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AFRIKA/177: Ägypten - Angriffe radikaler Muslime gegen Christen eskalieren


Presseerklärung vom 3. Juni 2008

Ägypten: Nach Mord an vier Kopten eskalieren Angriffe radikaler Muslime gegen Christen


Nach dem Mord an vier koptischen Christen in Kairo am vergangenen Mittwoch haben sich die Spannungen zwischen Muslimen und Christen in Ägypten verschärft. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) teilte am Dienstag mit, in der rund 210 Kilometer südlich von Kairo gelegenen Ortschaft Deir Abu Fana in der Provinz Minya hätten bewaffnete radikale Muslime am Samstag ein koptisches Kloster angegriffen. Drei Mönche wurden verschleppt, misshandelt und zum Teil schwer verletzt, bevor sie befreit werden konnten. Einen anschließenden friedlichen Protestmarsch von rund 300 Kopten habe die Polizei unter Einsatz ihrer Schusswaffen aufgelöst. Dabei soll ein Muslim getötet und vier Christen verletzt worden sein. Acht Kopten seien festgenommen worden, unter ihnen auch der koptische Bauunternehmer, der mit der Restaurierung des Klosters Abu Fana beauftragt wurde. Die Muslime wollen die Instandsetzung des Klosters und die Wiedererrichtung der Klostermauer verhindern.

"Die ägyptischen Behörden leugnen den religiösen Hintergrund der Auseinandersetzungen und behaupten, der Konflikt habe privaten Charakter", sagte der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. "Doch so soll vertuscht werden, dass die Lage zwischen Christen und Muslimen äußerst angespannt ist." Deshalb wende sich die GfbV am heutigen Dienstag an christliche Institutionen in 35 westlichen Ländern mit dem Appell, gegen die zunehmende Besorgnis erregende Diskriminierung der Christen in Ägypten zu protestieren. In Deir Abu Fana hat es bereits im Oktober 2007 einen ähnlichen Vorfall gegeben, bei dem 20 Personen verletzt wurden. In der Stadt leben viele Christen und es gibt dort verschiedene Klöster, die von den Kopten als besonders heilig verehrt werden.

Bereits am Mittwoch waren in dem Stadtviertel Zeitouna im Nordosten von Kairo der 60 Jahre alte Juwelier Makram Galil und drei seiner Angestellten erschossen worden. Die beiden Täter flüchteten nach der Tat auf einem Motorrad. Ersten Ermittlungen zufolge wurde nichts gestohlen. Der Stadtteil ist bekannt für seinen hohen christlichen Bevölkerungsanteil. Erst wenige Monate zuvor - im Herbst 2007 - waren die beiden koptischen Christen Sadak Jamak und Karam Andraus in dem christlichen Dorf El Kosheh südlich von Kairo ermordet worden.

Christen stellen mit acht bis zehn Millionen Menschen rund acht Prozent der etwa 79 Millionen ägyptischen Staatsbürger. In ihrer Mehrheit sind die Christen Kopten, vor allem orientalisch Orthodoxe. Es gibt aber auch einige koptische Katholiken. Die griechisch-orthodoxe, griechisch-katholischen und protestantisch-arabische Christen sind jeweils nur kleine Gemeinschaften.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 3. Juni 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2008