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AFRIKA/306: Somalia - Kriegsparteien verletzen humanitäres Völkerrecht - Hungerhilfe blockiert


Presseerklärung vom 19. September 2011

Hungersnot in Somalia:

Kriegsparteien in Somalia verletzen humanitäres Völkerrecht und ignorieren Leid von Zivilisten


Alle Konfliktparteien im Bürgerkrieg in Somalia ignorieren das Leid der hungernden Zivilbevölkerung und verletzen systematisch humanitäres Völkerrecht. Diesen schweren Vorwurf erhebt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) sowohl gegen die radikal-islamische Al Shabaab-Miliz als auch gegen die von der Europäischen Union unterstützte Übergangsregierung (TFG) Somalias und die mit ihr verbündete Ahlu Sunna-Miliz. Der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius sagte am Montag in Göttingen: "Beide Seiten verwehren Helfern den Zugang zur Not leidenden Zivilbevölkerung und setzen ungeachtet der eskalierenden Hungersnot auf eine Ausweitung der Kämpfe. Damit nehmen sie bewusst den Tod von mehreren hunderttausend Menschen in Kauf. Das ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit."

Die Ahlu Sunna-Miliz hat am vergangenen Wochenende den totalen Krieg gegen die Rebellenbewegung ausgerufen. Jeder werde getötet, der Kontakte zu Al Shabaab habe, erklärte der Vorsitzende des Exekutivkomitees der Bewegung in Zentralsomalia, Sheikh Mohamed Yusuf Hefow. Auch die TFG setzt trotz der Ausweitung der Hungersnot weiter auf Krieg. Schon im Juli und August hatte sie rücksichtslos mit immer neuen Militäroffensiven versucht, Al Shabaab militärisch zu zerschlagen. Dass dies die Lage der in die umkämpfte Hauptstadt strömenden Hungernden dramatisch verschlimmerte, war der Übergangsregierung offensichtlich gleichgültig.

Regierungssoldaten hinderten am vergangenen Dienstag und Donnerstag Helfer aus Somalia und der Türkei daran, Notleidende in Gebieten zu versorgen, die von den Rebellen kontrolliert werden. Der Schutz der Mitarbeiter der Hilfsorganisationen könne nicht gewährleistet werden, verlautbarten die Behörden. Die TFG hatte im August 2011 verlangt, dass ausländische Helfer bei ihren Einsätzen von Regierungssoldaten begleitet werden. "Eine absurde Forderung, die die Neutralität, Arbeit und Sicherheit der Helfer gefährdet. Denn keine Rebellenbewegung würde unter diesen Bedingungen eine humanitäre Versorgung der Zivilbevölkerung gestatten", sagte Delius.

Auch Al Shabaab verwehrt in den von ihr kontrollierten Gebieten humanitären Helfern immer wieder Zugang zu Notleidenden. Darüber hinaus plündern und beschlagnahmen Rebellen wahllos Nahrungsmittelvorräte von Bauern, die dringend für die Versorgung der Zivilbevölkerung benötigt werden. Mit willkürlichen Drohungen, Einschüchterungen und drakonischen Strafen verbreitet Al Shabaab unter der Zivilbevölkerung Angst und Schrecken.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 19. September 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2011