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ASIEN/652: China - Unfaires Gerichtsverfahren gegen Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang


Presseerklärung vom 14. Dezember 2015

Unfaires Gerichtsverfahren gegen Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang

"Gewissen Chinas"wird weggesperrt: Tiefpunkt der Rechtsstaatlichkeit in der Volksrepublik


Das Gerichtsverfahren gegen den chinesischen Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang, das am heutigen Montag in Peking stattgefunden hat, ist bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf scharfe Kritik gestoßen. Die Menschenrechtsorganisation bezeichnete die Anklagepunkte als haltlos und warf dem Gericht vor, den Bürgerrechtsanwalt nur wegen seiner Kritik an der Politik der chinesischen Behörden und am Allmachtanspruch der Kommunistischen Partei mundtot machen zu wollen. Als skandalös bezeichnete die GfbV die Festnahme von Unterstützern des Angeklagten sowie das rücksichtslose Vorgehen gegen Journalisten, ausländische Diplomaten und Freunde des Rechtsanwalts. "Dieses Unrechtsverfahren markiert einen neuen Tiefpunkt der Rechtsstaatlichkeit in der Volksrepublik", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen.

Mit einem Schuldspruch des angeklagten Rechtsanwalts wird in den nächsten Tagen gerechnet. Ihm drohen bis zu acht Jahre Haft, obwohl er sich in allen Anklagepunkten für unschuldig erklärte. Nachdrücklich forderte die GfbV die sofortige Freilassung des Beschuldigten, der als "Gewissen Chinas" durch sein außergewöhnliches Engagement für Menschenrechte aufgefallen sei. "Wie kaum ein anderer chinesischer Menschenrechtsanwalt engagiert sich Pu Zhiqiang für Menschenrechte von Uiguren und Tibetern, für eine Aufarbeitung des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens sowie für die Meinungsfreiheit von Künstlern und Regierungskritikern", sagte Delius.

Als absurd bezeichnete die GfbV die Anklage Pu Zhiqiangs wegen "Anstiftung zum ethnischen Hass". "Der engagierte Anwalt hat mit seiner Kritik am brutalen Vorgehen der chinesischen Behörden gegen Uiguren viel für die Verständigung zwischen Uiguren und Han-Chinesen getan", berichtete Delius, "ihn nun wegen vermeintlichen Schürens ethnischer Spannungen anzuklagen, ist eine Perversion des Rechts. Offensichtlich wird chinesisches Recht für Gesinnungsjustiz missbraucht."

Der angeklagte Menschenrechtsanwalt hatte in einem Mikroblog öffentlich Kritik an der chinesischen Politik in der Unruheregion Xinjiang/Ostturkestan geübt. So kritisierte er das brutale und respektlose Vorgehen chinesischer Sicherheitskräfte gegen Uiguren und machte das Scheitern der Nationalitätenpolitik mitverantwortlich für die Zunahme der Hoffnungslosigkeit und Gewalt unter Uiguren. "Pu Zhiqiangs Analyse wird von den meisten Beobachtern der Lage in Xinjiang/Ostturkestan geteilt. Dass ihm für diese Meinungsäußerung nun eine lange Haftstrafe droht, ist ein Skandal. Es zeigt, dass es in China noch immer keine Meinungsfreiheit gibt, insbesondere wenn das Handeln der Kommunistischen Partei in Frage gestellt wird", kritisierte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 14. Dezember 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2015

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