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MUMIA/262: Größte US-Bürgerrechtsorganisation NAACP unterstützt Mumia Abu-Jamal (jW)


junge Welt - Die Tageszeitung - Ausgabe vom 10. März 2009

Größte US-Bürgerrechtsorganisation NAACP unterstützt Mumia Abu-Jamal
mit Petition an den Obersten Gerichtshof der USA


Bürgerrechtsorganisation untermauert Rassismusvorwurf gegen Gericht

Von Jürgen Heiser


Im Berufungsverfahren des 1982 zum Tode verurteilten afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal vor dem Obersten Gerichtshof der USA tut sich etwas: Wie am Montag bekannt wurde, wandte sich nunmehr die größte US-Bürgerrechtsorganisation National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) mit einer Petition an die obersten Richter des Landes. Damit solle die Beschwerde Abu-Jamals untermauert werden, die Anklage in seinem Verfahren habe schwarze Geschworene weitestgehend aus der Jury ausgeschlossen, so der NAACP-Rechtshilfefonds (LDF). Mumia wird von der Justiz unterstellt, er habe einen weißen Polizisten erschossen. Die Petition des LDF unterstützt ausdrücklich die Forderung des Beschwerdeführers und seiner Verteidiger, die klaren Beweise für die Diskriminierung von afroamerikanischen Geschworenen im Prozeß gegen Abu-Jamal zu würdigen und die Verstöße gegen die US-Verfassung zu ahnden. John Payton, Präsident des LDF: »Wir hegen die Hoffnung, daß der Oberste Gerichtshof sich des Falles von Mr. Abu-Jamal annimmt und ihn überprüft und damit sicherstellt, daß die Gerichte sofort und angemessen reagieren, wenn sie vom Verdacht der rassistischen Diskriminierung bei der Auswahl von Geschworenen erfahren.«

Nach Einreichung eines umfangreichen Berufungsantrages der Verteidigung im Dezember 2008 ist der Oberste Gerichtshof offiziell seit dem 4. Februar 2009 unter dem Aktenzeichen Abu-Jamal v. Beard U. S. Sup. Ct. No. 08-8483 mit dem Wiederaufnahmeantrag des Gefangenen befaßt. Die nächstniedrigere Instanz, das 3. Bundesberufungsgericht in Philadelphia, hatte Ende März 2008 zwar entschieden, es müsse über das Strafmaß neu verhandelt werden, gleichzeitig aber das Aufrollen des Verfahrens vor einer neuen Jury abgelehnt.

Die Bürgerrechtsorganisation kritisiert nun, daß die in dieser Entscheidung sichtbar werdende eigenwillige Interpretation der Gesetze »den Effekt haben wird, die Diskriminierung abzusegnen und die Rechte von Angeklagten in Kapitalverfahren auf einen fairen Prozeß zu unterminieren«. Der Oberste Gerichtshof sei als Organ zum Schutz der Verfassung aufgerufen, diese Vorwürfe genau zu untersuchen, da sonst »eine Kultur systematischer Diskriminierung bei der Staatsanwaltschaft von Philadelphia (einschließlich der Videoschulung dortiger Staatsanwälte, wie man Geschworene mit schwarzer Hautfarbe effektiv ausschließt«), gutgeheißen werde. Ein »Verschließen beider Augen vor diesen glaubwürdigen Beweisen« verstoße nicht nur gegen das Gesetz, sondern untergrabe auch »das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der Gerichte«, so der LDF.

Mumia Abu-Jamals Hauptverteidiger Robert R. Bryan aus San Francisco begrüßte die eindeutige Initiative der NAACP. Sie könne dabei helfen, das höchste Gericht davon zu überzeugen, daß die Beschwerde seines Mandanten begründet ist. Bryan gegenüber junge Welt: »Was in den nächsten Wochen vor dem Obersten Gerichtshof passiert, wird darüber entscheiden, ob Mumia einen neuen Prozeß bekommt oder unter den Händen seiner Henker sterben wird.«


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Quelle:
junge Welt vom 10.03.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2009