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ASIEN/558: Menschenrechtsanwalt ermordet - Pakistan soll Blasphemie-Paragraphen abschaffen


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 8. Mai 2014

Menschenrechtsanwalt ermordet - Pakistan soll Blasphemie-Paragraphen abschaffen



Nach dem Mord an einem Menschenrechtsanwalt in Pakistan am Mittwochabend hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die sofortige Abschaffung der Blasphemie-Bestimmungen in dem südasiatischen Land gefordert. "Die Blasphemie-Paragraphen schüren Willkür und Gewalt und werden systematisch missbraucht, um die Glaubensfreiheit religiöser Minderheiten einzuschränken", begründete der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius die Forderung am Donnerstag. Der landesweit angesehene pakistanische Menschenrechtsanwalt Rashid Rehman wurde von zwei mutmaßlich radikalen Islamisten erschossen, die in der Stadt Multan in seine Kanzlei gestürmt waren. Zwei Angestellte erlitten Schusswunden. Die Täter konnten unerkannt entkommen. Der Rechtsanwalt, der auch als regionaler Koordinator der Pakistanischen Menschenrechtskommission tätig war, war wegen seines Engagements für Blasphemie-Opfer in den letzten Wochen mehrfach mit dem Tode bedroht worden.

"In Pakistan vergeht kein Monat, in dem vor Gericht wegen der umstrittenen Blasphemie-Bestimmungen kein Unrechtsurteil ergeht oder ein politisch motivierter Mord begangen wird", kritisierte Delius. Der jetzt ermordete Menschenrechtsanwalt hatte den Gastdozenten an der Universität Bahauddin Zaklariya, Junaid Hafeez, verteidigt. In einer Gerichtsverhandlung am 9. April war Rashid Rehman vor dem tatenlosen Richter von mehreren Personen bedroht worden, die erklärten: "Du wirst den nächsten Gerichtstermin nicht mehr wahrnehmen, weil Du dann nicht mehr leben wirst!" Sein Mandant war von einem Studenten beschuldigt worden, eine Karikatur verbreitet zu haben, die das Ansehen Mohammeds schädige. Hafeez bestreitet die Vorwürfe und sagt, der Student habe ihn aus Neid auf seine Dozentenstelle angezeigt.

"Neid, persönliche Feindschaft und Rachsucht stehen hinter den meisten Blasphemie-Fällen", berichtete Delius. "Die Blasphemie-Paragraphen laden regelrecht zum Missbrauch ein. Rechtsanwälte und Richter, die dies stoppen wollen, riskieren ihr Leben." 2013 wurden in Pakistan 34 Menschen wegen Blasphemie angeklagt. Die meisten waren Christen, Ahmadiyyah-Muslime oder Hindu. 2012 waren 27 Fälle registriert worden. Zwar ergehen gegen Angehörige religiöser Minderheiten wegen Blasphemie immer wieder Todesurteile. Sie wurden bislang jedoch nicht vollstreckt.

Am 4. April 2014 waren der Christ Shafqat Emmanuel und seine Ehefrau Shagufta Kausar in einem unfairen Gerichtsverfahren wegen Blasphemie zum Tode verurteilt worden. Die Analphabeten sollen angeblich von ihrem Mobiltelefon eine Textnachricht versandt haben, die das Ansehen des Propheten Mohammed verletzte.

Am 27. März 2014 war der Katholik Savan Masi unter ähnlichen Umständen zum Tode verurteilt worden. Der einfache Arbeiter soll in einem Gespräch mit einem muslimischen Freund Mohammed verleumdet haben. Unmittelbar nach seiner Verhaftung steckten Islamisten hundert Häuser von Christen nahe seinem Wohnort in Brand. Alle Christen mussten aus dem Stadtviertel fliehen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 8. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2014