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MITTELAMERIKA/130: Honduras und Guatemala - Aktivisten in Gefahr


Amnesty International - 1. September 2016

Honduras und Guatemala - Aktivisten in Gefahr


01. September 2016 - Honduras und Guatemala gehören weltweit zu den gefährlichsten Ländern für Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, die sich für Landrechte und Umweltschutz einsetzen. Zu diesem Schluss kommt Amnesty International in einem neuen Bericht. Er erscheint sechs Monate nach dem Mord an der indigenen Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres.

Der Bericht "We defend the land with our blood" untersucht die zunehmende Bedrohung von Landrechtsaktivistinnen und -aktivisten und Umweltschützerinnen und Umweltschützer. Besonders gefährdet sind Einzelpersonen und Gemeinschaften, die sich für den Schutz der Umwelt gegen Bergbau, Abholzung und Wasserkraftprojekte wehren.

2015 wurden weltweit 185 Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, die sich für Landrechte und Umweltschutz einsetzen, umgebracht. 122 von ihnen in Lateinamerika. Im Hinblick auf die Gesamtbevölkerung weisen Honduras und Guatemala mit acht beziehungsweise zehn Morden die höchste Mordrate auf.

"Die Ermordung der Umweltaktivistin Berta Cáceres in Honduras und die mangelhafte Untersuchung dieser schrecklichen Tat senden ein fatales Signal aus: Es ist erlaubt jemanden umzubringen, der sich gegen wirtschaftliche Interessen auflehnt", sagt Erika Guevara-Rosas, Expertin für die Region Amerikas bei Amnesty International.

Tödliche Angriffe in Honduras

Die indigene Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres wurde am 2. März 2016 in ihrem Haus unweit der Hauptstadt Tegucigalpa ermordet.

Cáceres leitete die Indigenenorganisation "Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras" (COPINH). Seit 2013 setzte sie sich für den Erhalt des Flusses Gualcarque und gegen die potenziell negativen Auswirkungen eines geplanten Staudammes ein. Seit Beginn der Kampagne gegen den Staudamm erhielt sie Todesdrohungen, die nie richtig untersucht wurden. Die Behörden gewährten ihr keinen Schutz, obwohl die Interamerikanische Menschenrechtskommission dies von der Regierung verlangt hatte.

Nach dem Mord an Berta Cáceres nahmen Angriffe und Drohungen gegen Mitglieder von COPINH und deren Schwesterorganisation MILPAH ("Movimiento Indígena Lenca de La Paz Honduras") zu. Am 15. März 2016 wurde Nelson García, eine weitere Führungsperson von COPINH, nach einem Treffen mit der Gemeinde auf offener Straße erschossen.

Am 2. Mai 2016 wurde der Journalist Félix Molina in einem Taxi in Tegucigalpa erschossen. Kurz zuvor hatte er einen Artikel über die Ermordung von Berta Cáceres publiziert.

Schmutzkampagnen in Guatemala

In Guatemala kommt es regelmäßig zu Schmutzkampagnen gegen Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern, die sich für Landrechte und Umweltschutz einsetzen. Diese haben das Ziel, die Betroffenen zu diskreditieren und sie dazu zu bringen, ihr Engagement aufzugeben. Dabei kam es auch zu falschen Anklagen und Verfahren, um sie zum Schweigen zu bringen.

Gemeinschaften, die sich gegen Bergbauprojekte und andere Großprojekte einsetzen, sind besonders gefährdet. Vor wenigen Monaten wurde eine ehemalige Führungsperson der Organisation "Resistencia Pacífica La Puya", die gegen ein lokales Bergbauprojekt kämpft, bedroht. Die Frau geht davon aus, dass die Drohung sie von ihrem Widerstand gegen die Mine abbringen sollte.

Ungefähr zur gleichen Zeit publizierte eine der größten Tageszeitungen, "Prensa Libre", eine ganzseitige Anzeige. Darin bezichtigte ein leitender Vertreter der nationalen Minengesellschaft Menschenrechtsorganisationen des "Terrorismus". Auch dies trägt zur deren Stigmatisierung bei.

Wirkungsloser Schutz

Schutzmechanismen für Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger haben sich in beiden Ländern aufgrund des fehlenden politischen Willens und fehlender Ressourcen als wirkungslos erwiesen.

"Wie viele Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger wie Berta müssen noch sterben, bevor die Behörden endlich die Menschen schützen, die sich für den Erhalt der natürlichen Ressourcen und für den Schutz der Umwelt einsetzen? Wenn die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden, trägt dies zu einem Klima der Angst und Straflosigkeit bei, in welchem die Kriminalität weiter gedeihen kann", befürchtet Erika Guevara-Rosas von Amnesty International.


Der vollständige Bericht "We defend the land with our blood" (auf Englisch oder Spanisch) kann als PDF-Datei heruntergeladen werden unter:
https://www.amnesty.org/en/documents/amr01/4562/2016/en/

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Quelle:
Mitteilung vom 1. September 2016
https://www.amnesty.de/2016/9/1/honduras-und-guatemala-aktivisten-gefahr?destination=startseite
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2016

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