Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

AKTION/118: Bericht zum Eilaktionsrundbrief Juli 2009 (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2009
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Eilaktionsrundbrief Juli 2009


Liebe FIAN-Freundinnen und -Freunde,

wir möchten Sie in diesem Rundbrief insbesondere auf unsere Postkartenaktion zu Kolumbien hinweisen, die gemeinsam mit 16 weiteren Organisationen Mitte Mai gestartet wurde und bis Ende September 2009 läuft. Die Postkarte liegt diesem Heft bei. Im Folgenden finden Sie ausführliche Informationen zu der Aktion.

Im Namen der Betroffenen danken wir Ihnen für Ihre Unterstützung!

Ihr Eilaktionsteam
Gertrude Klaffenböck
Sebastian Rötters



"Geben Sie uns das Land zurück, Herr Präsident!"

Die Vertreibung afro-kolumbianischer Gemeinden für Palmölplantagen

Zwischen 1996 und 1997 wurden nahezu 10.000 Angehörige afro-kolumbianischer Gemeinden entlang der Flüsse Cararica, Curvaradó und Jiguamiandó in der Provinz Chocó von militärischen und paramilitärischen Einheiten im Rahmen der Militäroperation "Génesis" vertrieben. Diese richtete sich angeblich gegen die FARC-Guerilla. Kurz nach der Vertreibung jedoch begannen Unternehmen mit der illegalen Errichtung von Bananen- und Ölpalm-Plantagen auf dem Land der vertriebenen Gemeinden. Ein großer Teil des Palmöls aus Kolumbien wird für "Biodiesel" und für die Stromerzeugung in Blockheizkraftwerken nach Europa exportiert. Doch die Vertriebenen wehren sich: Sie fordern Gerechtigkeit und sie wollen ihr Land zurück.

Die geflüchteten Familien haben bei dem Versuch, auf ihr Land zurückzukehren, vielfältiges Unrecht erlitten. Die Liste der Straftaten reicht von Bedrohungen über Verfolgung, Kriminalisierung und Folter bis hin zur Ermordung von Gemeindemitgliedern. Außerdem wurde durch den Anbau der Ölpalme großflächig Regenwald in einem der weltweit artenreichsten Gebiete abgeholzt. Der Lebensraum vieler Gemeinden wurde zerstört.


Der lange Kampf um Land

Im Fall Curvaradó sind 46.084 Hektar und im Fall Jiguamiandó 54.973 Hektar offiziell als kollektiver Gemeindebesitz anerkannt. Doch trotz dieser Landtitel werden auf dem Land illegal Ölpalmen angebaut. Der Staat setzt die Rechte der Gemeinden nicht durch. Im Gegenteil, die Plantagen werden von den staatlichen Streitkräften geschützt. Dennoch entschieden sich einige Familien, auf ihr Land zurückzukehren. Sie richteten dort so genannte humanitäre Zonen ein, um ihren Status als Zivilbevölkerung innerhalb eines bewaffneten Konflikts zu unterstreichen. Bis heute leben die Gemeinden in dieser höchst prekären Situation und sind den Angriffen der Paramilitärs sowie des Militärs weitgehend schutzlos ausgeliefert. Unterstützung finden die Gemeinschaften bei der Menschenrechtsorganisation Justicia y Paz sowie internationalen Organisationen. Dies kann allerdings keine dauerhafte Lösung sein.

Die Betroffenen haben vom kolumbianischen Staat die bedingungslose Rückgabe des besetzten Landes gefordert und diverse nationale und internationale Instanzen und Gerichtsverfahren bemüht. Nicht einmal die Intervention des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, welcher die kolumbianischen Regierung aufforderte, die Landrückgabe an die Gemeinden zu garantieren, hatte die erhoffte Wirkung. Laut einer Studie des kolumbianischen Instituts für ländliche Entwicklung (INCODER) und des kolumbianischen Ombudsmanns haben Palmöl-Unternehmen wie Palma de Curvaradó, URAPALMA, Palmas S.A., Palmadó, Agropalma, Fregni Ochoa, Selva Húmeda, Asibicon, Palmas del Atrato und La Tukeka im Jahre 2004 nahezu 21.200 Hektar Land der Gemeinden Curvaradó und Jiguamiandó illegal besetzt. Dafür haben sie teilweise sogar staatliche Subventionen erhalten.


