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AKTION/125: Guatemala - Aktivitäten in der Marlin-Goldmine müssen gestoppt werden (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2010
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

URGENT ACTION - EILAKTION

FIAN-Eilaktion 1003 UGUA von 2010 - Mittelamerika
Guatemala - Bergbaugegnerin niedergeschossen - Aktivitäten in der Marlin-Goldmine müssen gestoppt werden


Vorlaufende Eilaktionen - Marlin-Mine in Guatemala

Am 7. Juli schossen zwei unbekannte Männer Diodora Antonia Hernández Cinto, eine führende Vertreterin der Bewegung gegen die Marlin-Mine, in ihrem Haus nieder. Seit dem 20. Mai 2010 hatten die indigenen Gemeinschaften von Sipakapa und San Miguel Ixtahuacán nach jahrelangem Kampf gegen das Mega-Bergbauprojekt Marlin wieder Hoffnung geschöpft. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH, Comisión Interamericana de Derechos Humanos) hat einstweilige Verfügungen zugunsten des Lebens und der persönlichen Unversehrtheit der Gemeinschaften erlassen und den Stopp der Bergbauaktivitäten des kanadischen Unternehmens Goldcorp Inc. in der Marlin-Mine angeordnet. Nachdem die Verfügungen des CIDH von vielen Seiten begrüßt und unterstützt wurden, hat die Regierung von Guatemala am 23. Juni 2010 erklärt, dass sie die von der CIDH erlassenen Maßnahmen umsetzen wird. Jedoch hat der kanadische Konzern verkündet, dass er seine Aktivitäten nicht stoppen werde. Seitdem sind einige Wochen vergangen und die Umsetzung des Versprechens der Regierung steht noch aus.


Profil

Am 7. Juli um 19.30 Uhr drangen zwei unbekannte Männer in das Haus von Diodora Hernández in der Siedlung San José Nueva Esperanza des Dorfes Maquivil in der Gemeinde San Miguel Ixtahuacán ein und schossen ihr in das rechte Auge, wodurch sie viel Blut verlor. Nach der Überführung ins Krankenhaus und einer Operation am 11. Juli ist ihr Zustand stabil, auch wenn die Folgen des Schusses noch nicht absehbar sind. Am 20. Mai 2010 hat die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) einstweilige Verfügungen zugunsten der 18 Maya-Mam-Gemeinschaften erlassen, die im Jahr 2007 eine Beschwerde bei der Kommission eingereicht hatten. Die Gemeinschaften klagten, dass die Bergbauaktivitäten des Unternehmens Montana Exploradora (Goldcorp) in der Marlin-Mine die Menschenrechte in den Gemeinden San Miguel Ixtahuacán und Sipakapa im Department San Marcos verletzten. Die CIDH wies den guatemaltekischen Staat an, fünf einstweilige Verfügungen zum Schutz der örtlichen Bevölkerung zu ergreifen, bis die Beschwerde der 18 Gemeinschaften vollständig untersucht ist. Neben dem Stopp der Bergbauaktivitäten forderte die CIDH auch die Reinigung der verschmutzten Wasserquellen, die Behandlung der Gesundheitsprobleme, das Ergreifen von Maßnahmen zur Gewährleistung des Lebens und zum Schutz der AktivistInnen in den Gemeinschaften.

Der Staat Guatemala hat die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Rechte der indigenen Völker ratifiziert und hat damit anerkannt, dass jegliches Projekt, das sich auf das Leben und das Gebiet von indigenen Gemeinschaften auswirkt, nur mit freier und informierter Zustimmung der indigenen Völker umgesetzt werden darf. Jedoch hat der guatemaltekische Staat die Ergebnisse der Befragungen der Gemeinschaften nicht anerkannt, die bislang in Guatemala durchgeführt worden sind und wonach die indigene Bevölkerung die Tagebauaktivitäten nahezu einstimmig ablehnt. Bei einer Befragung am 18. Juni 2005 haben 97 Prozent der BewohnerInnen von Sipakapa das Marlin-Projekt abgelehnt. 2010 haben der UN-Sonderberichterstatter für indigene Völker, James Anaya, sowie das Expertenkomitee der ILO festgestellt, dass die Regierung die Lizenz für die Marlin-Mine ohne die freie und informierte Zustimmung der betroffenen indigenen Gemeinschaften erteilt hatte.

