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ASIEN/231: Iran - Sicherheitskräfte verschleiern Foltertod eines jungen Kurden


Presseerklärung vom 22. Januar 2008

Iran: Sicherheitskräfte verschleiern Foltertod eines jungen Kurden


Mit großer Bestürzung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gestern vom Tod des kurdischen Studenten Ibrahim Lutfullahi aus der iranischen Provinz Kordestan erfahren. Er kam Mitte Januar 2008 in der kurdisch-iranischen Stadt Sanandadsch ums Leben, nachdem er bereits am 6. Januar von Pasdaran (Revolutionswächtern) auf dem Rückweg von der Universität nach Hause festgenommen worden war. "Seine Familie geht davon aus, dass er in der Haft zu Tode gefoltert wurde", erklärte Kamal Sido, Nahost-Referent der GfbV.

Wann genau Ibrahim Lutfullahi starb, sei nicht bekannt. Am 15. Januar hätte ein Büro des Ministeriums für Geheimdienste (MOIS) in Sanandadsch den Eltern mitgeteilt, dass sie die Leiche ihres Sohnes abholen sollen. Dann aber sei der Leichnam noch vor dem Eintreffen der Eltern beerdigt worden, so dass Folterspuren nicht mehr nachgewiesen werden konnten. "Dieses Verhalten ist in Fällen, in denen die wirkliche Todesursache von Gefangenen der Pasdaran verschleiert werden soll, keine Seltenheit", meinte Sido.


Hintergrundinformation:

Im Vielvölkerstaat Iran leben neben Persern auch Aseri, Kurden, Araber, Belutschen, Turkmenen, Assyroaramäer sowie andere kleinere ethnische und religiöse Minderheiten. Die nichtpersischen Nationalitäten stellen weit mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Als eigenständige Völker mit eigener Sprache, Kultur und Geschichte werden sie nicht anerkannt sondern im Iran bewusst als "ethnische Gruppen" bezeichnet. Sie alle leiden unter Unterdrückung und Diskriminierung. Das Siedlungsgebiet der Kurden im Iran umfasst die vier Provinzen Kermanshah, Ilam, Westaserbaidschan sowie Kurdistan im Westen des Landes und hat mit seinen 10 Mio. Einwohnern eine Gesamtfläche von ca. 125.000 km2. Beinahe 98% der Kurden im Iran bekennen sich zum Islam. 75% von ihnen sind Sunniten, 25% Schiiten. Menschenrechte, Demokratie und regionale Selbstverwaltung für die Kurden in einem demokratischen föderalen Iran - das ist das erklärte Ziel der kurdischen politischen Parteien im Iran.

Die Pasdaran, bekannt auch als Revolutionsgarden der Islamischen Revolution, ist eine iranische Militärorganisation, die von dem 1989 verstorbenen iranischen Revolutionsführer Ajatollah Chomeini 1979 gegründet wurde. Sie entwickelten sich zu einer der wichtigsten Institution des Iran und haben die Aufgabe die Kritiker der Islamischen Republik im Innen- und Ausstand zu bekämpfen. Auf ihr Konto gehen auch politische Morde in Europa. So wurden durch ihre Mitglieder bzw. in ihrem Auftrag Dr. Abdul Rahman Ghassemlou Chef der Demokratischen Partei Kurdistans-Iran am 13. Juli 1989 in Wien getötet. Auch das sogenannte Mykonos-Attentat vom 17. September 1992, bei dem vier kurdisch-iranische Exilpolitiker getötet worden sind, soll von den iranisch Revolutionsgarden geübt worden sein.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 22. Januar 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2008