Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

ASIEN/540: Indonesien - Religionsfreiheit in Gefahr


Presseerklärung vom 5 Januar 2014

Zehntausende Menschen demonstrieren in Indonesien für "religiöse Harmonie" (5.1.)

Religionsfreiheit in Indonesien in Gefahr



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Protest von zehntausenden Indonesiern für mehr religiöse Toleranz begrüßt. Auf Initiative der indonesischen Regierung und der Religionsgemeinschaften demonstrierten am heutigen "Tag der religiösen Harmonie" allein in der Hauptstadt Jakarta 70.000 Menschen für religiöse Toleranz. Mit den Feiern will die Regierung des bevölkerungsreichsten muslimischen Landes der Welt ein Zeichen gegen die zunehmenden Übergriffe auf religiöse Minderheiten setzen. Der wegen seiner vielen verbalen Attacken auf Christen und AhmadiyyaMuslime umstrittene Religionsminister Suryadharma Ali verlas im Beisein von führenden Vertretern aller Konfessionen eine "Erklärung zur religiösen Harmonie".

"Es ist wichtig, dass Indonesiens Regierung ein Zeichen gegen die zunehmenden Übergriffe auf religiöse Minderheiten setzt", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Noch glaubwürdiger wäre dieses Engagement, wenn Indonesiens Zentralregierung willkürliche Schließungen von christlichen Kirchen durch lokale Behörden unterbinden würde und Ahmadiyyah-Muslimen ihre Glaubensausübung ermöglichen würde. Religionsminister Ali macht mit demagogischen Erklärungen gegen religiöse Minderheiten Wahlkampf auf dem Rücken der Christen, Ahmadiyyah und Schiiten." So gibt Ali regelmäßig den Minderheiten die Schuld für Übergriffe auf Gotteshäuser und rät Ahmadiyyah zum Glaubensübertritt und zur Aufgabe ihres vermeintlichen Irrglaubens.

In den letzten fünf Wochen sind erneut fünf Kirchen auf Anordnung der Behörden geschlossen worden. Zuletzt wurde am 4. Dezember im Pangkep Distrikt auf der Insel Süd-Sulawesi die protestantische "Christliche Kirche von Süd-Sulawesi (GKSS)" niedergerissen. In dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Erde mussten im Jahr 2012 mindestens 50 Kirchen auf Anweisung der Behörden ihre Türen für immer schließen. Viele der Kirchen wurden unter Protest der Gläubigen abgerissen. Die von islamistischen Bewegungen betriebenen Kirchen-Schließungen werden mit mangelnden Baugenehmigungen begründet. Die Nationale Menschenrechts-Kommission Indonesiens wies jedoch darauf hin, dass 85 Prozent aller Moscheen, Kirchen und Tempel ohne offizielle Genehmigung errichtet wurden. Moscheen wurden bislang jedoch nicht geschlossen oder abgerissen.

"Wir befürchten, dass in dem Wahljahr 2014 die Übergriffe gegen religiöse Minderheiten noch weiter zunehmen werden", erklärte Delius. Denn religiöse Extremisten versuchen mit Gewalt gegen Christen und Ahmadiyyah billig Wahlkampfwerbung zu machen. Im April und Juli 2014 finden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Indonesien statt.

"Wie wichtig der Appell zu mehr Toleranz ist, zeigen erschreckende jüngste Zahlen", erklärte Delius. So haben die Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und religiösen Gemeinschaften in Indonesien im Jahr 2013 um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Bei 153 Auseinandersetzungen starben 203 Menschen.

Rund 5,7 Prozent der Bevölkerung sind Katholiken und 3 Prozent Protestanten.

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 5 Januar 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2014