Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FAKTEN

MELDUNG/213: Blockupy - Polizei setzt Demonstrationsfreiheit in Frankfurt außer Kraft (EA-Frankfurt)


Pressemitteilung des Ermittlungsausschuss Frankfurt, 17.05.2012

Blockupy: Polizei setzt Demonstrationsfreiheit in Frankfurt außer Kraft

Kessel und Massenfestnahmen in der ganzen Stadt - viele Busse vor Frankfurt aus dem Verkehr gezogen - Innenstadtverbote erneuert - EA führt eine zusätzliche Telefonnummer ein



Wie sich bereits in den letzten Tagen angekündigt hatte, haben Stadt und Polizei heute [17.05.12] Versammlungen und Kundgebungen des Blockupy-Bündnisses in Frankfurt mit aller Macht zu verhindern versucht. Seit dem frühen Vormittag wurden wiederholt an unterschiedlichen Plätzen in Frankfurt - unter anderem auf dem Römerberg, an der Bockenheimer Warte und am Hauptbahnhof - Hunderte von Menschen eingekesselt. Die Polizei hat im Laufe des Tages über 500 Personen in Gewahrsam genommen und ihre Praxis, DemonstrantInnen mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten bis teilweise Sonntagabend aus dem Frankfurter Stadtgebiet auszuschließen, weitergeführt.

Die Polizei hat bereits etliche Kilometer vor Frankfurt begonnen, Busse mit DemonstrantInnen aus dem Verkehr zu ziehen und diese bis zu sechs Stunden festzuhalten. Allein das Vorhaben, nach Frankfurt zu fahren, reichte der Polizei, um Menschen präventiv die Freiheit zu entziehen. Vier Busse aus Berlin wurden z.B. vormittags von der Polizei auf den Parkplatz einer Autobahnmeisterei geleitet. Die Insassen wurden komplett durchsucht, verdachtsunabhängig abfotografiert und viele von ihnen direkt in den Gewahrsam überführt. Statt individueller Tatbestände und rechtlicher Verfahrensstandards genügte der Polizei ein pauschaler Gefahrenverdacht, um ihre repressiven Maßnahmen zu legitimieren. Gleichzeitig hatte die Polizei keine Vorsorge für eine richterliche Prüfung solcher Maßnahmen getroffen, die nach dem Gesetz unverzüglich zu erfolgen hat. Diese Freiheitsentziehung stellt aus unserer Sicht eine strafbare Freiheitsberaubung im Amt dar.

Insgesamt schien den Ordnungsbehörden jedes Mittel zur Kriminalisierung der Blockupy-Proteste recht. Obwohl das Verwaltungsgericht Frankfurt erst vor zwei Tagen die bereits im Vorfeld von Blockupy verhängten Aufenthaltsverbote als

rechtswidrig beurteilt hatte, schreckte die Polizei nicht davor zurück, Menschen überall in Frankfurt erneut mit solchen Verfügungen aus der Innenstadt fernzuhalten. Dass die neu ausgestellten Stadtverbote dieselben Rechtsfehler beinhalten wie die am Dienstag zurückgezogenen, störte die Behörden dabei anscheinend wenig.

Unsere Bilanz nach einem Tag Blockupy ist klar: Die Polizei hat systematisch die Grundrechte von DemonstrantInnen missachtet und Rechtsschutz wurde praktisch unmöglich gemacht, da das Verwaltungsgericht Frankfurt es trotz ausdrücklicher Aufforderung abgelehnt hat, einen Bereitschaftsdienst einzurichten. Dies bedeutet, daß betroffenen Personen der grundgesetzlich garantierte effektive Rechtsschutz (Art. 19.Abs. 4 GG) genommen worden ist. Viele Betroffene wurden nicht - oder allenfalls unvollständig - über ihre Rechte belehrt; eine schriftliche Rechtsmittelbelehrung wurde niemandem ausgehändigt. Die Belehrungen wurden nur auf Deutsch verlesen oder ausgehändigt, so dass viele DemonstrantInnen aus anderen Ländern sie nicht verstehen und folglich nicht einschätzen konnten, was mit ihnen beim Abtransport in die Gefangenensammelstelle passiert.

Proteste lassen sich nicht einfach verbieten! Das zeigt allein der Umstand, dass es trotz dem polizeilichen Ausnahmezustand in Frankfurt vielen Menschen gelungen ist, sich zu versammeln, ohne dass das von der Polizei im Vorfeld entworfene Gefahrenszenario Wirklichkeit geworden wäre.

Wir raten den Betroffenen, sich gegen die Maßnahmen der Polizei mit allen Mitteln wie die Aufenthaltsverbote zur Wehr zu setzen und, sobald dies wieder möglich ist, verwaltungsgerichtlichen Rechtschutz in Anspruch zu nehmen. Auf der Webseite des EA Frankfurt stellen wir allen Betroffenen entsprechende Vorlagen zur Verfügung, insbesondere zum Eilantrag.

Aufgrund der zahlreichen Anrufe, die uns bislang erreicht haben, hat der EA Frankfurt neben der eigentlichen Rufnummer (0160-95657426) eine zweite Nummer geschaltet: 0160-6956331

Menschen, die in Frankfurt mit der Repression der Polizei zu kämpfen haben, können auch in den nächsten Tagen mit der Unterstützung des Ermittlungsausschusses rechnen.

EA-Frankfurt
www.ea-frankfurt.org

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 17.05.2012
Ermittlungsausschuss Frankfurt
Internet: www.ea-frankfurt.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2012