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GRUNDSÄTZLICHES/302: Historischer Vertrag - Waffenhandelskontrollvertrag (ai journal)


amnesty journal 04/05/2012 - Das Magazin für die Menschenrechte

Historischer Vertrag

von Katharina Spieß



Im Juli wird in New York ein historischer Vertrag verhandelt: Erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen beraten die Staaten der Welt über Regeln, die den internationalen Waffenhandel kontrollieren sollen.

Es ist erstaunlich: Während zum Beispiel detaillierte internationale Vereinbarungen darüber existieren, wie Astronauten im Falle einer "Weltallnot" gerettet werden sollen, gibt es zur Kontrolle des Handels mit konventionellen Waffen bis heute keine weltweite Regelung. Dabei ist der Waffenhandel längst globalisiert und seine Folgen sind fatal: Jedes Jahr werden weltweit Klein- und Leichtwaffen im Wert von knapp drei Milliarden Euro verkauft. Und jedes Jahr kommen infolge des unkontrollierten Waffenhandels etwa 300.000 Menschen durch Waffengewalt ums Leben - außerhalb von bewaffneten Konflikten. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass 60 Prozent aller von Amnesty International dokumentierten Menschenrechtsverletzungen mit Klein- und Leichtwaffen begangen werden.

Um dies zu ändern, ist ein internationaler Waffenhandelskontrollvertrag ("Arms Trade Treaty", ATT) dringend notwendig. Die bestehenden nationalen oder regionalen Regeln (wie z.B. der Gemeinsame Standpunkt der EU-Staaten zum Waffenexport) reichen nicht aus, denn sie kontrollieren nicht den Waffenhandel in allen Staaten der Welt. Außerdem werden sie noch viel zu häufig umgangen.

Ein Waffenhandelskontrollvertrag ist aber nur wirksam, wenn er den Transfer aller Rüstungsgüter verbietet, die die Menschenrechte oder das humanitäre Völkerrecht verletzen können oder die Armutsbekämpfung eines Landes gefährden. Zudem muss ein solcher Vertrag alle konventionellen Rüstungsgüter umfassen und schließlich müssen die Staaten jeden geplanten Waffenhandel prüfen und kontrollieren.

Erfreulich ist, dass sich die Bundesregierung für einen starken Waffenhandelskontrollvertrag einsetzt. Das ist gut, denn sie hat bei den internationalen Verhandlungen im Juli eine besondere Verantwortung, ist Deutschland doch der drittgrößte Waffenexporteur weltweit.

Gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen wird sich Amnesty in den nächsten Monaten mit aller Kraft dafür einsetzen, dass sich die Staaten auf einen starken ATT einigen. Es darf nicht so kommen wie 1925. Damals verhandelte die internationale Staatengemeinschaft zuletzt über einen internationalen Vertrag zur Waffenkontrolle - und scheiterte.

Katharina Spieß ist Amnesty-Expertin für Rüstung und Menschenrechte.

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Quelle:
amnesty journal, April/Mai 2012, S. 20-21
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2012