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AFRIKA/187: Ruandas Kagame-Regime steht nicht für Menschenrechte


Presseerklärung vom 12. November 2008

Deutschlands Beziehungen zu Ruanda erreichen Tiefpunkt

Ruandas Kagame-Regime steht nicht für Menschenrechte:
Bundesregierung und Rheinland-Pfalz sollen Ruanda-Politik überdenken


Nach der Ausweisung des deutschen Botschafters aus Ruanda hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch gefordert, die Beziehungen zu dem afrikanischen Staat zu überdenken. "Die Schattenseiten des autokratischen Kagame-Regimes dürfen nicht länger ignoriert werden", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Noch immer werde Ruanda nicht nur im Partnerland Rheinland-Pfalz, sondern auch von der Bundesregierung als Vorzeigemodell gepriesen. Verteidigungsminister Franz-Josef Jung habe sogar noch im April 2008 mit dem ruandischen Präsidenten über die Aufnahme militärischer Zusammenarbeit beraten. Dabei würden massive Menschenrechtsverletzungen in Ruanda ignoriert. Nicht erst die Kabuye-Affäre habe deutlich gemacht, dass sich die Regierung Kagame mit der Anerkennung von Rechtsstandards sehr schwer tue. Zwar gehe es nicht darum, die Beziehungen einzufrieren, aber ein realistischerer Umgang mit Ruandas Staatsführung sei dringend erforderlich.

"Noch immer werden Menschenrechte in Ruanda rigoros beschnitten, Meinungs-, Presse- und Vereinigungsfreiheit nicht zugelassen", sagte Delius. Ruanda rangiere auf dem Presse-Index der Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" unter den 28 schlimmsten Feinden der Pressefreiheit in der Welt (Platz 145 von 173). Wer das Handeln des autoritären Regimes in Frage stelle, müsse Repressionen fürchten. So muss der ehemalige Minister und Kagame-Kritiker Charles Ntakiontinka noch bis 2012 eine Haftstrafe verbüßen. Er war im Jahr 2002 in einem unfairen Gerichtsverfahren zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er mit "kriminellen Elementen zusammengearbeitet" habe. Er hatte mit führenden Regimekritikern gewagt, eine Oppositionspartei zu gründen.

Ruanda habe zwar gute Gesetze, die jedoch von den staatlichen Sicherheitsbehörden immer wieder missachtet würden. So werde Polizisten exzessive Gewalt und Folter vorgeworfen. Auch würden internationale Standards für faire Gerichtsverfahren missachtet. Die jüngste Justizreform habe nicht sicherstellen können, dass die Gerichte frei von Willkür seien und staatliche Stellen die Unabhängigkeit der Justiz respektierten.

"Das Ansehen der Opfer des Völkermords in Ruanda wird massiv beschädigt durch die unwürdige Schlammschlacht, die sich Frankreich und Ruanda bei der juristischen Bewertung ihrer Verantwortung für den Genozid liefern", kritisierte Delius. Bei dem Völkermord waren 1994 rund eine Million Menschen in Ruanda getötet worden. Nach der Aufnahme von Strafermittlungen in Frankreich im Jahr 2006, die nun zur Festnahme von Kagames Protokollchefin Rose Kabuye führten, hatte Ruanda wiederum eine Kommission eingesetzt, um Frankreichs Verwicklung in den Genozid zu klären. Ihr 500 Seiten starker Bericht belastet 33 führende französische Politiker und Militärs schwer. Paris reagierte entrüstet auf den Report. Zehn von Ruanda beschuldigte französische Offiziere reichten am 4. November 2008 Verleumdungsklage gegen Ruandas Regierung ein.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 12. November 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2008