieten haben: Rohstoffe.


Das BMZ hat im "Entwicklungspolitischen Strategiepapier Extraktive Rohstoffe", erschienen im Oktober 2010 zwar viele Probleme, die im Zusammenhang mit Bergbauprojekten auftreten, erkannt und benannt. Die Schlussfolgerung jedoch, dass Rohstoffextraktion positiv zur Entwicklung des jeweiligen Landes beitragen könnte, wenn denn nur die Rahmenbedingungen (Good Governance etc.) stimmen, ist aber eindeutig zu einfach. Man hat den Eindruck, als wäre es Aufgabe des BMZ gewesen, die Wünsche der deutschen Industrie mit ein wenig Entwicklungspolitik zu flankieren, um so eine mögliche Win-Win-Situation zu suggerieren, die real nicht existiert. Bis heute gibt es kaum ein Entwicklungsland, von dem man behaupten könnte, dass es vom Rohstoffreichtum profitiert hat. Die Liste der Länder, für die sich der Rohstoffreichtum zum Fluch entwickelt hat, ist dagegen sehr lang. Daran wird sich kaum etwas ändern, wenn einerseits davon gesprochen wird, dass die Einnahmen aus dem Rohstoffsektor zur nachhaltigen Entwicklung beitragen können, andererseits aber beispielsweise "wettbewerbsverzerrende" Exportzölle abgeschafft werden sollen.

Das Hauptmanko der Rohstoffstrategie bleibt, dass sie den wichtigsten Punkt nur unter ferner liefen erwähnt: Wie nämlich der nach wie vor sehr große Rohstoffbedarf Deutschlands möglichst schnell und umfassend gesenkt werden kann, weil unser Rohstoffverbrauch im weltweiten Vergleich viel zu hoch und keinesfalls nachhaltig ist. Good Governance beginnt immer noch vor der eigenen Haustür.


Sebastian Rötters ist Bergbaureferent bei FIAN Deutschland.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 3/2010, November 2010, S. 17
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2011