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GRUNDSÄTZLICHES/289: Mit Menschenrechten gegen Armut


Pressemitteilung des Internationalen Sekretariats von Amnesty International
London, 9. Juni 2010

Staaten dürfen in ihren Bemühungen zur Abschaffung der Armut die Menschenrechte nicht aus dem Blick verlieren


Regierungen laufen Gefahr, die ärmsten und ungeschütztesten Gruppen zu vernachlässigen, wenn nicht die Menschenrechte in den Mittelpunkt der Bemühungen zur Abschaffung der Armut gestellt werden, warnte Amnesty International heute. In einem Bericht, der sich mit der Frage befaßt, wie die Milleniumsentwicklungsziele (MEZ) zu erreichen seien, beleuchtet die Organisation, auf welche Weise Kernziele hinter bestehende internationale Menschenrechtsstandards zurückfallen. Der Bericht "Vom Versprechen zur Umsetzung" legt entscheidende Schritte dar, die Regierungen unternehmen können, um in den nächsten fünf Jahren in Hinsicht auf die Milleniumsentwicklungsziele einen bedeutenden Fortschritt zu erreichen.

Die Milleniumsentwicklungsziele versprachen den Ärmsten und den Ausgegrenztesten eine gerechtere Zukunft, aber nun wird auf schmerzliche Weise offensichtlich, daß die Regierungen die schwächsten Gemeinschaften im Stich lassen werden, wenn nicht schnellstens etwas geschieht", erklärte Claudio Cordone, der Interimsgeneralsekretär von Amnesty International.

"Die Botschaft für die Regierungen der Welt, wenn sie im September zusammenkommen um den Fortschritt bei der Umsetzung der MEZ zu prüfen, ist klar: Sie müssen jetzt handeln und die Menschenrechte ins Zentrum der Bemühungen stellen, das Leben der Armen zu verbessern."

Der Bericht fordert die Regierungen auf, Sorge zu tragen, daß alle MEZ-Initiativen mit den Menschenrechten vereinbar sind; die Diskriminierung, die Frauen erfahren, in Angriff zu nehmen; nationale Ziele festzulegen, die umzusetzen sind; Das Mitwirkungsrecht zu berücksichtigen und die Mechanismen der Rechenschaftspflicht zu stärken. Er wurde heute in New York auf einer Konferenz von Amnesty International zur Umsetzung des Rechts veröffentlicht, zu der Vertreter von Regierungen, der Zivilgesellschaft und der UNO sich treffen, um über die Bedeutung der Menschenrechte für das Erreichen der MEZ zu diskutieren. Drei Schwerpunktthemen - Gleichheit der Geschlechter, Gesundheit von Müttern und Slums - werden in dem Bericht hervorgehoben, um die Kluft zwischen den derzeitigen Rahmenbedingungen der MEZ und den internationalen Menschenrechtsstandards zu verdeutlichen.

In Bezug auf die Geschlechtergleichstellung zeigt der Bericht, daß die MEZ nicht garantieren, daß Regierungen bei allen festgelegten Zielen die Frauenrechte berücksichtigen, obwohl sie ein grundlegendes Element bei der Beseitigung von Armut darstellen. Geschlechtergleichheit taucht in den MEZ beschränkt auf ein einziges Ziel auf, nämlich der Eliminierung von Unterschieden in der Bildung. Schätzungen zufolge sind 70% der in Armut lebenden Menschen Frauen. Der Bericht dokumentiert, wie Frauen und Mädchen in allen Gesellschaften weiterhin unter Geschlechterdiskriminierung, Gewalt und anderen Menschenrechtsverletzungen leiden. Die Gesundheit von Müttern zu verbessern, ist dem Bericht zufolge ein Bereich, in dem es viel zu wenig Fortschritt gegeben hat. Die MEZ beziehen eine Vielzahl grundlegender Faktoren nicht mit ein, die zu Tod und Verletzung von Schwangeren führen. Menschenrechtsfragen so wie eine sehr frühe oder eine Zwangsverheiratung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen hindern Frauen daran, Entscheidungen für ihr Leben selbst zu treffen. Die MEZ berücksichtigen zudem nicht genügend die sexuellen und die reproduktiven Rechte. Von Peru bis Sierra Leone legt der Bericht die Barrieren dar, denen arme Frauen sich gegenübersehen, wenn sie versuchen, Zugang zur Müttergesundheitsversorgung zu erhalten.

Das MEZ, das Leben von mindestens 100 Millionen Slumbewohnern zu verbessern, wird angesichts dessen, daß im Jahr 2020 schätzungsweise 1,4 Milliarden Menschen in Slums leben werden, als grob unangemessen und schwach beschrieben. Das Ziel bleibt auch weit hinter den Verpflichtungen eines Staates unter den Internationalen Menschenrechten zurück. Amnesty International dokumentiert gewaltsame Vertreibungen von Gemeinschaften, die in Slums überall auf der Welt verteilt leben. Die Auswirkungen dieser gewaltsamen Vertreibungen sind katastrophal für die Menschen, die bereits in Armut lebten. Die MEZ ignorieren die entscheidenden Verpflichtungen von Staaten, Menschen vor diesen Gesetzesbrüchen zu schützen.

Von Burkina Faso bis zu den Favelas in Brasilien weist der Bericht auf das Defizit bezüglich der Rechenschaftspflicht hin, das es für Menschen, die in Armut leben, sehr schwer macht, Gerechtigkeit zu erlangen. Mechanismen, die die Rechenschaftspflicht verbindlich machen, existieren nicht oder sind Menschen, die in Armut leben, nicht zugänglich. "Menschenrechte haben eine zentrale Bedeutung für die Umsetzung der MEZ," meint Claudio Cordone. "Regierungen müssen dafür zur Verantwortung gezogen werden, daß ihre Anstrengungen zur Erreichung der Milleniumsziele mit den Menschenrechten vereinbar sind."


Diese Arbeit ist Teil der Kampagne von Amnesty International "Würde einfordern", deren Ziel es ist, die Menschenrechtsverletzungen zu beenden, die weltweit die Armut antreiben und vertiefen. Die Kampagne soll Menschen in aller Welt mobilisieren zu fordern, daß Regierungen, Unternehmen und andere, die über Macht verfügen, auf die Stimmen derer hören, die in Armut leben, sowie daß sie ihre Rechte anerkennen und schützen.

Weitere Informationen unter http://www.amnesty.org/en/demand-dignity

Die MEZ bleiben die bekannteste globale Initiative zur Beseitigung der Armut sind stammen aus der Melleniumserklärung, die vor 20 Jahren angenommen wurde. Die MEZ beziehen sich auf acht Bereiche:
(1) Extreme Armut und Hunger beenden; (2) weltweit eine Grundschulausbildung zu gewährleisten; (3) die Gleichstellung der Geschlechter fördern und die Rechte von Frauen stärken; (4) die Kindersterblichkeit verringern; (5) die Gesundheit der Mütter verbessern; (6) HIV/AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten bekämpfen; (7) den Schutz der Umwelt verbessern; (8) eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 9. Juni 2010
des Pressebüros von Amnesty International in London
Amnesty International, International Secretariat
1 Easton St., London WC1X 0DW, UK
Telefon: +44 20 7413 5566
E-Mail: press@amnesty.org
Internet: www.amnesty.org
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2010