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BERICHT/181: Welternährungskonferenz - Recht auf Nahrung im Auftrieb? (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2009
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Recht auf Nahrung im Auftrieb?
Welternährungskonferenz in Madrid

Von Armin Paasch


Die Welternährungskonferenz am 26. und 27. Januar in Madrid hat entgegen der ursprünglichen Zielsetzung keinen Fahrplan zur Beseitigung des Hungers verabschiedet. Dieses Schneckentempo ist vor dem Hintergrund der rasant steigenden Anzahl der Hungernden eine Zumutung. Positiv bewertet FIAN jedoch die Betonung des Rechts auf Nahrung und entsprechender Kontrollmechanismen in der Abschlussrede von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Deutlich wurde in Madrid auch, dass die UNO bei der Hungerbekämpfung eine Schlüsselrolle spielen muss.


Zu dem High Level Meeting on Food Security for All hatten UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und der spanische Ministerpräsident José Luis Zapatero die Regierungen aus aller Welt eingeladen. In der Ankündigung hatten sie erklärt, dass das Recht auf Nahrung Ausgangspunkt des Gipfeltreffens und der daraus folgenden neuen Strategien sei. Offizielles Ziel war ein "Fahrplan zur Beseitigung des Hungers und zur Ernährungssicherheit für alle'. Auf Anregung der G8 sollte zudem eine "Globale Partnerschaft für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit" initiiert werden, welche die Maßnahmen zur Hungerbekämpfung koordinieren soll. Für FIAN-International nahm Generalsekretär Flavio Valente am 26. Januar in Madrid an einem Runden Tisch mit FAO-Generaldirektor Jacques Diouf, der Direktorin des Welternährungsprogramms (WFP) Josette Sheeran und dem EU-Entwicklungskommissar Louis Michel teil.


G8-Initiative zunächst ausgebremst

Mit großer Skepsis und Widerstand reagierten zivilgesellschaftliche Organisationen, aber auch UN-Organisationen sowie Regierungen Lateinamerikas auf den G8-Vorschlag der Globalen Partnerschaft. "Wir befürchten, dass die UNO in einer solchen Partnerschaft durch die Weltbank, den IWF und die Privatwirtschaft an den Rand gedrängt würden", so Flavio Valente. Nach den Vorstellungen der G8 würden erstmals auch große Unternehmen der Ernährungsindustrie in die Beratungen über politische Maßnahmen gegen den Hunger mit einbezogen. "Gewählte Regierungen müssen bei der internationalen Landwirtschafts- und Ernährungspolitik das Sagen haben. Unternehmen verfolgen eigene Profitinteressen und sind aus Sicht des Rechts auf Nahrung schlechte Ratgeber." Entgegen den ursprünglichen Planungen wurde die Globale Partnerschaft aufgrund des Widerstands in Madrid zunächst nicht initiiert, sondern lediglich breite Konsultationen angekündigt. "Madrid kann als Sieg derjenigen angesehen werden, die eine Stärkung der multilateralen Steuerung des globalen Nahrungs- und Landwirtschaftssystems auf Basis des Menschenrechts auf Nahrung wollen", bilanzierte Flavio Valente nach der Konferenz.


Recht auf Nahrung als dritter Pfeiler der Hungerbekämpfung anerkannt

Als Erfolg verbuchten die VertreterInnen der Zivilgesellschaft auch die Anerkennung des Rechts auf Nahrung in der Abschlussrede von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon: "Wir müssen weiterhin dem akuten Hunger und humanitären Krisen mit Nahrungshilfe begegnen und gleichzeitig unseren Schwerpunkt auf die Verbesserung der Nahrungsproduktion und kleinbäuerlichen Landwirtschaft legen. Das ist die Doppelstrategie unseres Rahmenaktionsplans (CFA) (vgl. FoodFirst 3/2008 S. 11). Wir sollten bereit sein, einen dritten Pfeiler hinzuzufügen - das Recht auf Nahrung - als Basis für Analysen, Aktionen und Rechenschaft."

NRO und Hilfswerke wie Brot für die Welt, der Evangelische Entwicklungsdienst und FIAN begrüßten diese Anerkennung als einen wichtigen Meilenstein. Auch Olivier de Schutter erklärte, dass Madrid möglicherweise "als ein wichtiger Beitrag zur vollen Verwirklichung des Menschenrechts auf angemessene Ernährung in Erinnerung bleiben" werde. Allerdings mahnte er, das Recht auf Nahrung dürfe nicht als "bloßer Slogan ohne tatsächliche Wirkung auf die aktuellen Anstrengungen der Staatengemeinschaft" verkommen.


Damit dies nicht geschieht, fordert De Schulter vier konkrete operationelle Konsequenzen:

1. die Entwicklung von nationalen Strategien zur Umsetzung der FAO-Leitlinien zum Recht auf Nahrung;

2. eine andere Handelspolitik, die ärmeren Ländern mehr Schutzmöglichkeiten vor Billigimporten einräumt und keine Anreize zu einer einseitigen Exportorientierung schafft;

3. die Durchsetzung von Mindestlöhnen und anderen Arbeitsrechten in der Landwirtschaft und

4. eine Stärkung der Landrechte von marginalisierten Bäuerinnen und Bauern gegenüber Investoren und Landspekulanten sowie die Durchführung von Landreformen.


Der Autor ist Wefthandelsreferent vor FIAN-Deutschland.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2009, S. 12
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2009