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AFRIKA/643: Nigeria - 3. Jahrestag der Verschleppung der Chibok-Mädchen


Presseerklärung vom 12. April 2017

Chibok-Schülerinnen seit drei Jahren verschleppt (14.4.):

- Nigeria soll mehr für Freilassung der Entführten tun
- Mehr Rücksicht auf Zivilisten im Kampf gegen Boko Haram


Zum dritten Jahrestag der Entführung der Chibok-Schülerinnen in Nigeria hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mehr Anstrengungen für die Freilassung der Verschleppten gefordert. 195 der 219 am 14. April 2014 von der islamistischen Terrororganisation Boko Haram entführten Mädchen und jungen Frauen sind noch immer verschwunden. Die GfbV verlangte auch mehr Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung im Kampf gegen Boko Haram und eine nachhaltige Bekämpfung der Ursachen der Gewalt. "Das schreckliche Schicksal der Chibok-Mädchen steht beispielhaft für das Schicksal der gesamten Zivilbevölkerung im Nordosten Nigerias, die zwischen dem Terror Boko Harams und dem Gegenterror der Armee zerrieben wird. Zudem werden ständig weitere Zivilisten von der Terrorgruppe entführt, so zuletzt Anfang April erneut 22 Mädchen und Frauen", berichtete der GfbV-Afrikaexperte Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Dass heute in den Nachbardörfern Chiboks Frauen entführt werden, ist ein deutliches Zeichen dafür, wie wenig Nigerias Strategie zu einem dauerhaften Frieden führen wird."

Mit Sorge hat die GfbV zur Kenntnis genommen, dass die US-Regierung am Dienstag dem Verkauf von bis zu zwölf A-29 Super Tucano-Kampfflugzeugen an Nigeria zugestimmt hat. Sie sollen im Kampf gegen Boko Haram eingesetzt werden. "Mit diesen neuen Kampflugzeugen wird die nigerianische Luftwaffe noch mehr auf Flächen-Bombardements von Regionen und Dörfern setzen, in denen Boko-Haram-Kämpfer vermutet werden. Das ist eine große Gefahr für alle, die von der Terrorgruppe verschleppt wurden, sowie für die in ihrem Einflussbereich lebende Zivilbevölkerung", warnte Delius.

Der umstrittene Verkauf der Flugzeuge war von der Obama-Regierung ausgesetzt worden, nachdem die nigerianische Luftwaffe im Januar 2017 irrtümlich ein Flüchtlingslager angegriffen hatte, in dem gerade Hilfsgüter verteilt wurden. Bei der Attacke verloren mehr als 90 Zivilisten ihr Leben. Nach eigenen Angaben hat Nigerias Luftwaffe im Jahr 2016 mehr als 2.100 Einsätze gegen Boko Haram geflogen. Menschenrechtsorganisationen werfen der nigerianischen Armee seit Jahren vor, im Kampf gegen die Terrorgruppe nicht ausreichend Rücksicht auf den Schutz der Zivilbevölkerung zu nehmen.

Von den ursprünglich 219 in Chibok entführten Schülerinnen wurden im Oktober 2016 nach Verhandlungen mit Boko Haram 21 Mädchen freigelassen. Bis heute werden sie von Nigerias Behörden an einem geheimen Ort festgehalten. So soll eine erneute spektakuläre Entführung vermieden werden, heißt es zur Begründung. Nach Auffassung der GfbV werden die Schülerinnen so jedoch doppelt bestraft. Deshalb fordert die Menschenrechtsorganisation nachdrücklich ihre sofortige Freilassung.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 12. April 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2017

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