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MITTELAMERIKA/100: Kuba - Reformer und Verräter (ai journal)


amnesty journal 03/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Reformer und Verräter
Die politischen Verhältnisse auf Kuba ändern sich nur langsam.
Das bekommen auch Oppositionelle zu spüren.

Von Maja Liebing


Am 18. März jährt sich zum fünften Mal der so genannte "schwarze Frühling": Im Jahr 2003 wurden 75 Dissidenten festgenommen und in anschließenden Schnellverfahren zu Haftstrafen von bis zu 28 Jahren verurteilt. Es war die größte Verhaftungswelle unter Oppositionellen, die sich in Kuba in der jüngeren Geschichte ereignet hat. Dabei handelt es sich bei den Verurteilten um politische Aktivisten, die nur von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hatten. Keiner von ihnen hatte Gewalt angewandt oder dazu aufgerufen.

In den letzten anderthalb Jahren hat sich Kuba verändert. Die Ankündigung Fidel Castros Mitte Februar, nicht mehr für das Präsidentenamt zur Verfügung zu stehen, kam nicht überraschend. Denn bereits im Sommer 2006 hatte Fidel Castro, der fast 50 Jahre lang Staatschef des Landes war, aufgrund gesundheitlicher Probleme die Macht an seinen jüngeren Bruder Raúl Castro übergeben. Dieser gilt als pragmatischer und weltoffener. Eine Verbesserung der Menschenrechtslage ging mit dieser vorsichtigen Veränderung jedoch nicht einher. Zwar ließ Raúl Castro einige Dissidenten frei - allerdings nur wegen ihres schlechten Gesundheitszustands, oder weil ihre Haftstrafen ohnehin abgelaufen waren. Auch kündigte Kubas Außenminister an, das Land werde bald wichtige Menschenrechtsverträge ratifizieren - trotzdem erreichen ai nach wie vor Berichte über Verhaftungen von politischen Dissidenten, unabhängigen Journalisten und Kritikern.

So wurde Juan Bermudez Toranzo, Vizepräsident der Kubanischen Stiftung für die Menschenrechte, am 21. November vergangenen Jahres zusammen mit vier anderen Personen in seinem Haus festgenommen. Sie hatten mit einem Hungerstreik die Freilassung der politischen Gefangenen gefordert. Anfang Dezember drangen Polizisten gewaltsam in eine Kirche ein, schlugen auf eine Gruppe von Dissidenten ein und nahmen sieben von ihnen fest. Diese hatten zuvor öffentlich gegen die Verhaftung eines Mitstreiters protestiert. Während der Weihnachtstage wurden vorübergehend mehrere junge Aktivisten festgenommen, die sich für die Unabhängigkeit der kubanischen Universitäten eingesetzt hatten. Auch die Parlamentswahlen vom 20. Januar boten den Kubanern keine Möglichkeit, etwas an der politischen und gesellschaftlicher Situation im Land zu verändern. Die 614 Kandidaten - unter ihnen die Brüder Castro - wurden ohne Gegenkandidaten aufgestellt. So wurde der Sieg der seit 49 Jahren regierenden Kommunistischen Partei garantiert. Internationale Wahlbeobachter hatte die Regierung als "Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes" zurückgewiesen.

Seit einiger Zeit wird der Unmut über die herrschenden Zustände größer. Besonders Studenten zeigen sich zunehmend unzufrieden über die schlechten Lebensbedingungen und die mangelnden politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten.

Mitte Februar wurden erstmals vier politische Gefangene freigelassen und nach Spanien ausgeflogen, ohne, dass dies direkt auf ihren Gesundheitszustand oder die Verbüßung ihrer Haftstrafen zurückzuführen ist. Wenige Tage später kam die Ankündigung von Fidel Castros endgültigem Rückzug. Zeichen für einen Wandel auf der Insel? Angesichts der 58 in Haft verbleibenden politischen Gefangenen ist zu hoffen, dass die neue kubanische Führung Reformen einleiten wird, die den Schutz der Menschenrechte garantieren.

Die Autorin ist Sprecherin der Kuba-Ländergruppe von ai.

Weitere Infos unter: www.amnesty-kuba.de


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Quelle:
amnesty journal, März 2008, S. 27
Herausgeber: amnesty international
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E-Mail: info@amnesty.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2008