Ausblick

Laut Schätzungen gibt es in Kolumbien fast vier Millionen interne Flüchtlinge, die in den letzten zwei Jahrzehnten gezwungen wurden, ihr Land zu verlassen. Nach dem Sudan gibt es in Kolumbien weltweit die meisten internen Flüchtlinge. Auf der anderen Seite ist Kolumbien einer der Hauptproduzenten von Palmöl. Die kolumbianische Regierung treibt den Anbau von Ölpalmen zur Gewinnung von Agrartreibstoffen für den nationalen Verbrauch und für den Export stark voran. Bis zu sechs Millionen Hektar will der kolumbianische Präsident mit Ölpalmen bepflanzen lassen.

Die durch Beimischungsquoten gesteigerte Nachfrage in Europa und Nordamerika führt zur Ausweitung der Produktion von Palmöl. In Kolumbien und anderen Ländern des Südens trägt dies zur Verschärfung der Landkonflikte, zur Zunahme von Vertreibungen, der Abholzung von Urwäldern und zur Verletzung des Rechts auf Nahrung und anderer Menschenrechte bei. Daher müssen in der deutschen und europäischen Politik ein Umdenken und eine Kehrtwende in der Bio-Energie-Politik stattfinden.


Die Untätigkeit des kolumbianischen Staates

Die Polizeiinspektion Carmen del Darién, die Bezirksinspektion Riosucio und die Richter des Bezirks, wie auch die Bezirksinspektion Belén de Bajirá verweigern systematisch die Anerkennung der Gemeinden als rechtmäßige Eigentümer der Ländereien. So nahm etwa die Polizeiinspektion Carmen del Darién zwölf Klagen nicht entgegen, die von der Gemeinde eingereicht worden waren, um die Zwangsräumung der Besetzer und die Landrückgabe zu erwirken. Das Handeln der Polizeibehörde ist von Willkür geprägt, ohne dass die relevanten Aufsichtsbehörden einschreiten und diesen offensichtlichen Amtsmissbrauch sanktionieren wurden. Die XVII. Brigade der kolumbianischen Armee handelt zugunsten der Unternehmer und bewacht die Plantagen.


Die internationalen Verpflichtungen für Menschenrechte des kolumbianischen Staates

Die Republik Kolumbien ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Menschenrechte und des Paktes für Zivile und Politische Rechte. Kolumbien ist daher völkerrechtlich verpflichtet, die Menschenrechte der kolumbianischen Bevölkerung zu respektieren, zu schützen und zu gewährleisten. Durch den fehlenden Zugang zu Land wird das Recht auf Nahrung der Gemeinden Curvaradó und Jiguamiandó verletzt. Weiterhin wird das kollektive Recht auf Land, wie es in der von Kolumbien ratifizierten Konvention Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO steht, verletzt. Der Staat muss daher illegale Landnutzungen beenden und sicherstellen, dass die vertriebenen Gemeinden auf ihr Land zurückkehren können.

Bitte unterstützen Sie die afro-kolumbianischen Gemeinden mit Ihrer Unterschrift auf der Postkartenaktion.

Es ist wichtig, der kolumbianischen Regierung deutlich zu machen, dass eine breite internationale Öffentlichkeit den Konflikt beobachtet. Sie erhalten weitere Postkarten in der FIAN-Geschäftsstelle sowie bei den anderen beteiligten Organisationen.

Die Aktion endet am 30. September 2009. Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme!

Hinweis der Schattenblick-Redaktion vom 14. Oktober 2009:
Die Aktion ist bis zum 31.10.2009 verlängert worden.
siehe dazu: www.inkota.de/agrosprit/protestmail oder
www.schattenblick.de -> Infopool -> Politik -> Ausland ->
LATEINAMERIKA/1052: Aufruf zur Unterschriftenaktion gegen Palmölplantagen in Kolumbien (INKOTA)


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2009, Juni 2009, S. 18-19
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro
Abonnementpreis: Standardabo 15,- Euro,
Förderabo 30,- Euro (Ausland zzgl. 10,- Euro)


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2009