Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/890: Urgent Action - Kolumbien - Morddrohungen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-018/2012, AI-Index: AMR 23/003/2012, Datum: 20. Januar 2012 - kf

Kolumbien
Morddrohungen


Herr ORLANDO VERBEL ROCHA, Mitglied von MOVICE
und Bruder von Eder Verbel Rocha

Der Menschenrechtler Orlando Verbel Rocha befindet sich in Lebensgefahr. Er erhielt eine Morddrohung, die ihm die Tochter seines verstorbenen Bruders, Eder Verbel Rocha, überbrachte. Sein Bruder war am 23. März 2011 von Paramilitärs in San Onofre im Norden Kolumbiens getötet worden. Orlando Verbel Rocha überlebte den Anschlag.

Am 16. Januar 2012 fuhr die Adoptivtochter von Eder Verbel Rocha mit ihren zwei jüngeren Geschwistern Fahrrad in einem Park in San Onofre im Departamento Sucre im Norden von Kolumbien. Ein Mann näherte sich ihr und sagte: "Man wird niemals die Schuldigen für Eders Tötung finden. Diejenigen, die sich in Haft befinden, werden freigelassen, egal was es kostet. Orlando ist diesmal davon gekommen aber er ist keineswegs sicher." Orlando Verbel Rocha hat den Anschlag, der am 23. März 2011 von zwei Paramilitärs verübt wurde, überlebt. Zwei Paramilitärs wurden im Zusammenhang mit der Tötung festgenommen. Die Angehörigen der Familie Verbel Rocha kämpfen gegen Straflosigkeit und Menschenrechtsverletzungen, die von Paramilitärs im Departamento Sucre begangen wurden. Sie sind seit 2006 Mitglieder der Regionalgruppe Sucre des Verbands "Nationale Bewegung für Opfer von staatlichen Verbrechen" (Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado - MOVICE). Die Familie erhält zudem immer wieder Drohungen, die im Zusammenhang mit einem Landkonflikt stehen könnten. Sie glaubt, dass sie durch die Drohungen zur Aufgabe ihres Grundbesitzes in der Gegend gebracht werden soll.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Vor den jüngsten Drohungen gegen die Angehörigen der Familie Verbel Rocha fand die Familie am 13. Dezember 2011 eine Grube auf ihrem Grundstück. Als sie dort tiefer gruben, fanden sie Kleidungsstücke und verständigten daraufhin die Polizei. Die Polizei erklärte, dass es aufgrund der Beschaffenheit der Kleidungsstücke, möglicherweise ein Grab sei, aus dem Leichen entfernt worden waren. Während die Familie und die PolizeibeamtInnen die Grube untersuchten, hörten sie drei Schüsse von einem etwa 100 Meter entfernten Nachbargrundstück. Die Familie befürchtet, dass die Schüsse sie von der Untersuchung des Grabs abhalten sollten. Streitkräfte, die in der Gegen stationiert sind und von der Polizei verständigt wurden, erklärten, dass in dieser Gegend oftmals Schüsse zu hören seien und sie diesen deshalb nicht nachgehen.

Am 23. März 2011 waren die Brüder Orlando Enrique Verbel Rocha und Eder Verbel Rocha sowie dessen Sohn mit dem Motorrad auf dem Heimweg aus San Onofre im Departamento Sucre im Norden von Kolumbien gewesen, wo sie tagsüber ihre Felder bestellt hatten. Ganz in der Nähe ihres Wohnorts schossen zwei Paramilitärs zunächst auf sie und schlugen sie dann mit Gewehren und traten sie. Eder Verbel Rocha wurde bei diesem Angriff tödlich verletzt. Orlando Verbel Rocha und der kleine Junge konnten fliehen und einige Soldaten der Marineinfanterie (Infantería de Marina) einschalten, die sich in der Nähe befanden. Daraufhin wurden die beiden Paramilitärs, die den Angriff auf die drei Personen verübt haben sollen, festgenommen. Sie befinden sich derzeit in Untersuchungshaft. Weitere Untersuchungen darüber wer die Tötungen angeordnet hat, blieben ohne Ergebnis.

