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NAHOST/156: Ägypten - Ausschreitungen zwischen Kopten und Muslimen


Presseerklärung vom 8. Mai 2011

Ägypten: Mindestens 49 Kopten sterben seit Januar 2011 wegen ihres Glaubens eines gewaltsamen Todes

Terror radikaler Salafiten gegen Christen nimmt weiter zu Ägyptens Behörden reagieren hilflos


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der neuen Regierung Ägyptens vorgeworfen, nicht entschieden genug für den Schutz und die Rechte der koptischen Minderheit einzutreten. Der Terror radikaler Salafiten gegen Kopten nimmt immer mehr zu, da Ägyptens Behörden dem Druck dieser extremistischen muslimischen Bewegung oft nachgeben, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. So wurde aufgrund von Protesten der Salafiten im April 2011 die erstmalige Ernennung eines Kopten zum Gouverneur einer Provinz in Ober-Ägypten für drei Monate ausgesetzt.

Der Sturz des Mubarak-Regimes hat die Lage der Kopten nicht verbessert, erklärte Delius. Zwar gibt es heute mehr Demonstrationsfreiheit, doch die wird vor allem von extremistischen Salafiten genutzt, um Vorurteile gegen die christliche Minderheit zu schüren. Mindestens 49 Kopten starben seit Januar 2011 wegen ihres Glaubens eines gewaltsamen Todes in Ägypten.

Auch für die Ausschreitungen in Kairo, bei denen Samstagnacht mindestens neun Kopten getötet und mehr als 140 Menschen verletzt wurden, sind vor allem Salafiten verantwortlich. Mehrere tausend Salafiten hatten am Freitag in drei verschiedenen Demonstrationen in Kairo gefordert, ein Strafverfahren gegen den koptischen Papst Shenouda einzuleiten, koptische Kirchen und Klöster zu durchsuchen und zwei Frauen von Priestern freizulassen, die angeblich von Christen gegen ihren Willen festgehalten würden, nachdem sie zum Islam konvertiert seien. Vertraute der Frauen wiesen die Vorwürfe als haltlos zurück und beschuldigten die Salafiten, gezielt religiöse Auseinandersetzungen zu schüren.

Seit dem Sturz des Mubarak-Regimes kommt es zu immer mehr gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Salafiten und Kopten, da sich vor allem junge Christen aktiv für den Schutz ihrer Glaubensfreiheit einsetzen und Widerstand gegen die Anfeindungen durch Salafiten leisten. So hatten sich am Samstag auch 3000 vornehmlich junge Kopten eingefunden, um ihre Kirchen in Kairo vor Übergriffen zu schützen. Mindestens eine Kirche wurde trotz Schutzes durch Kopten und Soldaten von den Demonstranten in Brand gesetzt. Daraufhin brachen Straßenschlachten zwischen jungen Kopten und Muslimen aus. Auch warfen Angehörige der religiösen Minderheit der Armee vor, nicht konsequent genug gegen die muslimischen Extremisten vorzugehen. So kritisierten sie, dass die meisten Straftaten von Salafiten von Gerichten nicht angemessen geahndet werden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 8. Mai 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2011