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NAHOST/142: Irak - Nach Bombenanschlägen auf christliche Wohngebiete in Bagdad Verletzte aufnehmen


Presseerklärung vom 11. November 2010

Irak: Nach den Bombenanschlägen auf christliche Wohngebiete in Bagdad wird Aufnahme von Verletzten gefordert


Nach den gestrigen Bombenanschlägen auf christliche Wohngebiete in der irakischen Hauptstadt Bagdad wandte sich die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag an die deutsche Bundesregierung mit der Bitte, die bei den letzten Terroranschlägen verletzten irakischen Christen in Deutschland medizinisch zu betreuen. Die französische Regierung hat bereits die ersten 34 Verletzten aus dem Irak aufgenommen. "Bitte folgen Sie dem französischen Beispiel", heißt es in einem Schreiben des Präsidenten der GfbV-International, Tilman Zülch, an die deutsche Bundeskanzlerin.

Gestern explodierten elf Sprengsätze innerhalb einer Stunde in den vor allem von Christen bewohnten Bezirken Bagdads. Dabei kamen erneut fünf Menschen ums Leben und mehr als 20 wurden verwundet. So setzt sich die Serie der Gewalt im Irak gegen Christen fort: Bereits am Dienstagabend wurden ähnliche Anschläge gegen drei von dieser Minderheit bewohnte Häuser im Westen der irakischen Hauptstadt verübt. Am 1. November kam es zu einem verheerenden Blutbad in einer syrisch-katholischen Kirche in Bagdad. Sprecher der christlichen Assyrer-Chaldäer-Aramäer im Irak nahmen die Anschläge zum Anlass, erneut eine autonom verwaltete Region für ihr Volk in der Niniveh-Ebene im Osten der Provinz Mosul im Norden des Landes zu fordern. Dort bilden Christen, Shabak, Yeziden und muslimische Kurden die Mehrheit der Bevölkerung. Die Gesellschaft für bedrohte Völker unterstützt diesen Appell des Volksrates der Assyrer-Chaldäer-Aramäer.

Die fortgesetzte brutale Gewalt gegen Christen im Irak verdeutlicht, dass ein ausreichender Schutz der Minderheiten außerhalb der autonomen Region Kurdistan und außerhalb der von ihren Milizen geschützten angrenzenden Niniveh-Ebene ein christliches Leben in Sicherheit nicht mehr möglich scheint. Nur im autonomen Bundesstaat Kurdistan genießen irakische Christen Glaubensfreiheit und Nationalitätenrechte. Allein aus der Fünf-Millionen-Metropole Bagdad sind nach GfbV-Recherchen seit 2003 mehr als drei Viertel der dort ansässigen rund 400.000 Christen geflohen. Viele der Zurückgebliebenen wagen es kaum noch, einen Gottesdienst zu besuchen oder ihre Kinder auf eine christliche Schule zu schicken, weil sie ständig terroristische Attentate befürchten müssen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 11. November 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2010