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MELDUNG/191: 20 Jahre Römisches Statut - Schwerste Verbrechen müssen wirksamer geahndet werden


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 12. Juli 2018

20 Jahre Römisches Statut (17.07.2018)

Menschenrechtsreport zieht kritisch Bilanz: Internationaler Strafgerichtshof muss gestärkt werden!


Göttingen, den 12. Juli 2018 - 20 Jahre nach Annahme des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einem 35-seitigen Menschenrechtsreport kritisch Bilanz gezogen. "Weltweit werden viel zu wenig Verbrechen gegen die Menschlichkeit geahndet, weil China, Russland oder die USA ihr Vetorecht missbrauchen und so die Einschaltung des IStGH verhindern", kritisierte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Deshalb konnte der IStGH in schwersten Menschenrechtskrisen wie den Kriegen in Syrien oder im Yemen nicht ermitteln. Das schwächt den Kampf gegen Straflosigkeit und erstickt die Hoffnungen überlebender Opfer, Gerechtigkeit durchsetzen zu können. Um in Zukunft Gräueltaten zu verhindern, ist es dringend notwendig, Zeichen zu setzen und heutige Täter zu bestrafen."

Der Menschenrechtler appellierte an die Bundesregierung, sich intensiver für eine Stärkung des IStGH einzusetzen, damit die Verantwortlichen für Völkermord, Kriegsverbrechen sowie das Verbrechen der Aggression konsequenter strafrechtlich verfolgt werden können. Das Römische Statut wurde am 17. Juli 1998 als vertragliche Grundlage für den IStGH von 120 Staaten angenommen. Er hat derzeit 123 Vertragsstaaten.

Afrikanische Staaten werfen dem IStGH eine einseitige Fixierung auf ihren Kontinent vor. Die Afrikanische Union (AU) tritt sogar für Straffreiheit für Regierungsmitglieder und Staatsoberhäupter ein. "Dabei wird übersehen, dass die meisten Verfahren des IStGH von afrikanischen Regierungen selbst angeregt wurden", berichtete Delius. "Durch die Aufhebung des Urteils gegen den kongolesischen Milizenführer Jean-Pierre Bemba durch eine Berufungskammer des IStGH im Juni 2018 hat die Glaubwürdigkeit des IStGH jedoch sehr gelitten." Der frühere Vizepräsident des Kongo war im Jahr 2016 wegen Kriegsverbrechen in der Zentralafrikanischen Republik zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Die deutsche Bundesregierung hatte sich nachdrücklich für die Gründung des IStGH engagiert. "Im Fall des per internationalem Haftbefehl gesuchten Staatspräsidenten des Sudan, Omar Hassan al Bashir, spielt sie jedoch eine unrühmliche Rolle. Sie bemüht sich eher um Kooperation mit den sudanesischen Behörden zur Abwehr von Flüchtlingen aus Afrika, statt sich für eine Auslieferung Bashirs einzusetzen", berichtete Delius. Der Sudanese wird wegen seiner Verantwortung für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord in Darfur im Westen seines Landes gesucht. Ehemalige Janjaweed-Reitermilizen, die seit dem Jahr 2003 am Genozid in Darfur mitgewirkt hatten, sind heute Mitglieder sudanesischer Spezialeinheiten.

Der IStGH hat seinen Sitz in Den Haag. Er ermittelt in seinen Vertragsstaaten oder gegen Täter aus diesen Ländern, wenn deren nationale Justiz gegen mutmaßliche Verbrecher nicht tätig wird. Außerdem kann der UN-Sicherheitsrat den IStGH um Ermittlungen bitten.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 12. Juli 2018
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2018

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