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EUROPA/619: Westbalkankonferenz - Merkel soll Bosnien Hilfe für EU-Beitritt anbieten


Presseerklärung vom 11. Juli 2017

4. Westbalkankonferenz in Triest (12.7.)

- Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel: Spaltung Bosniens verhindern
- konkrete Hilfestellung für schnellen EU-Beitritt anbieten!


Bundeskanzlerin Angela Merkel soll Bosnien und Herzegowina auf der Westbalkankonferenz am Mittwoch in Triest entschlossene Hilfestellung zu einem schnellen EU-Beitritt anbieten. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte Merkel in einem dringenden Appell am Dienstag dazu auf, nicht zuzusehen, wie sich ungerechte Strukturen weiter verhärten, Korruption und Vetternwirtschaft blühen und schließlich die Teilung des Landes vollzogen wird. "Es sind jetzt dringend konkrete Schritte nötig, um Bosnien wieder näher an Europa heranzubringen. Allein kann das Land sie nicht gehen, denn die Führungen der drei großen Volksgruppen sind nicht in der Lage, sich untereinander zu einigen. Bitte helfen Sie, sonst wird Bosnien zerfallen und möglicherweise sogar ein neuer Krieg ausbrechen."

Die internationale Gemeinschaft habe nach Auffassung der GfbV viel zu lange tatenlos hingenommen, dass ultranationalistische Politiker und Anhänger der serbischen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic und Ratko Mladic die EU brüskieren, Kriegsverbrechen rundweg leugnen, den Hass in der Bevölkerung schüren und die Teilung des Landes vorantreiben. "Jetzt muss endlich dafür gesorgt werden, dass die Leugnung des Genozids und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Bosnien sanktioniert werden. Gleichzeitig muss in Serbien und vor allem in der Republika Srpska, deren damaligen Anführer von höchstrichterlichen Institutionen für den in Srebrenica begangenen Völkermord schuldig gesprochen wurden, eine intensive Vergangenheitsbewältigung durchgesetzt werden", verlangte die GfbV.

"Bitte tragen Sie dazu bei, dass Sie gemeinsam mit den anderen EU-Staaten jetzt ihrer Führungsrolle auf dem Westbalkan gerecht werden und Bosnien und Herzegowina in die Lage versetzt wird, sich zu einer demokratischen und gerechten Gesellschaft zu entwickeln. Dafür muss eine neue Verfassung entwickelt und durchgesetzt werden, die weder eine ethnische Spaltung zulässt noch erlaubt, die Vertreibung der bosniakischen Bevölkerung zu zementieren", heißt es in dem GfbV-Appell. 22 Jahre nach Kriegsende sei Bosnien und Herzegowina ein funktionsunfähiger, geteilter und teurer Staat. Wesentlich dazu beigetragen habe das Friedensabkommen von Dayton, das die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und Deutschland dem Land auferlegt hätten. Die übergroße Mehrheit der mutmaßlichen Kriegsverbrecher sei nicht bestraft worden. Bis heute werde der serbisch verwaltete Teil des Landes, die Republika Srpska, von ihnen angeführt. "Damit wurden die Täter belohnt und die Opfer bestraft. Der Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik, droht mit Abspaltung. Er und seine Politiker blockieren den Großteil der für einen EU- und Nato-Beitritt notwendigen Reformen und damit auch die wirtschaftliche Entwicklung Bosniens. Das darf die internationale Gemeinschaft nicht hinnehmen. Bitte helfen Sie, Frau Bundeskanzlerin!"

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 11. Juli 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2017

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