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AKTION/469: Kampagne "unsere zukunft - atomwaffenfrei" (IPPNWforum)


IPPNWforum | 117|18 | 09
Mitteilungen der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.

Wir haben die Wahl
Atomwaffen ohne Ende oder endlich atomwaffenfrei?

Von Xanthe Hall


Als US-Präsident Barack Obama am 5. April 2009 in Prag seine Vision einer atomwaffenfreien Welt ausführte, fehlte nur eins: die Dringlichkeit. Wörtlich sagte er, dass er selbst eine Welt ohne Atomwaffen vermutlich nicht mehr erleben werde. Für diese fehlende Dringlichkeit sorgt jetzt Nordkorea. Denn der nordkoreanische Atomtest vom 25. Mai erinnert daran, dass die Welt vor einer Wahl steht: entweder werden Atomwaffen geächtet und abgeschafft; oder sie werden von immer mehr Staaten und auch von so genannten nichtstaatlichen Akteuren entwickelt, erworben oder gestohlen.


unsere zukunft - atomwaffenfrei

50 deutsche Organisationen und Gruppen haben 2007 unter dem Titel "unsere zukunft - atomwaffenfrei" eine Kampagne ins Leben gerufen, die von der Bewegungsstiftung unterstützt wird. Ziel ist, dass Deutschland seine völkerrechtliche Verpflichtung zur Abrüstung wahrnimmt und damit ein Signal an andere Staaten gibt: Atomwaffen bringen uns keine Sicherheit. Im Gegenteil, sie stellen eine Bedrohung dar, weil die Weitergabe nicht aufzuhalten ist.

Die Kampagne ist als dreijährige Druckkampagne konzipiert und hat zwei Ziele: ein atomwaffenfreies Deutschland durch den Abzug der US-Atomwaffen, die derzeit in Büchel liegen; und ein Deutschland, dass sich nicht an der Atomwaffeneinsatzplanung in der NATO beteiligt.

Wir wollen in diesem Wahljahr den Druck auf die Politik erhöhen. Durch Aktionen und die erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit zu Büchel in 2008 konnten wir vier der fünf Bundestagsfraktionen dazu bewegen, sich positiv zu unseren Forderungen zu äußern. Einzige Fraktion gegen den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland bleibt die CDU/CSU.

Allerdings will auch die SPD den nuklearen Schirm nicht bedingungslos abgeben. In der zweiten Bundestagsdebatte innerhalb von drei Monaten am 24. April 2009 sagte Außenminister Steinmeier: "Wenn wir wollen, dass sich auch Europa zu einem nuklearfreien Gebiet entwickelt, dann gilt das, was ich sage, natürlich auch für die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen. Zum Ende des Kalten Krieges gab es für eine kurze Zeit durchaus einmal Einvernehmen zwischen Russland und den USA über eine Reduktion auch dieser taktischen Atomwaffen. Diesen Faden müssen wir wieder aufnehmen. Auch bei dieser Art von Nuklearwaffen, den taktischen Atomwaffen, müssen wir eine substanzielle Abrüstung erreichen."

Steinmeier koppelt also den Abzug der Atomwaffen in Deutschland an Gespräche zwischen den USA und Russland. Dies kann den Abzug längere Zeit verzögern, denn die USA und Russland sind noch mit Verhandlungen zu einem Nachfolgevertrag für START-1 beschäftigt. Dieser wird sich jedoch nur auf strategische und nicht auf taktische Atomwaffen beziehen. Es wäre unseres Erachtens besser, die USA zögen - wie schon die Sowjetunion gleich nach der Wende - alle Atomwaffen zurück ins eigene Land, ohne dass man Gespräche über taktische Atomwaffen beginnt. Damit würden wir Russland unsere Bereitschaft zeigen, ernsthaft an der Abrüstung mitzuarbeiten und dass wir diese Relikte aus dem Kalten Krieg nicht mehr brauchen.


ich wähle atomwaffenfrei

Mit der Walpurgisnacht am 30. April 2009 begannen wir die neue Aktionsphase "ich wähle atomwaffenfrei". Mehrere Gruppen haben das Motto von der Büchel-Demo "Vor der eigenen Türe kehren" mit Aktionen belebt und auf der Straße Atombomben-Attrappen weggefegt oder Besen an Abgeordneten überreicht.

Die Bundestagswahl am 27. September ist unsere Gelegenheit, den Abgeordneten des nächsten Bundestages das Thema der nuklearen Abrüstung bewusst zu machen - denn in Wahlzeiten nehmen Abgeordnete die Ängste und Sorgen der Bevölkerung in ihrem Wahlkreis besonders ernst. Wenn WählerInnen aus dem Wahlkreis der KandidatInnen ein Gespräch über die nukleare Abrüstung in Deutschland fordern, haben wir eine gute Chance, dass die KandidatInnen im Falle eines Mandats dieses Thema in ihr Reisegepäck für Berlin packen.

Auf unserer Webseite haben wir für die Gruppen einige Materialien zur Verfügung gestellt: Informationen über die Kontaktaufnahme zu Abgeordneten und Tipps für Gespräche; einen Überblick über die aktuellen politischen Standpunkte der Parteien zum Thema Abzug der US-Atomwaffen, eine Argumentationshilfe sowie die Antworten aller PolitikerInnen auf bisherige Briefe. [1]

Ab dem 1. September wollen wir erneut auf die Straße gehen und darauf aufmerksam machen, welche KandidatInnen den Abzug blockieren würden. Eine erste Besenaktion ist vor der CDU-Zentrale in Berlin geplant. Wir hoffen, dass Gruppen im letzten Monat vor der Wahl bundesweit aktiv auf das Thema aufmerksam machen, gerne auch gekoppelt an andere verknüpfte Themen wie Atomenergie, die Finanzkrise oder der Krieg in Afghanistan. Denn das Thema Atomwaffen ist ein Schlüsselthema, wenn es um Weltordnung, Sicherheit, Energie und Gerechtigkeit geht.


Anmerkung
[1] http://www.atomwaffenfrei.de/aktionsphase_wahl/bundestagswahl/index.html


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Quelle:
IPPNWforum | 117|18 | 09, S. 15
Herausgeber:
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Anschrift der Redaktion:
IPPNWforum
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2009