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AKTION/963: Urgent Action - Bahrain - Drohende Misshandlung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-069/2012, AI-Index: MDE 11/013/2012, Datum: 28. Februar 2012 - gs

Bahrain
Drohende Misshandlung


ALI FEIFEL SAHAD AL-ALI, 18 Jahre alter Staatsbürger Kuwaits

Der kuwaitische Staatsangehörige Ali Feifel Sahad al-Ali, ein junger Mann im Alter von 18 Jahren, befindet sich derzeit auf einer Polizeiwache in Bahrain in Haft. Gegen ihn ist Strafanklage erhoben worden. Bei seiner Festnahme wurde Ali Feifel Sahad al-Ali nach eigenen Angaben von der Polizei geschlagen. Es besteht die Gefahr, dass er auch in der Haft misshandelt und möglicherweise gefoltert wird.

Der 18 Jahre alte kuwaitische Staatsbürger Ali Feifel Sahad al-Ali wurde am 12. Februar in der vor den Toren der Hauptstadt Manama gelegenen und von Schiiten bewohnten Ortschaft Beni Jamra festgenommen. Drei Tage zuvor war er gemeinsam mit seiner Familie in Bahrain eingetroffen, um dort Freunde zu besuchen. Am Tag seiner Festnahme wollten Ali Feifel Sahad al-Ali und seine Familie wieder nach Kuwait zurückkehren. Seine Familie berichtete, sie haben sich im Haus eines Freundes zum gemeinsamen Mittagessen getroffen. Ali Feifel Sahad habe vor dem Haus kurz eine Zigarette rauchen wollen und sei dort festgenommen worden. In der Gegend war es zuvor zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und dort wohnenden Jugendlichen gekommen.

Die Familie von Ali Feifel Sahad al-Ali erfuhr von einem Polizisten, den sie auf der Straße um Auskunft gebeten hatten, dass der 18-Jährige auf die Wache von al-Budaie' gebracht worden war. Als sie sich dort nach ihm erkundigten, wollten die PolizistInnen anfänglich nicht zugeben, Ali Feisel Sahad al-Ali auf der Wache in Haft zu halten. Die Familie beharrte jedoch auf einer Auskunft und erfuhr schließlich von einem anderen Polizisten, dass Ali Feisel Sahad al-Ali tatsächlich dort inhaftiert war und am folgenden Tag von der Staatsanwaltschaft vernommen werden würde. Als die Familie ihn schließlich nach der Vernehmung besuchen durfte, berichtete Ali Feisel Sahad al-Ali, er sei bei seiner Festnahme geschlagen worden. Im Gesicht und an den Händen konnte seine Familie noch die Spuren erkennen, welche die Schläge hinterlassen hatten.

Ali Feisel Sahad al-Ali wurde am 27. Februar einem Gericht für Strafsachen vorgeführt und wegen "böswilliger Sachbeschädigung" sowie "nicht genehmigter Versammlung" unter Anklage gestellt. Den Antrag seiner Rechtsanwälte auf Freilassung gegen Kaution lehnte der Richter ab. Auf der nächsten Anhörung am 8. März werden die Rechtsanwälte wohl Gelegenheit haben, sich zu den Anklagen gegen ihren Mandanten zu äußern. Ali Feisel Sahad al-Ali befindet sich derweil nach wie vor auf der Polizeiwache von al-Budaie in Haft.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Über die Zusammensetzung der Bevölkerung Bahrains gibt es keine offiziellen Statistiken jüngeren Datums. Die Schiiten machen nach vorherrschender Meinung zwischen 65 und 70 Prozent der bahrainischen Bevölkerung aus, bei den übrigen BewohnerInnen des Landes handelt es sich um Sunniten. Die Herrscherfamilie Al Khalifa, die Bahrain bereits seit mehr als 200 Jahren regiert und den größten Teil der Reichtümer des Landes kontrolliert, gehören der sunnitischen Glaubensrichtung an. Am 14. Februar 2011 setzten landesweit regierungsfeindliche Proteste vornehmlich der Schiiten ein, deren TeilnehmerInnen mehr Freiheiten, soziale Gerechtigkeit, politische und verfassungsrechtliche Reformen sowie ein Ende der Diskriminierung ihrer Bevölkerungsgruppe forderten. Auch einige Sunniten beteiligten sich an den Demonstrationen. An diesem ersten Protesttag wurde zum ersten Mal ein Teilnehmender von den Sicherheitskräften erschossen. In den Monaten nach Beginn der Demonstrationen vom 14. Februar 2011 durchlebte Bahrain eine akute Menschenrechtskrise. Die Sicherheitskräfte, die wiederholt mit übermäßiger Gewalt gegen friedliche Protestierende vorgingen, töteten rund 50 Menschen und fügten mehreren hundert Personen Verletzungen zu. Darüber hinaus wurden Hunderte Menschen verhaftet und vor Militärgerichte gestellt. Viele von ihnen gaben an, in der Haft gefoltert oder anderweitig misshandelt worden zu sein. Mehr als 4000 Protestierenden wurden die Arbeitsstellen gekündigt oder der Studienplatz entzogen. Am 23. November 2011 übermittelte die per königlichem Erlass vom 29. Juni ins Leben gerufene Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (BIC) dem König ihre Erkenntnisse. In ihrem Bericht kam die Kommission unter anderem zu dem Schluss, dass die Sicherheitskräfte übermäßige Gewalt gegen Demonstrierende angewandt haben, es verbreitet zu Folterhandlungen gekommen ist und zahlreiche Menschen vor Gericht gestellt oder bereits verurteilt worden sind, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrgenommen haben. Der Bericht enthielt eine Reihe von Empfehlungen, die der König umzusetzen zusicherte.

