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ASIEN/519: Bis zu 26 Uiguren bei Polizei-Einsatz in China getötet - Unabhängige Untersuchung gefordert


Presseerklärung vom 26. August 2013

Bis zu 26 Uiguren bei Polizei-Einsatz getötet: Unabhängige Untersuchung gefordert

Warnung vor noch mehr Gewalt in Nordwest-China



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat eine unabhängige Untersuchung eines Polizei-Einsatzes im Nordwesten Chinas gefordert, bei dem nach Berichten von Augenzeugen bis zu 26 muslimische Uiguren und ein Polizist getötet wurden. Der Vorfall, der erst jetzt bekannt wurde, ereignete sich am 20. August. Die Polizisten hatten in der Nähe des Ortes Yilkiqi im Bezirk Kashgar in der Autonomen Region Xinjiang das Feuer auf die Uiguren eröffnet.

"Der Tod von so vielen Uiguren wird den Kreislauf der Gewalt in der Konfliktregion weiter anheizen, wenn die Hintergründe des Polizei-Einsatzes nicht offengelegt werden", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Die chinesischen Behörden sprechen von einem Antiterror-Einsatz, ohne weitere Details über die Opfer mitzuteilen. Man habe Messer und Äxte bei den Uiguren gefunden und es handele sich um "Terroristen", die ausgeschaltet worden seien, berichten Polizisten zur Rechtfertigung ihres gewaltsamen Einsatzes. Bewohner des nahegelegenen Yilkiqi hingegen erklärten, die Uiguren seien zum Gebet in der Wüste gewesen, dort von Polizisten eingekreist und erschossen worden. Es habe keine Überlebenden gegeben und die Toten seien noch nicht einmal in das Dorf überführt, sondern direkt vor Ort von Bulldozern verscharrt worden.

"Sollten die Schilderungen der Dorfbewohner zutreffend sein, dann ist hier ein Massaker verübt worden, für das es auch in chinesischen Gesetzen keine Rechtsgrundlage gibt", erklärte Delius. "Die Hintergründe der Bluttat müssen jetzt dringend aufgeklärt werden." Denn jeder Übergriff von Sicherheitskräften schürt neue Gewalt von Einzeltätern, die sogar mit Brot- oder Obstmessern auf Polizisten oder Han-Chinesen losgehen. Die Behörden hatten daher im Juli 2013 alle Küchenmesser in Xinjiang verboten, deren Klinge länger als 15 Zentimeter ist.

Die Gewalt in Ostturkestan, wie die muslimischen Uiguren ihre Heimat bezeichnen, hat im Jahr 2013 massiv zugenommen. So starben Ende Juni im Bezirk Turpan bis zu 46 Menschen, als Uiguren Polizeiwachen angriffen, nachdem zwei junge Uiguren von Polizisten erschossen worden waren und die Behörden jede Untersuchung des Vorfalls abgelehnt hatten. Im gleichen Monat starben im Bezirk Hotan 15 Uiguren. Polizisten hatten das Feuer auf Demonstranten eröffnet, die die Freilassung eines inhaftierten religiösen Führers und die Wiedereröffnung ihrer von den Behörden geschlossenen Moschee forderten. Weitere drei Uiguren waren am 7. August von Polizisten bei einer Gebetfeier von Muslimen anlässlich des Endes des Fastenmonats Ramadan im Bezirk Aksu erschossen worden.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2013