Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FAKTEN

AIKOR/102: Gaza - Ein Wendepunkt in der internationalen Politik?


Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIKor)
- Informationsdienst der Vereinigung für Internationale Solidarität (VIS) e.V. vom 19. Januar 2009 -

Ein Wendepunkt in der internationalen Politik?


Liebe Leute,

aus der Fülle der Analysen und Stellungnahmen zu Gaza dokumentiere ich die folgenden, die meiner Ansicht nach wichtige Einsichten zu möglichen langfristigen Auswirkungen der zionistischen Verbrechen in Gaza vermitteln:

ISRAEL BRAUCHT HAMAS

Das zionistische Projekt benötigt eine feindliche Umwelt, um die Fiktion einer Existenzbedrohung zu nähren. Mit dem Überfall auf Gaza macht Tel Aviv zugleich erste Annäherungen von sunnitischen arabischen Staaten zunichte

Von Knut Mellenthin

Aus: junge Welt v. 14. Jan. 09
http://www.jungewelt.de/2009/01-14/001.php

Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:
Im Schattenblick finden Sie diesen Artikel unter:
www.schattenblick.de -> Infopool -> Politik -> Ausland ->
NAHOST/460: Israel braucht Hamas (jW)&nsbsp;

[ 1 ]


ISRAELS RECHTSCHAFFENE WUT UND IHRE OPFER IN GAZA

Ilan Pappe

The Electronic Intifada v. 2. Jan. 09
http://electronicintifada.net/v2/article10100.shtml

URL der mit dem Autor abgestimmten Übersetzung:
http://linke.cc/news/article.php?story=20090107114726543



[ 2 ]

ISRAEL HAT SCHON VERLOREN

Von Abdul Ilah Albayat*
(11. Jan. 09)

Orginalartikel unter:
http://www.globalresearch.ca/index.php?context=viewArticle&code=ALB20090114&articleId=11797

Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff
http://www.aikor.de

[ 3 ]


Aus den Texten:

1. Knut Mellenthin: "Wenn man sich von dem sachlich durch nichts gerechtfertigten Gedanken freimacht, der zionistische Staat strebe eine Beendigung des permanenten Kriegszustands mit den Palästinensern und die friedliche Integration Israels in die Region an, ist die Tatsache, dass Israel scheinbar kontraproduktive Kriege führt und an einer selbstzerstörerisch erscheinenden Besatzungspraxis festhält, nicht weiter verwunderlich."

2. Pappe: "Was heute nottut, ist nicht nur eine Verurteilung der aktuellen Massaker, sondern auch einen Delegitimierung der Ideologie, die diese Politik hervorgebracht hat und sie moralisch und politisch rechtfertigt. Bleibt zu hoffen, dass einflussreiche Stimmen auf der ganzen Welt versuchen werden, dem jüdischen Staat zu vermitteln, dass seine Ideologie und die gesamte Handlungsweise dieses Staates untragbar und inakzeptabel sind und Israel boykottiert und anderen Sanktionen unterzogen werden wird, solange es darin fortfährt. (...)

Durch Verbindung der zionistischen Ideologie und Politik der Vergangenheit mit den gegenwärtigen Untaten werden wir in der Lage sein, eine klare, logische Erklärung zugunsten der Kampagne für Boykott, Desinvestition und Sanktionen anzubieten. Es ist eine gerechte und moralische Aufgabe, mit friedlichen Mitteln einen selbstgerechten ideologischen Staat in Frage zu stellen, der sich, bestärkt durch das weltweite Schweigen, erlaubt, die einheimische Bevölkerung Palästinas zu berauben und zu zerstören. Es ist zudem ein wirkungsvoller Weg, die öffentliche Meinung nicht nur gegen die laufende völkermörderische Politik im Gazastreifen wachzurütteln, sondern auch zukünftige Untaten zu verhindern. Wichtiger als alles andere ist aber, dass damit der Ballon selbstgerechter Wut zum Platzen gebracht wird, der die PalästinenserInnen immer mehr erdrückt, je weiter er sich aufbläht. Es wird dazu beitragen, mit der Immunität und Straflosigkeit aufzuräumen, die der Westen Israel einräumt. Ohne diese Immunität werden hoffentlich immer mehr Menschen in Israel beginnen, den wahren Charakter der Verbrechen zu sehen, die in ihrem Namen begangen werden, und ihre Wut könnte sich gegen jene richten, die sie selbst und die PalästinenserInnen in die Falle dieses unnötigen Zyklus des Blutvergießens und der Gewalt gelockt haben.

