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MELDUNG/072: Vor Winterolympiade in Sotschi - Verhaftung von tscherkessischen Aktivisten


Presseerklärung vom 16. Dezember 2013

Vor Winterolympiade in Sotschi: Verhaftung von tscherkessischen Aktivisten

IOC-Präsident Bach soll vor Verschärfung der Menschenrechtslage warnen



Nach der Verhaftung von zehn tscherkessischen Aktivisten hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an den Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees Thomas Bach appelliert, sich für eine Wahrung grundlegender Menschenrechte vor dem Beginn der Winterolympiade in Sotschi am 7. Februar 2014 einzusetzen. "Wenige Wochen vor dem Start der olympischen Winterspiele zieht Russland offenbar die Daumenschrauben an", erklärte die GUS-Referentin der GfbV, Sarah Reinke, in Berlin. Am vergangenen Wochenende wurden zehn tscherkessische Aktivisten festgenommen. Ihre Häuser wurden durchsucht und die Männer zu Verhören ins über 400 km entfernte Krasnodar gebracht. Schon mehrmals war tscherkessischen Aktivisten und Journalisten auch die Einreise nach Sotschi verboten worden.

Die GfbV appellierte nach der Verhaftung der Tscherkessen an IOC-Präsident Thomas Bach, gegen die Verschärfung der Menschenrechtslage vor den Spielen zu protestieren. "Das IOC hat sich für den Austragungsort Sotschi entschieden. Die Menschen in der Region leiden schon seit Jahren unter Baumaßnahmen, Zwangsumsiedlungen und Umweltzerstörungen. Wenn nun unter dem Vorwand, die Sicherheit der Spiele sei in Gefahr, noch restriktiver gegen die Bevölkerung vorgegangen wird, dürfen Sie das nicht weiter ignorieren", schreibt die Menschenrechtsorganisation an Herrn Bach.

Sotschi liegt im Nordkaukasus, nur wenige hundert Kilometer von den Republiken Dagestan und Tschetschenien entfernt, wo seit Jahrzehnten Gewalt und Terror den Alltag prägen. Im Namen der russischen Regierung werden hier schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Morde, Folter und Gewalt gegen Frauen begangen und Zivilisten verschwinden. Um die Sicherheit der Winterspiele zu gewährleisten, gelten Gesetze wie bei der Durchführung von Antiterroroperationen in Tschetschenien. Darüber hinaus ist Sotschi die letzte Hauptstadt der Tscherkessen. Dort erlitten sie 1864 die letzte Niederlage im Kampf gegen die russische Armee und wurden kollektiv vertrieben. Ihre Deportation kam einem Genozid gleich, rund eine Million Tscherkessen kamen dabei ums Leben. Nur zehn Prozent von ihnen blieben in ihrer ursprünglichen Heimat zurück. Heute wünschen sich viele Tscherkessen, die der syrische Bürgerkrieg zu Flüchtlingen gemacht hat, eine Rückkehr in die historische Heimat. Doch die russische Regierung, die immer noch eng mit dem Assad-Regime verbündet ist, verweigert ihre Einreise.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 16. Dezember 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2013