Im Fall des Marlin-Projekts gibt es eindeutige Belege, dass die Verwirklichung der Rechte auf Wasser, Nahrung und Gesundheit beeinträchtigt sind, in erster Linie durch die Verschmutzung des von den Gemeinschaften verwendeten Wassers sowie durch den übermäßigen Wasserverbrauch durch das Bergbauunternehmen (45.000 Liter pro Stunde laut Angaben des Unternehmens selbst). Monitoring-Untersuchungen der Comisión Paz y Ecología (Friedens- und Umweltkommission) der Diözese von San Marcos haben ergeben, dass das Wasser der Flüsse mit Schwermetallen verunreinigt ist. Nach einer jüngst von der Universität von Michigan veröffentlichten Studie wurden in Blut- und Urinproben, die bei einigen Bewohnern aus der unmittelbaren Umgebung der Marlin-Mine genommen worden sind, toxische Metalle gefunden, die eine Gefahr für die Menschen und die Umwelt darstellen. Zunehmende soziale Konflikte und Gewalt sind weitere Begleiterscheinungen des Marlin-Projekts. Seit Projektbeginn kommt es immer wieder zu Angriffen und Einschüchterungsaktionen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen, VertreterInnen der Gemeinschaften und Menschen, die gegen das Marlin-Projekt protestieren. Aktuell laufen gegen acht Frauen und fünf Männer noch Prozesse, die von internationalen Menschenrechtsorganisationen als Maßnahmen zur Kriminalisierung des sozialen Protests gegen die Mine betrachtet werden.

Guatemala ist Unterzeichnerstaat des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie der ILO-Konvention 169 über die Rechte indigener Völker. Im Rahmen des Marlin-Projekts wird die Verwirklichung des Rechts auf Wasser, Nahrung und Gesundheit in erster Linie beeinträchtigt durch die Verschmutzung des von den Gemeinschaften genutzten Wassers sowie durch den übermäßigen Wasserverbrauch durch das Bergbauunternehmen, was zu Wasserknappheit in den Gemeinschaften führt. Die Rechte der indigenen Gemeinschaften werden verletzt, weil die Ablehnung der Mine durch die indigene Bevölkerung nicht berücksichtigt und das Recht auf freie und informierte Zustimmung der Gemeinschaften zu diesem Projekt in keinster Weise umgesetzt wird.


Aktion

Die Regierung von Guatemala muss ihre Verpflichtung umsetzen, die vom CIDH angeordneten Maßnahmen zu verwirklichen und die Bergbauaktivitäten im Marlin-Projekt effektiv zu stoppen. Schicken Sie daher bitte dringend einen Brief an den Präsidenten von Guatemala mit Kopie an die präsidiale Menschenrechtskommission und die Interamerikanische Menschenrechtskommission, in dem Sie die einstweiligen Verfügungen begrüßen und ihre rasche Umsetzung fordern, um das Menschenrecht auf Nahrung und auf Wasser der betroffenen indigenen Gemeinschaften zu schützen.


Laufzeit
Beginn: 19.07.2010 Ende: 30.08.2010

Adressaten der Aktion
Señor Álvaro Colom Caballeros
Presidente de la República de Guatemala
Casa Presidencial
6a Avenida, 4-18 zona 1
Ciudad de Guatemala
Guatemala
Fax: 00502-2221-4423
und  00502-2238-3579

Señora Ruth del Valle Cóbar
Presidenta de la Comisión Presidencial de DDHH
COPREDEH, 2a Avda. 10-50 Zona 9
Ciudad de Guatemala
Guatemala
Fax: 00502-2334-0119

Señor Dr. Santiago A. Cantón
Secretario Ejecutivo
Comisión Interamericana de Derechos Humanos
1889 F Street, N.W.
Washington, D.C., 20006
USA
Fax: 001-202-458-3992
und  001-202-458-3650
und  001-202-452-6215


Bitte informieren Sie FIAN über Reaktionen auf Ihre Briefe!


*


Übersetzung des Musterbriefs


Sehr geehrter Herr Präsident,

ich möchte hiermit meine Besorgnis über das Recht auf Leben, auf Wasser, auf Nahrung, auf Gesundheit und auf Mitsprache der indigenen Gemeinschaften zum Ausdruck bringen, die von der Marlin-Mine in den Gemeinden San Miguel Ixtahuacán und Sipacapa im Department von San Marcos betroffen sind.

Am 7. Juli wurde Diodora Antonia Hernández Cinto in ihrem Haus in San Miguel Ixtahuacán von zwei Männern niedergeschossen. Sie ist bekannt für ihr Engagement zur Verteidigung der Menschenrechte gegenüber dem Unternehmen Montana Exploradora (Goldcorp) und dessen Bergbauaktivitäten in der Marlin-Mine.Im Zusammenhang mit der einstweiligen Verfügung, die die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) in diesem Fall erlassen hat (MC-260-07), begrüße ich die Entscheidung, die von Ihnen, Herr Präsident, getroffen wurde, als sie am 23. Juni erklärten, die genannte einstweilige Verfügung umzusetzen.

Guatemala ist als Unterzeichnerstaat der Interamerikanischen Menschenrechtskonvention, des Protokolls von San Salvador, des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und der ILO-Konvention 169 verpflichtet, die vom CIDH verfügten einstweiligen Verfügungen umzusetzen. Das bedeutet, die Menschenrechte auf Leben, auf Wasser, auf Nahrung und auf Gesundheit zu achten, zu schützen und zu gewährleisten sowie die Rechte der indigenen Völker zu achten, insbesondere den Grundsatz ihrer freien und informierten Mitsprache bei allen Projekten, die ihr Leben und ihre Gebiet betreffen.

