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NAHOST/263: Türkei - endlich Freispruch für Taner Kılıç


Amnesty International - Pressemitteilung vom 27. Februar 2025

Türkei - Endlich Freispruch für Taner Kılıç


Amnesty International feiert heute den Freispruch von Taner Kılıç, dem ehemaligen Vorsitzenden der türkischen Sektion der Menschenrechtsorganisation. Kılıç bedankt sich für die weltweite Unterstützung. Sein fast acht Jahre dauerndes Gerichtsverfahren ist ein erschreckendes Beispiel für die politisch motivierten Versuche der türkischen Behörden, Menschenrechtsverteidiger*innen zu kriminalisieren.

Taner Kılıç, ein Anwalt für die Rechte Geflüchteter und ehemaliger Vorsitzender der türkischen Sektion von Amnesty International, wurde im Juni 2017 festgenommen und mehr als 14 Monate lang inhaftiert. Obwohl es keinerlei glaubwürdige Beweise gab, wurde er im Juli 2020 wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" zu mehr als sechs Jahren Haft verurteilt. Das Ende des fast achtjährigen Leidensweges von Taner Kılıç fällt jedoch in eine neue Welle von Inhaftierungen, bei denen Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen, politische Aktivist*innen und andere zur Zielscheibe werden.

Der Freispruch erfolgte, nachdem der Kassationsgerichtshof die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft gegen die frühere Entscheidung des Gerichts, die unbegründete Verurteilung Taners aufzuheben, zurückgewiesen hatte.

"Für mich ist der Alptraum, der fast acht Jahren dauerte, endlich vorbei. Meine mehr als einjährige Inhaftierung hat bei meiner Familie ein schweres Trauma hinterlassen. Dieser unfaire Prozess war wie ein Damoklesschwert, das nicht nur über mir, sondern über der gesamten Menschenrechtsbewegung in der Türkei hing. Es war Sache der Staatsanwaltschaft, meine Schuld zu beweisen, doch der Prozess zog sich über Jahre hin, obwohl ich wiederholt meine Unschuld bewiesen habe", sagte Taner Kılıç.

"Diese schwierigen Jahre haben große Unsicherheit in mein Leben gebracht. Das Einzige, dessen ich mir während dieses Prozesses sicher war, war, dass ich im Recht und unschuldig war, und die Unterstützung aus aller Welt gab mir Kraft. Ich danke jeder und jedem einzelnen, die für mich eingetreten sind."

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International, sagt:

"Heute feiern wir das Ende von Taners qualvollem Leidensweg und dennoch haben wir gemischte Gefühle. Die Grausamkeiten, die Taner angetan wurden, die Jahre, die ihm und seiner Familie gestohlen wurden, können nie vergessen werden. Seine Hartnäckigkeit und sein Durchhaltevermögen, gepaart mit unserer Entschlossenheit, diese Ungerechtigkeit zu beenden, zeigen, dass wir Berge versetzen können, wenn wir uns zusammentun.

Taners langjährige Strafverfolgung ist ein Beispiel dafür, wie türkische Gerichte als Waffe eingesetzt werden, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, und für das anhaltende harte Vorgehen der türkischen Behörden gegen Rechte und Freiheiten und diejenigen, die sie verteidigen. Das eklatante Unrecht, dem er so lange ausgesetzt war, ist leider nur eines von vielen. Aber der Freispruch von Taner wird uns in unserem Kampf gegen die Beschneidung der Menschenrechte in der Türkei und für diejenigen, die sich von den Drohungen der Behörden nicht zum Schweigen bringen lassen, bestärken."


Hintergrund
Taner Kılıç ist Mitbegründer von Amnesty International in der Türkei. In den vergangenen 20 Jahren hat er eine entscheidende Rolle bei der Verteidigung der Menschenrechte als Teil dieser Organisation und der breiteren Menschenrechtsgemeinschaft in der Türkei gespielt.

Sein Freispruch erfolgt inmitten eines harten Durchgreifens der türkischen Behörden, bei dem Berichten zufolge gegen mehr als 1.600 Personen wegen ihrer angeblichen Verbindungen zum Peoples' Democratic Congress, einer Plattform für zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien, ermittelt wird. In der vergangenen Woche wurden in mehreren Provinzen mindestens 50 Personen festgenommen und 30 von ihnen unrechtmäßig unter dem Vorwurf des "Terrorismus" inhaftiert, nachdem sie zu ihren friedlichen Aktivitäten befragt worden waren, die mehr als ein Jahrzehnt zurücklagen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. Februar 2025
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030 / 420248-0, Fax: 030 / 420248-488
E-Mail: info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 28. Februar 2025

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