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ASIEN/573: Präsidentschaftswahlen in Indonesien - Christen fürchten um ihre Religionsfreiheit


Presseerklärung vom 8. Juli 2014

Präsidentschaftswahlen in Indonesien (9.7.):

Christen fürchten um Religionsfreiheit



Religiöse Minderheiten in Indonesien befürchten weitere Einschränkungen ihrer Glaubensfreiheit, sollte bei den morgigen Präsidentschaftswahlen der Ex-General Prabowo Subianto siegen. Dies berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag in Göttingen. "Prabowo hat bei seiner Wahlkampagne gezielt auf die Unterstützung sunnitischer Extremisten gesetzt und Konkurrenten als Ungläubige diffamiert. Wenn er gewählt wird, wird die religiöse Intoleranz in dem bevölkerungsreichsten islamischen Staat noch weiter zunehmen", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Schon heute gibt es mindestens 147 Verordnungen und Gesetze in Indonesien, die Christen, Schiiten, Sufis, Ahmadiyyah, Buddhisten, Bahai'i, Hindu und Anhänger indigener Religionen diskriminieren. "Demokratie kann es nicht ohne Religionsfreiheit geben. Eine Wahl Prabowos wäre ein katastrophales Zeichen für Südostasien, da auch in Malaysia, Vietnam, Laos und Burma/Myanmar die Religionsfreiheit massiv gefährdet ist."

Der umstrittene Ex-General wird auch von dem amtierenden Religionsminister Suryadharma Ali unterstützt, der wegen seiner verbalen Attacken auf Christen und Ahmadiyyah-Muslime bei religiösen Minderheiten gefürchtet ist. Ali gab den Minderheiten in den vergangenen Jahren regelmäßig die Schuld für die zunehmende Zahl von Übergriffen auf Gotteshäuser. Er rät Ahmadiyyah zum Islam überzutreten und ihren angeblichen "Irrglauben" aufzugeben. Die Zahl der Übergriffe auf Nicht-Sunniten hat stetig zugenommen. Wurden 2009 noch 200 Übergriffe registriert, so waren es 2012 bereits 264. Nicht nur öffentliche Proteste religiöser Extremisten beschneiden die Glaubensfreiheit, sondern auch umstrittene Anordnungen lokaler Behörden. So mussten 2012 mindestens 50 christliche Kirchen auf Anweisung der Behörden ihre Türen für immer schließen.

Zudem haben Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und religiösen Gemeinschaften in Indonesien im Jahr 2013 um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Bei 153 Auseinandersetzungen starben 203 Menschen. "Die Eingriffe in die Religionsfreiheit und die zunehmende Hetze gegen Andersgläubige haben ein Klima der Intoleranz geschaffen, das eine weitere Demokratisierung der früheren Militärdiktatur massiv behindert", sagte Delius.

Der Vorsitzende der Christlichen Synode Indonesiens (PGI), Andreas Yewangoe, kritisiert das Wahlprogramm Prabowos, da es nicht Aufgabe des Staates sei, sich als "Wächter der Reinheit der Religion" zu gebärden. Auch der Jesuit und Wissenschaftler Franz Magnis-Suseno warnt vor einer Einmischung des Staates in Glaubensfragen, die die Sache jedes einzelnen Bürgers sei. Kritisch äußerte sich auch der Sekretär der Kommission für Interreligiösen Dialog, Vater Benny Suseyto, der die Unterstützung Prabowos durch extremistische Islamisten anprangerte. Die Sympathien der Christen und anderer religiöser Minderheiten, aber auch demokratischer Sunniten gelten dem Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen Gouverneur Jakartas Joko Widodo. Er wirbt für eine weitere Demokratisierung Indonesiens.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 8. Juli 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2014