In diesem Sinne unterstütze ich die Forderung der betroffenen Gemeinschaften, die Umsetzung der erlassenen einstweiligen Verfügungen voranzutreiben. Insbesondere bitte ich Sie, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um

1) das an Diodora Hernández begangene Verbrechen zu untersuchen und Schutzmaßnahmen für die MenschenrechtsverteidigerInnen von San Miguel Ixtahuacán und Sipacapa zu ergreifen

2) den Tagebergbau im Marlin I-Projekt und die übrigen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Abbaulizenz, die der Gesellschaft Goldcorp/Montana Exploradora de Guatemala S.A. erteilt worden ist, zu stoppen und effektive Schritte zu ergreifen, um eine Umweltverschmutzung zu verhindern, bis die Interamerikanische Menschenrechtskommission eine Entscheidung über die Beschwerde gefällt hat, die hinter dieser Forderung nach einstweiligen Verfügungen steht

3) so weit wie möglich die Wasserquellen der 18 betroffenen Gemeinschaften zu reinigen und den Zugang dieser Menschen zu Wasser, das für den menschlichen Verbrauch geeignet ist, zu gewährleisten

4) die Gesundheitsprobleme, die Ziel dieser einstweiligen Verfügungen sind, zu behandeln und dabei insbesondere ein Gesundheitsversorgungs- und Hygieneprogramm für die Betroffenen ins Leben zu rufen, um diejenigen Personen zu ermitteln, die unter den Auswirkungen der Verschmutzung leiden, und ihnen entsprechende medizinische Versorgung zukommen zu lassen

5) das Leben und die physische Integrität der 18 Maya-Gemeinschaften zu gewährleisten

6) die Schutzmaßnahmen unter Beteiligung der Betroffenen und/oder ihrer Vertreter zu planen und umzusetzen.


Hochachtungsvoll


*


Señor Álvaro Colom Caballeros
Presidente de la República de Guatemala
Casa Presidencial
6a Avenida, 4-18 zona 1
Ciudad de Guatemala
Fax: 00502-2221-4423
und  00502-2238-3579
Guatemala


Señor Presidente:

Por medio de la presente, expreso mi preocupación por los derechos a la vida, al agua, la alimentación, la salud y el derecho a la consulta previa de las comunidades indígenas afectadas por la Mina Marlin, situada en los municipios de San Miguel Ixtahuacán y Sipacapa, departamento de San Marcos.

El 7 de julio, la Señora Diodora Antonia Hernández Cinto fue baleada por dos hombres dentro de su casa en San Miguel Ixtahuacán. Ella es conocida por su participación en la defensa de los derechos humanos ante la empresa Montana Exploradora/ Goldcorp Inc. y sus operaciones mineras en la mina Marlin.

En relación a la medida cautelar otorgada por la Comisión Interamericana de Derechos Humanos (CIDH) en este caso (MC-260-07) el 20 de mayo de 2010, saludo la decisión que Usted, Señor Presidente, adoptó al declarar, el 23 de junio pasado, que acatará la medida cautelar en mención.

Considerando que Guatemala es Estado Parte de la Convención Interamericana de Derechos Humanos, del Protocolo de San Salvador, del Pacto Internacional de Derechos Económicos, Sociales y Culturales, del Pacto Internacional de Derechos Civiles y Políticos, y del Convenio 169 de la OIT, el Gobierno tiene las obligaciones de cumplir con las medidas cautelares otorgadas por la CIDH, de respetar, proteger y garantizar los derechos humanos a la vida, al agua, a la alimentación y a la salud, y de respetar los derechos de los pueblos indígenas, en particular el principio de su consentimiento libre e informado que cualquier proyecto que afecte su vida y territorio.

En este sentido, apoyo a la petición de las comunidades afectadas a agilizar la implementación de las medidas cautelares otorgadas. En particular le pido adoptar las medidas apropiadas para:

1) Investigar el crimen cometido contra la Señora Diodora Hernández y tomar medidas de protección para defensores de derechos humanos en San Miguel Ixtahuacán y Sipacapa.

2) Suspender la explotación minera del proyecto Marlin I y demás actividades relacionadas con la concesión otorgada a la empresa Goldcorp/Montana Exploradora de Guatemala S.A., e implementar medidas efectivas para prevenir la contaminación ambiental, hasta tanto la Comisión Interamericana de Derechos Humanos adopte una decisión sobre el fondo de la petición asociada a esta solicitud de medidas cautelares.

3) Descontaminar en lo posible las fuentes de agua de las dieciocho comunidades beneficiarias, y asegurar el acceso por sus miembros a agua apta para el consumo humano.

4) Atender los problemas de salud objeto de estas medidas cautelares, en particular, iniciar un programa de asistencia y atención en salubridad para los beneficiarios, a efectos de identificar a aquellas personas que pudieran haber sido afectadas con las consecuencias de la contaminación para que se les provea de la atención médica pertinente.

5) Garantizar la vida y la integridad física de los miembros de las dieciocho comunidades Maya.

6) Planificar e implementar las medidas de protección con la participación de los beneficiarios y/o sus representantes.


Atentamente,


*


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2010