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INTERNATIONAL/152: Gazas Arche - internationale Helfer wollen Güter aus Gaza exportieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. März 2013

Nahost: Gazas Arche - Internationale Helfer wollen Güter aus Gaza exportieren

von Eva Bartlett


Bild: © Emad Badwan/IPS

Palästinensische Fischer erhalten Unterstützung von internationalen Aktivisten
Bild: © Emad Badwan/IPS

Gaza-Stadt, 28. März (IPS) - Die Initiative 'Gazas Arche' ist als Akt der Solidarität gedacht. Auf einem mit Hilfe der lokalen Bevölkerung wieder flottgemachten Boot sollen in einer symbolträchtigen Aktion palästinensische Waren ins Ausland gebracht werden.

Ihre 'Arche' "verkörpert die Hoffnung, dass die Palästinenser im Gazastreifen bald wieder in Frieden und ohne die israelische Blockade leben können", erklären die Initiatoren. Sie wollen einer Fischerfamilie ein ramponiertes Boot abkaufen und es von Palästinensern im Hafen von Gaza wieder in Stand setzen lassen.

"An Bord wird später eine palästinensische und internationale Besatzung mitfahren", kündigte David Heap, der Sprecher der Initiative für Kanada und Europa, an. Der genaue Abfahrttermin steht noch nicht fest.

Mahfouz Kabariti deutet auf einen verwitterten Trawler mit der Aufschrift 'Zu verkaufen'. "Warum wird der Kahn überhaupt verkauft", fragt der Präsident der Vereinigung für Fischerei und Wassersport im Gazastreifen. "Weil die Fischer seit Jahren schlecht verdienen. Seitdem Israel ihnen Beschränkungen auferlegt, haben viele von ihnen Schulden, die sie nicht mehr zurückzahlen können."

Die Initiative sieht vor, eine symbolische Menge an Waren von Palästinensern ins Ausland zu bringen. Eine notwendige Aktion, meint Michael Coleman, ein Mitglied von 'Free Gaza Australia' und des Steuerungsausschusses von Gazas Arche. Auch kunsthandwerkliche Erzeugnisse, die von der Aftaluna-Gesellschaft für taube Kinder und anderen lokalen Vereinigungen hergestellt werden, werden ausgeführt.


Hochkarätige Unterstützung

Dem Lenkungsausschuss von Gazas Arche gehören vor allem palästinensische Wissenschaftler und Menschenrechtsaktivisten aus dem Gazastreifen an. Unter den internationalen Unterstützern sind der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu, mehrere derzeitige oder ehemalige Parlamentsabgeordnete aus Großbritannien und Kanada, zwei frühere stellvertretende UN-Generalsekretäre sowie die beiden Holocaust-Überlebenden Hedy Epstein und Suzanne Weiss.

Seit 2008 sind bereits mehrere Solidaritätsboote in See gestochen, um den Gazastreifen zu erreichen und auf die negativen Folgen der israelischen Besatzung aufmerksam zu machen. Nicht alle kamen bis ans Ziel. Auf die 'Free Gaza'-Boote 2008 und 2009 folgten ein Jahr später die 'Freiheitsflotte' sowie weitere friedliche Versuche, die Seeblockade zu durchbrechen.

Die Freiheitsflotte erregte international das größte Aufsehen, nachdem die israelische Marine in internationalen Gewässern neun Crewmitglieder an Bord des türkischen Schiffes 'Mavi Marmara' tötete und mehr als 50 Aktivisten verletzte. Die übrigen der über 600 Menschen auf dem Schiff wurden nach Israel gebracht und von dort aus ausgewiesen.

Gazas Arche ist Coleman zufolge die Weiterentwicklung der Flotten-Initiative. "Wir sind davon abgekommen, mit Hilfsgütern per Schiff zum Gazastreifen zu fahren", erklärt er. "Jetzt konzentrieren wir uns darauf, Waren von dort in andere Länder zu bringen. Es wird recht deutlich, dass die Palästinenser weit weniger abhängig von Hilfsleistungen wären, wenn sie Handel treiben könnten."

So lautet der Slogan auf der Website von Gazas Arche 'Handel, keine Hilfe'. Denn Hilfen könnten nichts gegen die israelische Blockade als die Ursache der Not ausrichten, so Coleman. Es gelte die Blockade von innen heraus in Frage stellen. Indem palästinensische Waren aus dem Gazastreifen ausgeführt würden, könnten Käufer in aller Welt die dringend benötigte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Blockade lenken und gleichzeitig palästinensische Unternehmer im Gazastreifen unterstützen, ist auf der Website zu lesen.

Israel belagert den Gazastreifen seit 2006, als die demokratisch gewählte Hamas dort die Regierung übernahm. Seit 2007 werden fast alle Exporte aus dem Gazastreifen blockiert und die Einfuhren stark eingeschränkt.


Israelische Marine schießt auf Fischer

Wie das Menschenrechtszentrum 'Al Mezan' berichtet, eröffnet die israelische Marine häufig das Feuer auf Fischer und verfolgt sie auch in den Gewässern des Gazastreifens. Ihre Ausrüstung, auch Boote und Netze, werde zerstört oder beschlagnahmt, so die Organisation. "Ein solches Vorgehen verstößt in eklatanter Weise gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Israels als Besatzungsmacht. Die Rechte der Fischer auf Leben und Arbeit werden missachtet."

Früher lebten in dem Gebiet mehr als 10.000 Menschen vom Fischfang. Aufgrund der israelischen Angriffe haben die meisten inzwischen ihren Beruf aufgegeben, der oft schon von ihren Vätern und Großvätern ausgeübt worden war. Unter der Besatzung hat die israelische Regierung entlang der 'grünen Linie' zwischen dem Gazastreifen und Israel Sperrgebiete eingerichtet.

Diese Regelungen betreffen auch das Meer vor dem Gazastreifen, wo die Palästinenser gemäß den Friedensabkommen von Oslo bis zu 20 nautische Meilen vor der Küste fischen dürfen. 2008 zog Israel einseitig eine Grenze, die zwischen sechs und drei Meilen verläuft. Nach dem Ende der Angriffe auf den Gazastreifen vom November 2012 erweiterten die israelischen Behörden diese Grenze zwar zunächst auf sechs Meilen, doch seit März dieses Jahres dürfen die Palästinenser nicht weiter als drei Meilen aufs Meer hinaus. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.gazaark.org/
http://www.mezan.org/en/
http://www.ipsnews.net/2013/03/now-gazas-ark-prepares-to-dare-israel/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2013