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ASIEN/503: Bangladesch - Glaubensfreiheit religiöser Minderheiten in Gefahr


Presseerklärung vom 6. Mai 2013

Bangladesch: Massenproteste von Islamisten

Glaubensfreiheit religiöser Minderheiten in Gefahr



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor einer Einschränkung der Glaubensfreiheit in Bangladesch und fordert besseren Schutz für bedrängte Hindu, Christen und Buddhisten. "Bangladesch droht ein Exodus der religiösen Minderheiten, wenn dort die Religionsfreiheit nicht wirksamer gesichert und die Menschen vor Übergriffen radikaler Islamisten nicht besser geschützt werden", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Brennende Tempel, Geschäfte und Wohnhäuser von Hindu und Buddhisten sowie Rufe nach Einführung des islamischen Scharia-Rechts schüren ein Klima der Angst unter Hindu, Christen und Buddhisten." Mehrere hunderttausend islamistische Demonstranten hatten am Sonntag bei Massenprotesten in der Hauptstadt Dhaka die Umsetzung eines 13-Punkte-Planes zur Islamisierung des Landes gefordert.

Premierministerin Sheikh Hasina betont zwar die Glaubensfreiheit und den Schutz aller Religionen in dem zu 90 Prozent muslimischen Land. Sie lehnt auch die Einführung von Blasphemie-Paragraphen und andere Forderungen nach einer stärkeren Islamisierung der Gesellschaft ab. "Doch die schleichende Islamisierung Bangladeschs nimmt immer erschreckendere Ausmaße an", berichtete Delius. "Auch ohne Blasphemie-Paragraphen wird es für Blogger und Journalisten immer gefährlicher, sich kritisch zu Fragen des Islam zu äußern. Mehreren Bloggern drohen Strafverfahren und sie müssen um ihr Leben fürchten, weil sie die Islamisierung kritisierten."

Doch nicht nur Islam-Kritiker, sondern auch einfache Angehörige religiöser Minderheiten müssen um Leben und Eigentum fürchten. Vor allem Hindu und Buddhisten und ihre religiösen Einrichtungen sind zur Zielscheibe von Angriffen radikaler Islamisten geworden. Allein seit Februar 2013 wurden 50 hinduistische Tempel, 1.500 Wohnhäuser und 300 Geschäfte zerstört oder niedergebrannt. Ausgelöst wurde diese jüngste Welle der Gewalt durch die Verurteilung des Führers der radikal-islamischen Jamaat-e-Islami-Partei, Delwar Hossain Sayeedi, zum Tod am 28. Februar 2013. Die Strafe verhängte ein Kriegsverbrechertribunal, das Verbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 ahndet. Auch zahlreiche buddhistische Tempel wurden seither bei Angriffen mutmaßlicher Islamisten zerstört.

Aufgrund fehlenden Schutzes geht der Anteil der religiösen Minderheiten an der Gesamtbevölkerung immer weiter zurück. Gehörten vor der Gründung des Staates Bangladesch 1971 noch rund 30 Prozent der Bevölkerung religiösen Minderheiten an, so ist ihr Anteil bis 2012 auf 9,7 Prozent gesunken. Die größte Gruppe unter den religiösen Minderheiten stellen heute die Hindu. Christen machen nur 0,3 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Auch Christen sind tief verängstigt, jedoch bislang wegen ihrer geringen Zahl kaum Opfer der Gewalt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. Mai 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2013