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NAHOST/360: Nordsyrien - Einsatz von Weißem Phosphor wird nicht untersucht


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 8. November 2019

Einsatz von Weißem Phosphor wird nicht untersucht

Opfer werfen OPCW Parteilichkeit vor


Unabhängige Beobachter sind sich sicher, dass die Türkei bei ihrer Invasion in Nordsyrien ab dem 9. Oktober 2019 Weißen Phosphor gegen Zivilisten eingesetzt hat. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) kündigte an, die Lage zu beobachten und Informationen zu sammeln. Sie wolle jedoch keine Gewebeproben von Opfern untersuchen. Kurz vor dieser Ankündigung hatte die Organisation eine Spende über 30.000 Euro von der Türkei erhalten.

"Diese Entscheidung der OPCW sendet ein fatales Signal an die Opfer dieses Verbrechens und wird die mutmaßlichen Täter weiter ermutigen", erklärt Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Nur die unabhängigen Experten einer internationalen Organisation wären in der Lage gewesen, den Einsatz Weißen Phosphors zweifelsfrei zu bestätigen und seine Herkunft nachzuweisen." Medienberichten zufolge hat das britische Militär Rauchbomben, die die gefährliche Chemikalie enthalten, an die Türkei verkauft. Die Türkei weist sämtliche Anschuldigungen zurück.

Weißen Phosphor als Rauch- oder Lichtquelle einzusetzen, ist nicht verboten. Aufgrund seines chemischen Charakters fällt er nicht unter die Chemiewaffenkonvention (CWC). Aus diesen Gründen sieht sich die OPCW nicht zuständig für derartige Untersuchungen. Nach eigenen Angaben will die Organisation in den nächsten Monaten einen Bericht erstellen, der die Verantwortlichen hinter verschiedenen Chemiewaffen-Angriffen in Syrien benennen könnte. Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Frühjahr 2011 wurden 37 Berichte über den Einsatz von Chemiewaffen untersucht. Der UN-Menschenrechtsrat machte die Assad-Regierung im März für mindestens 32 davon verantwortlich.

Lokale und internationale Medien berichten jedoch immer wieder über den Einsatz von Chemiewaffen auch durch das türkische Militär und mit ihm verbündete islamistische Milizen. "Diesen Berichten geht die OPCW in der Regel nicht nach. Damit setzt sich die Organisation dem Vorwurf der Parteilichkeit aus. Das verbrecherische Regime von Baschar al Assad wird das für seine Propaganda zu nutzen wissen", so Sido. Die OPCW müsse allen Hinweisen über den Einsatz von Chemiewaffen nachgehen und die Täter beim Namen nennen - unabhängig davon, welcher Kriegspartei sie angehören.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 8. November 2019
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2019

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