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ASIEN/553: Neuer Report dokumentiert beispiellose Verfolgung in China


Presseerklärung vom 26. März 2014

Chinas Staatspräsident besucht Deutschland:
"Xi Jinpings Krieg gegen Menschenrechtler": Neuer Report dokumentiert beispiellose Verfolgung in China



Wenige Tage vor dem Deutschland-Besuch Xi Jinpings hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dem chinesischen Staatspräsidenten vorgeworfen, für eine beispiellose Verfolgung von Menschenrechtlern verantwortlich zu sein. "Seit 15 Jahren ist die Lage von Chinas Menschenrechtsverteidigern nicht so katastrophal gewesen wie heute unter Präsident Xi Jinping", stellt die GfbV in einem neuen Menschenrechtsreport fest, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. "Statt demokratische Reformen brachte der neue Staatspräsident noch mehr Verfolgung, Einschüchterung, willkürliche Verhaftungen, Folter, unfaire Gerichtsverfahren, langjährige Haftstrafen und noch mehr Todesfälle von Menschenrechtlern in der Haft." Um den Opfern dieser gewaltsamen Übergriffe ein Gesicht zu geben, dokumentierte die GfbV in dem Menschenrechtsreport auf 40 Seiten 134 Einzelfälle von verfolgten Menschenrechtlern, die seit der Machtergreifung Xi Jinpings im Jahr 2013 ins Fadenkreuz der chinesischen Staatssicherheit gerieten.

"Der tragische Tod der inhaftierten Menschenrechtlerin Cao Shunli im März 2014 macht deutlich, wie entschlossen Chinas Führung ist, kritische Menschenrechtsverteidiger mundtot zu machen", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Sie musste sterben, weil ihr trotz schwerer Krankheit eine angemessene medizinische Betreuung verweigert wurde. Cao Shunli wurde zum Verhängnis, das sie bei den Vereinten Nationen in der Schweiz ein Menschenrechtstraining machen wollte und zu mehr Transparenz in Chinas Menschenrechtspolitik drängte. Ihr tragischer Tod ist kein Einzelfall. Innerhalb von nur elf Tagen starben im Dezember 2013 zwei Tibeter eines gewaltsamen Todes in chinesischer Haft. Der buddhistische Mönch Ngawang Jamyang und der engagierte Kritiker von Bergbauprojekten Kunchok Dhakpa. Beide wurden wie Cao Shunli offensichtlich gefoltert, obwohl Folter nach chinesischem Recht und gemäß der von China ratifizierten Anti-Folter-Konvention streng verboten ist. Unter Tibetern und Uiguren hat die Verfolgung von Sprachenrechtlern massiv zugenommen. Mongolische Menschenrechtler werden vor allem wegen ihres Einsatzes für die Rechte von Nomaden verfolgt.

Manche Inhaftierungen und Anklagen werden offensichtlich minutiös geplant und monatelang vorbereitet. So hatte die Inhaftierung des prominenten uigurischen Wirtschaftswissenschaftler Ilham Tohti am 15. Januar 2014 einen mindestens siebenmonatigen Vorlauf. Um den Menschenrechtler mundtot zu machen, brauchte Chinas Staatssicherheit vermeintliche belastende Beweise und ließ daher Studenten des Professors bedrängen und verhaften. Eine perfide Strategie, an deren Ende nach dem Willen von Chinas Machthabern eine hohe Haft- oder sogar die Todesstrafe stehen soll.

Auch vor Gericht gibt es für angeklagte Menschenrechtler keine Gerechtigkeit. Entlastende Zeugenaussagen werden nicht zugelassen, Anwälte werden eingeschüchtert, bekommen keine Akteneinsicht oder dürfen nicht mit ihren Mandanten reden. "Wer einmal in China vor Gericht steht, ist schon so gut wie verurteilt", berichtete Delius. Denn mehr als 99 Prozent aller Strafprozesse endeten im Jahr 2013 mit einem Schuldspruch, stellte das Oberste Gericht Chinas jüngst in seinem Jahresbericht fest.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. März 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2014