Die bahrainischen Behörden leiteten ansatzweise Schritte in diese Richtung ein. So wurde beispielsweise wegen Misshandlung von Gefangenen und Tötung von Protestierenden ein Verfahren gegen acht Polizisten (fünf pakistanische, ein jemenitischer und zwei bahrainische Staatsbürger) eingeleitet. Darüber hinaus holten die Behörden internationale Menschenrechtsexperten und Polizeisachverständige ins Land, um die einheimischen Polizeikräfte zu schulen. Zielführende Maßnahmen, um die Rechenschaftspflicht der Polizei zu gewährleisten, blieben jedoch allem Anschein nach aus. Offenkundig wurden bislang auch keinerlei Maßnahmen gegen hochrangige Angehörige von Polizei und Sicherheitskräften ergriffen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie dringend auf, Ali Feifel Sahad al-Ali entweder einer erkennbar strafbaren Handlung anzuklagen oder aber freizulassen.

- Ich darf Sie daran erinnern, dass es Ihre Pflicht ist, die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung zu achten.

- Stellen Sie bitte sicher, dass Ali Feifel Sahad al-Ali weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird.

- Veranlassen Sie bitte unabhängige Ermittlungen zur Aufklärung der von Ali Feifel Sahad a-Ali erhobenen Vorwürfe über Folterungen und anderweitige Misshandlungen.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa'a Palace
Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 176 64 587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah bin Ahmad Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 172 32 661

MINISTERIN FÜR SOZIALE ENTWICKLUNG UND MENSCHENRECHTE
Dr. Fatima bint Mohammed Al Balooshi
Ministry of Human Rights and Social Development
P.O. Box 32868, Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: pr@social.gov.bh


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. April 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urging the Bahraini authorities to release Ali Feifel Sahad al-Ali unless he is charged with a recognizably criminal offence.

- Remind the authorities to respect and uphold the rights to freedom of expression and peaceful assembly.

- Urging them to protect him from torture and other ill-treatment.

- Urging them to order an independent investigation into his allegations of torture and ill-treatment.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Ebenso wenig wurde die Öffentlichkeit über die Ergebnisse von Ermittlungen zur Aufklärung von Foltervorwürfen unterrichtet. Mehrere Privatunternehmen haben zwar angekündigt, wegen ihrer Teilnahme an Protestkundgebungen entlassene MitarbeiterInnen wieder einstellen zu wollen, Hunderte Menschen haben jedoch bislang nicht auf ihre Arbeitplätze zurückkehren können. Ebenso warten noch zahlreiche Studierende darauf, ihre Ausbildung wieder aufnehmen zu können. Was jedoch am meisten Anlass zur Sorge gibt, ist die unverhältnismäßige Gewalt, mit der die Sicherheitskräfte noch immer beinahe täglich gegen Protestierende vorgehen. Die Zahl der daraus resultierenden Todesfälle steigt weiter an. Überdies erreichen Amnesty International nach wie vor Berichte über Folter und Misshandlung.

Am 14. Februar 2012, dem Jahrestag der Proteste, wie auch in den vorausgegangenen und folgenden Tagen beteiligten sich in Manama und mehreren angrenzenden schiitischen Ortschaften erneute Hunderte Menschen an Demonstrationen. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Demonstrierenden ein und nahm zahlreiche Protestierende in Haft. Viele von ihnen kamen kurze Zeit später wieder frei, andere werden derzeit noch immer in zwei Polizeiwachen der Hauptstadt in Haft gehalten und sind in Gefahr, Folter oder Misshandlungen zu erleiden.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-069/2012, AI-Index: MDE 11/013/2012, Datum: 28. Februar 2012 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2012