3. Abdul Ilah Albayat: "Dank des Widerstands in Gaza sind bereits viele Diskussionen im Mülleimer gelandet. Niemand kann mehr sagen, dass die Araber keine Nation sind. Ihr Widerstand ist nach Lage der Dinge unterschiedlich aber seiner Natur nach derselbe. Niemand kann mehr sagen, dass Israel sich in die arabische Welt integrieren kann. Niemand kann mehr sagen, dass nur Schiiten die Araber befreien werden, weil sie das Märtyrertum hochhalten, wobei vertuscht wird, dass die irakischen religiösen Parteien mit der Invasion der USA im Irak kollaborieren. Niemand kann mehr sagen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika den Arabern Demokratie und Wohlstand bringen können etc."



Kommentar:

Welches sind die Gründe für die westliche Unterstützung der zionistischen Kriegsverbrechen?

Eine der bedrohlichsten Antworten auf die Frage nach den mit der Gaza-Operation verfolgten weiter reichenden Zielen lautet: "Hier geht es nicht um Hamas oder Hisbollah. Hier geht es um den Iran." So der israelische Staatspräsident Shimon Peres am 12. Januar 2009 in der Militärbasis Tzeelim in der Nähe der Stadt Beersheva vor Soldaten. (siehe: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29539/1.html)

Einen Tag zuvor hatte die New York Times (v. 11.01.09 2008 http://www.nytimes.com/2009/01/11/washington/11iran.html?hp) analysiert, wie 2008 ein israelischer Militärschlag gegen iranische Atomanlagen von der Bush-Regierung gerade noch verhindert wurde.

Straffreiheit für Israel in Gaza ist gleichbedeutend mit der Ermunterung zu weiteren Angriffen im "Krieg gegen Terror", wie bereits die westliche Haltung zum israelischen Bombenterror in Libanon von der zionistischen Politik als Freibrief für gleiches Vorgehen gegen Gaza aufgefasst werden konnte.

Politiker Israels, die im Ausland Kritik am Zionismus gerne als "anti-semitisch" brandmarken, brüsten sich vor der eigenen Öffentlichkeit nicht selten damit, wie sie ihre westlichen Partner manipulieren. So jüngst auch wieder Ehud Olmert: "In der Nacht von Donnerstag auf Freitag (8./9. Januar 2009), als die (US-) Außenministerin (Condoleezza Riche) bei der Abstimmung über einen Waffenstillstand im Sicherheitsrat vorangehen wollte, wollten wir nicht, dass sie dafür stimmt," erklärte Ehud Olmert in einer Rede am 12. Januar in Ashkelon. "Ich sagte," so der israelische Premierminister weiter, "'holt mir Präsident Bush ans Telefon'. Sie sagten, er halte gerade eine Rede in Philadelphia. Ich sagte, das sei mir egal. 'Ich muss ihn jetzt sprechen'. Er kam vom Podium und sprach mit mir. Ich sagte ihm, die Vereinigten Staaten könnten nicht dafür stimmen. Sie könnten nicht für eine solche Resolution stimmen. Er rief sogleich die Außenministerin an und sagte ihr, nicht dafür zu stimmen." Rice hatte maßgeblich mit dem britischen und französischen Außenminister sowie arabischen Außenministern an den Formulierungen der Resolution gearbeitet. "Da war sie blamiert," setzte Olmert noch eins drauf. Soweit Originalton Olmert. "Völlig inakkurat in der Beschreibung der Situation, volle 100 %, vollständig nicht wahr," versuchte der Sprecher des State Department auszubügeln. Tatsache aber bleibt, dass Rice sich der Stimme enthielt, ihr Sprecher aber am nächsten Tage erklärte, "wir unterstützen den Text vollkommen, die Ziele und Anliegen dieser Resolution.
(http://thinkprogress.org/2009/01/12/olmert-bush-un-resolution/)

