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BERICHT/176: Erfolge von Blumenkampagne und FLP (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 3/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Erfolge von Blumenkampagne und FLP

Von Gertrud Falk


Der Nutzen von freiwilligen Verhaltenskodizes für Unternehmen wird immer wieder kontrovers diskutiert. Während die einen sie für reine Narketing-Strategien großer Unternehmen halten, steht für andere die Möglichkeit zur Durchsetzung von Arbeiterrechten im Vordergrund. Verhaltenskodizes können Regierungen Anregungen für die Gestaltung von Arbeits- und Umweltgesetzen geben.

Da Blumen in Deutschland überwiegend von kleinen Floristikgeschäften verkauft werden, die keine bundesweite Marktmacht erlangen können, ist die Gefahr eines Missbrauchs von Verhaltenskodizes als reines Narketinginstrument gering. Zusätzlich werden Blumen in den Floristikgeschäften ohne Verpackung verkauft, durch welche man den Händler oder Produzenten wiedererkennen könnte. Für die Blumenkampagne haben daher die Möglichkeiten, Arbeitsrechte durchzusetzen das Risiko der bloßen Imagepolitur überwogen. Brot für die Welt, FIAN und terre des hommes haben mit Partnerorganisationen in einem internationalen Netzwerk den Internationalen Verhaltenskodex für sozial- und umweltverträgliche BLumenproduktion (ICC) entwickelt und gemeinsam mit dem Verband deutscher Blumengroßhändler und -importeure (BGI) das Flower Label Program (FLP) als Zertifizierungs- und Marketingorganisation gegründet.

Dass langfristige Erfolge erzielt werden können, wenn ein strenger Verhaltenskodex sauber umgesetzt wird, hat sich in diesem Jahr in Ecuador und Kenia gezeigt. Die Beharrlichkeit von Blumenkampagne und Flower Label Program (FLP) bei der Umsetzung des Internationalen Verhaltenskodex für sozial- und umweltverträgliche Blumenproduktion (ICC) lohnen sich.

Mutterschutz in Kenia
Die kenianische Gesetzgebung fällt beim Mutterschutz hinter den internationalen Standard von zwölf Wochen zurück. Unternehmen sind nur verpflichtet, Schwangeren acht Wochen bezahlten Mutterschutz zu gewähren. Der ICC verlangt dagegen von Blumenbetrieben, dass sie die vollen zwölf Wochen bezahlten Mutterschutz gewähren, wie es die Konvention Nr. 103 der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vorsieht. Dies hat FLP von den zertifizierten Blumenfarmen in Kenia folglich auch verlangt. FLP war damit Vorreiter bei der Einforderung dieser Schutzbestimmung für Schwangere in Kenia. In diesem Jahr haben die Tarifpartner im Agrarsektor - die kenianische Gewerkschaft der PlantagenarbeiterInnen KPAWU und der Verband der Arbeitgeber im Agrarsektor AEA - nun erstmals den zwölfwöchigen bezahlten Mutterschutz in den Tarifvertrag aufgenommen. FLP-Farmen haben gezeigt, dass Betriebe auch dann profitabel arbeiten können, wenn sie schwangeren Arbeiterinnen Mutterschutz gemäß der ILO-Konvention gewähren.

Verbot der Leiharbeit in Ecuador
In Ecuador ist Leiharbeit genauso üblich wie in Deutschland. Auch Blumenbetriebe versuchen Kosten zu sparen, indem sie ArbeiterInnen nicht mehr selbst beschäftigen, sondern bei Personalfirmen ausleihen. Diese Praxis gibt dem Prinzip "Heuern und Feuern" Vorschub. Außerdem werden LeiharbeiterInnen oft nicht gleich behandelt wie ihre fest angestellten KollegInnen. Niedrigere Löhne und schlechtere Ausstattung mit Arbeitskleidung sind keine Seltenheit. Leiharbeit stellt zudem ein wesentliches Hindernis für die Organisation von ArbeiterInnen in einer Gewerkschaft dar. Für die Blumenkampagne und FLP ist Arbeitsplatzsicherheit daher ein wichtiger Aspekt für die Durchsetzung von Arbeiterrechten. Zehn Prozent darf der Anteil ungesicherter Arbeitsplätze maximal betragen. FLP war mit dieser Regel in Ecuador Vorreiter. Nun hat die ecuadorianische Regierung per Gesetz Leiharbeit verboten. FIAN hofft, dass zukünftig weitere Regeln des ICC Gesetzeskraft erlangen.


Fragwürdige Einkaufspraktiken britischer Supermärkte

Britische Supermärkte setzen mit ihrem Einkaufsverhalten Produzenten in Entwicklungsländern zum Teil derart unter Druck, dass diese nicht in Lage sind, ihre ArbeiterInnen angemessen zu behandeln und zu bezahlen. Zu diesem Ergebnis kommen Untersuchungen der britischen Kartellbehörde (Competition Commission) aus den Jahren 2000 und 2007. Im letzten Jahr ist die Ethical Trade Initiative (Initiative für Ethischen Handel, ETI) auf diese Studie aufmerksam geworden. ETI ist ein Netzwerk britischer Unternehmen, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen, die gemeinsam Richtlinien erarbeiten, damit in der Zulieferkette britischer Unternehmen international anerkannte Sozialstandards und Umweltschutzbestimmungen eingehalten werden.