MOVICE ist ein Zusammenschluss von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und setzt sich für Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Kolumbiens lang anhaltendem bewaffneten Konflikt ein. Die Mitglieder von MOVICE haben bereits viele Fälle von Tötungen und Verschwindenlassen in ganz Kolumbien dokumentiert und aufgedeckt, die auf das Konto von Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen gingen.

MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich für die Gerechtigkeit im Falle von Menschenrechtsverletzungen und dafür einsetzten, dass Grundbesitz zurückgegeben wird, der während des Konflikts hauptsächlich von paramilitärischen Gruppen, zum Teil in geheimer Absprache mit dem Militär, rechtswidrig vereinnahmt wurde, sind in den vergangenen Jahren wiederholt bedroht und getötet worden. Die meisten solcher Anschläge werden paramilitärischen Gruppen zugeschrieben. Allerdings nehmen auch Guerillagruppen MenschenrechtsverteidigerInnen und andere sozial engagierte AktivistInnen ins Visier, wenn sie durch sie ihre Interessen bedroht sehen.

Die paramilitärischen Gruppierungen in Kolumbien sind angeblich im Rahmen des von der Regierung finanzierten Demobilisierungsprozesses, der im Jahr 2003 begann, aufgelöst worden. Diese Gruppen operieren aber nach wie vor und begehen weiterhin schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen an MenschenrechtsverteidigerInnen und anderen Zivilpersonen. Manchmal geschieht dies sogar in geheimer Absprache mit den Sicherheitskräften oder mit deren Einverständnis.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fürchte um die Sicherheit von Orlando Enrique Verbel Rocha und seiner Familie sowie um die der übrigen Mitglieder von MOVICE. Sorgen Sie bitte dafür, dass in Übereinstimmung mit den Wünschen der Betroffenen umgehend wirksame Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

- Ich fordere Sie dringend auf, eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Tötung von Eder Verbel Rocha einzuleiten. Auch die früheren Angriffe auf die Familie Verbel Rocha müssen untersucht werden. Veröffentlichen Sie bitte die Ergebnisse dieser Untersuchung und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

- Ich appelliere an Sie, umgehend Schritte zur Auflösung paramilitärischer Gruppen einzuleiten, entsprechend den von der kolumbianischen Regierung eingegangenen Verpflichtungen und den Empfehlungen der UN und anderer zwischenstaatlicher Organisationen.


APPELLE AN

PRÄSIDENT
Sr. Presidente
Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño, Carrera 8
No. 7-26, Bogotá, KOLUMBIEN (korrekte Anrede: Dear President Santos/Excmo. Sr. Presidente Santos/Sehr geehrter Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631

INNEN- UND JUSTIZMINISTER
Sr. Germán Vargas Lleras
Ministerio del Interior y de Justicia,
Carrera 9a. No. 14-10, Bogotá, KOLUMBIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister Vargas/Estimado Sr. Ministro Vargas/Sehr geehrter Minister Vargas)
Fax: (00 57) 1 242 7400 (Wählen Sie bitte die Durchwahl 2351 und sagen Sie bitte: "Me da tono por favor").


KOPIEN AN

NGO MOVICE
Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado
Calle 38
No. 28A-30
Barrio Bogotá
Sincelejo, KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S.E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Kurfürstenstr. 84
10787 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. März 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Express concern for the safety of Orlando Enrique Verbel Rocha and other members of his family and MOVICE and urge the authorities to guarantee their safety in strict accordance with their wishes.

- Call on the authorities to order a full and impartial investigation into the killing of Eder Verbel Rocha and previous attacks on the Verbel Rocha family, publish the results and bring those responsible to justice.

- Urge the authorities to take immediate action to dismantle paramilitary groups and break their links with the security forces, in line with stated government commitments and recommendations made by the UN and other intergovernmental organizations.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-018/2012, AI-Index: AMR 23/003/2012, Datum: 20. Januar 2012 - kf
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach - 53108 Bonn
Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2012