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AFRIKA/543: Biafra / Nigeria - Proteste blutig niedergeschlagen


Presseerklärung vom 3. Dezember 2015

Neun Tote bei Niederschlagung von Protesten in Biafra

- Nigeria: Biafra-Frage lässt sich nicht mit Gewalt lösen
- Nigeria soll Demonstranten nicht kriminalisieren


Nach dem blutigen Einsatz von Sicherheitskräften gegen Demonstranten in Nigeria mit mindestens neun Toten hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine politische Lösung der Biafra-Frage gefordert und nachdrücklich vor einer Kriminalisierung friedlicher Demonstranten gewarnt. "Die zunehmenden Proteste in Biafra einfach nur als "Sicherheitsproblem" abzutun ist kurzsichtig, die politischen, sozialen und historischen Hintergründe dürfen keinesfalls ignoriert werden", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Nigerias Politiker müssen sich fragen lassen, warum sie die Unzufriedenheit der Bevölkerung im Südosten des Landes jahrelang ignoriert und den Völkermord in Biafra 1967 bis 1970 tabuisiert haben. So sind sie mitverantwortlich für die Eskalation der Spannungen in Biafra."

Am Mittwoch waren neun biafranische Demonstranten von Sicherheitskräften getötet und acht Menschen verletzt worden, als ihre friedliche Blockade der Zufahrtswege in die Stadt Onitsha aufgelöst wurde. Rund 40.000 Unterstützer der biafranischen Bewegungen "Movement for the Actualization of Sovereign State of Biafra (MASSOB)" und "Indigenous People of Biafra (IPOB)" hatten bereits am Dienstag mit der Blockade einer Brücke und der Zufahrt nach Onitsha begonnen, um die Freilassung des inhaftierten Direktors von Radio Biafra zu erreichen. Nnamdi Kanu, der auch die IPOB anführt, war am 17.Oktober 2015 vom Nigerianischen Staatssicherheitsdienst DSS wegen staatsfeindlicher Verschwörung und Zugehörigkeit zu einer illegalen Organisation festgenommen worden. Dem aus Großbritannien ausstrahlenden Radio Biafra wird von den Behörden vorgeworfen, öffentlich für eine Loslösung Biafras aus dem Staat Nigeria zu werben und zur Gewalt aufzurufen.

Augenzeugen berichteten der GfbV, dass der Protest auf den Zufahrtsstraßen friedlich verlief, bis die Sicherheitskräfte intervenierten. Gezielt sei von Soldaten, Polizisten und Zivilschutz das Feuer auf die Demonstranten eröffnet worden. "So ein brutales und eskalierendes Vorgehen ist der größten Demokratie Afrikas nicht würdig, egal ob man die Ziele der MASSOB und IPOB teilt oder nicht", erklärte Delius. "Demokratien müssen es aushalten können, dass Regierungskritiker auf den Straßen friedlich ihre Meinung äußern. Ein Schusswaffen-Einsatz mit scharfer Munition gegen friedliche Demonstranten ist nicht verhältnismäßig, auch wenn es durch die Blockade zu Störungen des Geschäftslebens kam."

"Mit großer Besorgnis verfolgen wir, dass 137 Demonstranten der MASSOB und IPOB festgenommen und gegen sie Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Die Kriminalisierung friedlicher Demonstranten wird die Biafra-Krise nur weiter schüren", befürchtet Delius. Nachdrücklich forderte die GfbV die Freilassung aller Festgenommenen, die keine Gewalttaten begangen haben.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 3. Dezember 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2015

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