Als Mitglied von ETI startet FIANs Partnerorganisation Women Working Worldwide (Weltweit arbeitende Frauen, WWW) ein Projekt um die Zusammenhänge zwischen Einkaufspraktiken und der Einhaltung von Sozialstandards auf Blumenplantagen in Afrika zu untersuchen. In Großbritannien haben Supermärkte beim Verkauf von Schnittblumen einen großen Marktanteil von rund 65 Prozent. In Deutschland haben Discounter und Lebensmittelsupermärkten einen Anteil von 15 Prozent am Schnittblumenhandel - Tendenz steigend. Dazu kommt, dass die Zahl der Supermärkte durch Fusionen verringert wird. Die einzelnen Unternehmen gewinnen dadurch immer mehr Marktmacht. Eine vergleichbare Entwicklung ist auch in Deutschland zu beobachten.

Druck auf Zulieferer
Britische Supermärkte nutzen ihre Marktmacht gegenüber Zulieferern and Produzenten aus. Die britische Kartellbehörde fand im Rahmen ihrer Untersuchung 52 Handelsmethoden, die nachteilig für die Zulieferer sind. Dazu gehören

die Forderung nach Preisreduzierung, nachdem der Kauf erfolgt ist
die Suche nach Unterstützung von Zulieferern, um mit niedrigeren Preisen der Konkurrenz gleichziehen zu können
die Forderung an die Zulieferer, für verdorbene oder beschädigte Produkte zu zahlen
die Drohung, die Geschäfte mit einem Zulieferer einzustellen, wenn dieser nicht den Preis senkt
die Forderung, dass Zulieferer ihrerseits bestimmte Produkte von bestimmten Firmen kaufen müssen, mit denen die Supermärkte gute Handelsbeziehungen aufrecht erhalten wollen.

Generell schieben die Supermärkte den Zulieferern und Produzenten die Kasten und Risiken des Handels zu, während sie selbst stärker vom Handel profitieren und höhere Gewinne einstreichen.

Druck wird an ArbeiterInnen weitergegeben
In der Blumenindustrie verlangen immer mehr Händler und Supermarktketten von den Produzenten die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards. Denn immer mehr Endkunden wollen wissen, unter welchen Bedingungen die Blumen hergestellt wurden. Gleichzeitig unterlaufen die britischen Supermärkte diese Forderungen, indem sie wie oben beschrieben versuchen, die Preise zu drücken. Blumenproduzenten können diesem Druck weniger standhalten als zum Beispiel Kaffeeproduzenten, denn sie können die Blumen nicht lagern, um sie zu einem günstigeren Zeitpunkt zu verkaufen. Blumen verderben innerhalb kurzer Zeit.

Die Verderblichkeit der Blumen hat auch zur Folge, dass Supermärkte die Ware immer kurzfristiger bestellen und Bestellungen auch kurzfristig ändern. Der Druck, der durch diese Einkaufspraktiken aufgebaut wird, wird bis zum letzten Handelsglied in Afrika weitergegeben. Am stärksten haben damit kleine Produzenten zu kämpfen, die großen, exportorientierten Betrieben zu liefern. Die wahren Leidtragenden sind jedoch die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Blumenplantagen. Denn um die niedrigeren Verkaufspreise zu kompensieren, sparen die Unternehmen bei den Kosten für Schutzkleidung und Löhne. Die Betriebe stellen Arbeiter nicht fest an und versuchen mit aggressiven Methoden gewerkschaftliche Organisation zu verhindern.

Neue Herausforderungen für Blumenkampagne und FLP
Beim Flower Label Program (FLP) und der Blumenkampagne haben sich inzwischen auch vereinzelt Produzenten über Einkaufspraktiken von großen Händlern beklagt. Preisdruck und Ansprüche zur Kostenerstattung wegen schlechter Qualität waren die wesentlichen Vorwürfe. Auch wenn Jammern für viele Produzenten zum Geschäft gehört, müssen konkrete Beschwerden ernst genommen werden. Denn sonst besteht die Gefahr, dass machtvolle Händler die Erfolge der Blumenkampagne und des FLP aushebeln.

Die Jahresversammlung des FLP hat im letzten Jahr beschlossen, dass Richtlinien für die Mitgliedsgruppe der Händler entwickelt werden sollen. Die Untersuchungsergebnisse der britischen Kartellbehörde geben Anhaltspunkte für deren Inhalte.


Der Text basiert auf dem Vortrag von Rachel English, Women Working Worldwide,
beim FIAN-Blumenseminar vom 17.-19. Oktober 2008.

Die Autorin koordiniert FIANs Blumenkampagne.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 3/2008, S. 18-19
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2009