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LATEINAMERIKA/050: Entkriminalisierung der Heilpflanze Coca gefordert


Presseerklärung vom 13. März 2007

Entkriminalisierung der Kultur- und Heilpflanze Coca gefordert

WM-Ball mit Präsidentenunterschrift wird auf ebay versteigert


Ende März versammeln sich die Coca-Bauern und -Bäuerinnen von Bolivien. Ihre zentrale Forderung ist die Streichung der Cocapflanze von der Suchtstoffliste der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1961. Diese Forderung hat nichts mit der Legalisierung von Drogen (des Kokains) zu tun, sondern soll die kulturelle, gesellschaftliche und traditionelle Nutzung der Pflanze ermöglichen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV) versteigert zur finanziellen Unterstützung der indianischen Bauernvereinigungen über ebay einen eigens vom bolivianischen Staatspräsidenten Evo Morales handsignierten WM-Fußball.


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In den nächsten Tagen treffen sich die Bauern der Andenregion in Bolivien, um die wirtschaftlichen Entwicklungen ihrer Region zu diskutieren. Zentrales Thema ist die Forderung, den Anbau der Cocapflanze und die Verarbeitung und den Handel mit dem Naturprodukt zu legalisieren. Dies kann erreicht werden, indem die Cocapflanze von der Suchtstoffliste der Vereinten Nationen gestrichen wird. Damit wäre ein deutlicher Trennungsstrich gezogen zwischen der traditionellen Kulturpflanze und dem gefährlichen Extrakt Kokain. Den hierfür notwendigen Antrag wird Bolivien noch im Mai 2007 beim Generalsekretär der Vereinten Nationen einreichen.

Um die Cocapflanzen ranken viele Mythen, Missverständnisse und Fehlinformationen. Während die Nutzung der Pflanze schon immer Teil der indianischen Kultur war und mit Verantwortung gehandhabt wurde, hat die Extrahierung des Wirkstoffs Kokain zum Missbrauch als gefährliche Droge geführt. Ein langer, oft brutaler Kampf gegen den Anbau der Pflanze hat viel Elend für die lokale Bevölkerung und Unterdrückung kultureller Elemente gebracht, nicht aber das Drogenproblem gelöst. Mit der Streichung der Cocapflanze von der UN-Suchtstoffliste könnte die lokale Bevölkerung wieder gefahrlos traditionelle Produkte wie Tee, Kaugummi, Zahnpasta, Erfrischungsgetränke und Medizin aus der Pflanze herstellen und weltweit vermarkten.

Ober solche alternative Verwertungsmöglichkeiten kann der Anbau für die Gewinnung von Drogen reduziert bzw. letzten Endes auch beendet werden. Die GfbV unterstützt diese Initiativen und damit den Kampf gegen die Drogenproduktion. Der weltberühmte Coca-Cola- Konzern soll in seinem gleichnamigen Erfrischungsgetränk schon seit Jahrzehnten nichtalkaloide Extrakte aus Coca-Blättern verwenden, was der Konzern selbst allerdings bestreitet.

Zur finanziellen Unterstützung des Treffens der Cocabauern in Bolivien versteigert die GfbV einen vom bolivianischen Staatspräsidenten Evo Morales signierten WM-Fußball, ein absolutes Unikat auf ebay (www.ebay.de, Artikelnummer 180095615320). Die Versteigerung beginnt am Dienstagabend, den 13.03.2007. Der Erlös kommt vollumfänglich der Bauernvereinigung (COCAMTROP) für die Organisation ihres Treffens zu Gute.

Evo Morales, der in seiner Freizeit selbst Fußball spielt, gehört mit Al Gore zu den aussichtsreichen Kandidaten des Friedensnobelpreises. Er sprach bereits 1995 auf Einladung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) als Repräsentant der Cocabauern bei den Vereinten Nationen in Wien vor, um die Streichung der Pflanze von der Suchtstoffliste zu erreichen. Mit Evo Morales führt erstmals seit der Herrschaft der Inkas ein Indianer Bolivien. Dort zählen zwei Drittel der Bevölkerung zu den alten Indianernationen der Quechua und Aymara. Bereits in den 70er Jahren hatte die GfbV auf die jahrhundertelange Unterdrückung der indianischen Mehrheit in dem südamerikanischen Land hingewiesen und deren Situation mit der südafrikanischen Apartheid verglichen. Indianische Delegationen aus Bolivien und anderen Ländern Amerikas hatten allein im Jahr 1978 in Deutschland und in Nachbarländern auf 65 Diskussionsveranstaltungen der GfbV über die Lage ihrer Gemeinschaften informiert.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Wien/Bern/Bozen/Luxemburg, den 13. März
2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2007