Auch Außenministerin Tzipi Livni, die Spitzenkandidatin der Kadima-Partei, machte am 12. Januar "im Rundfunk auf ihre Verdienste aufmerksam, die UN-Resolution so lange wie möglich verzögert zu haben: 'Ich habe hart gearbeitet, damit die Armee an jedem Tag, der vergeht, weiterarbeiten kann, ohne dass es eine Entscheidung gibt.' So habe sich der UN-Sicherheitsrat schon wenige Stunden nach Beginn der Luftangriffe auf den Gazastreifen zusammengesetzt. 'Und jeden Tag, jede Stunde haben wir daran gearbeitet die Entscheidung zu verhindern und die Armee arbeiten zu lassen. Wir konnten von Anfang an einschätzen, wie der Zeitplan sein würde, wie lange wir die ganze Welt festhalten können, so dass sie sich nicht einmischt'," berichtet ARD-Korrespondent Clemens Verenkotte.
(http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=4386566/12ew0sn/)

Die Offenherzigkeit von Olmert und Livni lässt erahnen, welche Telefonate vorausgehen, wann immer deutsche Politiker der zionistischen Politik Handlangerdienste andienen, wie jetzt mit der Diffamierung der Hamas und bei der totalen Abriegelung Gazas durch Ägypten. Der zionistische Staat braucht Dauerkrieg zu seiner Aufrechterhaltung. Alle imperialistischen Staaten brauchen "Krieg gegen Terror" als Dauerkrieg im Gerangel um Ressourcen und Märkte und als Strategie zur Kontrolle der eigenen Bevölkerung. Aufgrund dieser Übereinstimmung im Wesen imperialistischer Regimes agiert Israel in Gaza wie schon im Krieg gegen Libanon quasi wie ein Mitgliedsstaat von NATO und EU mit der vollen Unterstützung seiner westlichen Partner. Damit verschärfen sich aber unweigerlich auch die Gegensätze und Spannungen im Lager der Imperialisten. Die zentrifugalen Kräfte in NATO und EU nehmen weiter zu. Und zugleich formiert sich im Rahmen der imperialistischen Bündnisstrukturen - zur Stärkung der Gravitationskräfte - die transnationale Komplizenschaft der politischen Akteure der Geldmachteliten bis hin zu Kriegsverbrechen und Völkermord. Gaza könnte sich als ein Wendepunkt erweisen. Die Proteste und Gegenaktionen könnten die Herausbildung antiimperialistischer Fronten auf internationaler und nationaler Ebene beschleunigen. Dies scheint jetzt vor allem eine Frage des Bewusstseins der gemeinsamen Interessen des patriotischen Widerstands in der Region, der fortschrittlichen jüdischen Kräfte in Palästina und im Westen sowie der Friedenskräfte in der ganzen Welt. Ein solches internationalistisches Bewusstsein verlangt ein prinzipielles "Nein zur NATO".

Mit internationalistischen Grüßen
Klaus von Raussendorff


*


Quelle:
Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIKor) -
Informationsdienst der Vereinigung für Internationale Solidarität (VIS) e.V.
vom 19. Januar 2009
Redaktion: Klaus von Raussendorff
Postfach 210172, 53156 Bonn; Tel. und Fax: 0228/34 68 50
Webmaster: Dieter Vogel
AIKor-Infos können auf der Seite der AIKor http://www.aikor.de
unter "Info-Dienst der AIKor" runter geladen werden.


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2009