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ASIEN/370: Burma - Kämpfe im Osten des Landes eskalieren


Presseerklärung vom 9. November 2010

Burma: Kämpfe im Osten des Landes eskalieren

Vereinte Nationen sollen Sondergesandten zur Vermittlung entsenden


Nach dem Ausbruch von Kämpfen im Osten Burmas hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) UN-Generalsekretär Ban Ki-moon aufgefordert, seinen Sondergesandten für Myanmar, Tomas Quintamar, in das südostasiatische Land zu entsenden. Er solle zwischen den Konfliktparteien vermitteln und so eine weitere Eskalation der Auseinandersetzungen zwischen burmesischer Armee und Kämpfern der Freiheitsgruppen ethnischer Minderheiten des Vielvölkerstaates verhindern. "Wenn nun nicht schnell gehandelt wird, droht eine Ausweitung der Kämpfe in den Minderheiten-Gebieten", mahnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Bei den gestrigen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Karen-Rebellen und burmesischen Soldaten starben mindestens 30 Personen. Rund 10.000 Karen flohen aufgrund der Gewalt in das benachbarte Thailand. Burma drohe zunehmende Gewalt und ein Exodus von Flüchtlingen.

"Im Osten Burmas stehen alle Zeichen auf Krieg", erklärte Delius. Letzte Woche haben sich fünf Freiheitsbewegungen der Volksgruppen der Karen, Mon, Chin, Karenni und Kachin zu einer neuen "föderalen Armee" verbündet, um die Junta zu stürzen. Nach 16 Jahren internen Streits unter den Karen-Rebellen, bot nach den gestrigen Kämpfen die einflussreichere Karen National Union (KNU) der Demokratischen Buddhistischen Karen Armee (DKBA) erstmals Waffenhilfe an. Die rund 1.000 Personen zählende 5. Brigade der DKBA kämpft seit Montagmorgen im Grenzgebiet von Burma und Thailand gegen die burmesische Armee.

"Die Wahlen schüren neue Gewalt, da die Militärjunta im Vorfeld des Votums ultimativ alle Freiheitsbewegungen ethnischer Minderheiten aufgefordert hat, sich aufzulösen und der offiziellen 'Grenzwacht' Burmas anzuschließen", informierte Delius. Dies ist für die ethnischen Minderheiten eine Provokation, da die Militärregierung damit de facto die Waffenstillstandsverträge aufgekündigt hat, die es Mitte der 90er-Jahre mit 17 Freiheitsbewegungen der Nationalitäten geschlossen hat. "Doch mit einer gewaltsamen Auflösung der Freiheitsbewegungen werden die Probleme des Vielvölkerstaates nicht gelöst. Die Minderheiten bestehen darauf, dass sie endlich mehr Autonomie bekommen, wie ihnen bereits 1948 versprochen wurde", erklärte Delius.

"Fixiert auf das Schicksal der unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat die internationale Gemeinschaft offensichtlich die sich zuspitzende Lage in den Nationalitätengebieten unterschätzt", kritisierte Delius. Jeder dritte Bewohner des Landes gehört jedoch den ethnischen Minderheiten an. "Ohne Frieden und Gerechtigkeit in den Nationalitätengebieten wird Burma nicht zur Ruhe kommen", erklärte Delius.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 9. November 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. November 2010