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AKTION/801: Urgent Action - Dominikanische Republik - Migranten willkürlich des Landes verwiesen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-286/2011, AI-Index: AMR 27/004/2011, Datum: 21. September 2011 - gs

Dominikanische Republik
MigrantInnen willkürlich des Landes verwiesen


80 MIGRANTINNEN AUS HAITI

In der Dominikanischen Republik sind mindestens 80 haitianische MigrantInnen festgenommen und willkürlich des Landes verwiesen worden. Weiteren MigrantInnen aus Haiti droht ein ähnliches Schicksal.

Am frühen Morgen des 20. September um 5.00 Uhr nahmen MitarbeiterInnen der Einwanderungsbehörde in Ponton, einem Viertel der im Norden der Dominikanischen Republik gelegenen Stadt Navarrete, im Zuge einer Razzia mindestens 80 haitianische MigrantInnen fest. Aus Quellen vor Ort verlautete, während der Razzia seien mehrere MigrantInnen geschlagen und einige Kindern von ihren Eltern getrennt worden. Gegen 8.00 Uhr brachte man die HaitianerInnen in die nahe der Grenze gelegene Stadt Dajabón und trieb sie von dort über die Grenze zurück nach Haiti.

Örtliche Quellen berichteten, viele der ausgewiesenen HaitianerInnen hätten bereits seit mehr als zehn Jahren in der Dominikanischen Republik gelebt und gearbeitet. Mindestens 30 von ihnen waren Mitglied der Asociación Solidaria de Obreros Migrantes de la Linea Noroeste (ASOMILIN), einer Organisation, die sich für die Rechte von ArbeitsmigrantInnen engagiert und deshalb ins Visier der staatlichen Behörden geraten ist.

Nach Angaben von ASOMLIN sind die HaitianerInnen ohne Einzelfallprüfung aus der Dominikanischen Republik ausgewiesen worden und hatten somit keine Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung anzufechten oder Widerspruch gegen ihre drohende Rückführung nach Haiti einzulegen.

ASOMILIN und andere vor Ort tätige Organisationen befürchten, dass in Barrero, einem Stadtteil von Navarrete, und in der Stadt Amino im Bezirk Valverde lebende haitianische MigrantInnen nun ebenfalls damit rechnen müssen, willkürlich aus der Dominikanischen Republik ausgewiesen zu werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

ArbeitsmigrantInnen haben das Recht auf Schutz vor willkürlicher Ausweisung und Kollektivausweisung. Dieses Recht ist in Artikel 13 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) und in Artikel 22 der Amerikanischen Menschenrechtskonvention (AMRK) garantiert. Die Dominikanische Republik ist Vertragsstaat beider Abkommen. Dennoch hat Amnesty International in den vergangenen Jahren zahlreiche Vorfälle dokumentiert, bei denen Menschen willkürlich des Landes verwiesen worden sind. Amnesty International hat die dominikanischen Behörden aufgefordert, die Kollektivausweisung von HaitianerInnen und DominikanerInnen haitianischer Abstammung einzustellen. Nach Angaben örtlicher Menschenrechtsorganisationen sind in den ersten sechs Monaten des Jahres 2011 mehr als 3000 HaitianerInnen ausgewiesen worden, viele von ihnen willkürlich und unter Missachtung internationaler Menschenrechtsstandards. Nach dem Erdbeben in Haiti vom 12. Januar 2010 hatten die Vereinten Nationen und eine ganze Reihe von Menschenrechtsorganisationen, unter ihnen Amnesty International, die Dominikanische Republik und andere Staaten aufgerufen, angesichts der humanitären Notlage in Haiti bis auf Weiteres keine HaitianerInnen in ihr Heimatland zurückzuführen. Die Praxis der Sammelabschiebung führt dazu, dass HaitianerInnen und DominikanerInnen haitianischer Abstammung in der Dominikanischen Republik ständig in der Angst leben, abgeschoben zu werden, ohne dass sie eine effektive Möglichkeit hätten, diese Entscheidung anzufechten.

Kollektivausweisungen verstoßen gegen das Absichtsprotokoll über Mechanismen der Repatriierung, das die haitianische und die dominikanische Regierung im Dezember 1999 unterzeichnet haben. Durch die Unterzeichnung verpflichtete sich die Dominikanische Republik, ihre Ausweisungsmechanismen zu verbessern. Unter anderem übernahm sie die Verpflichtung, keine Kernfamilien durch Repatriierung zu trennen und den Ausgewiesenen zu erlauben, ihre Besitztümer mitzunehmen und ihre Ausweispapiere zu behalten.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bin über Berichte besorgt, denen zufolge am 20. September rund 80 MigrantInnen willkürlich des Landes verwiesen worden sind.

- Ich fordere Sie höflich auf, weitere willkürliche oder Kollektivausweisungen von ArbeitsmigrantInnen zu unterbinden. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Appell der Vereinten Nationen verweisen, wegen der durch das Erdbeben im Jahr 2010 verursachten humanitären Lage in Haiti keine haitianischen StaatsbürgerInnen in ihre Heimat zurückzuschicken.

- Stellen Sie bitte sicher, dass die Fälle sämtlicher von Ausweisung aus der Dominikanischen Republik bedrohten Menschen in fairer, transparenter und am jeweiligen Einzelfall orientierter Weise überprüft werden. Sorgen Sie bitte dafür, dass Entscheidungen der Behörden von den Betroffenen angefochten werden und einer erneuten Prüfung unterzogen werden können.

- Ich erwarte, dass die Dominikanische Republik ihren Verpflichtungen aus der Amerikanischen Menschenrechtskonvention und dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte nachkommt. Beide Abkommen enthalten das Verbot, ausländische StaatsbürgerInnen willkürlich und im Schnellverfahren ausweisen.


APPELLE AN

AUßENMINISTER
Lic. Carlos Morales Tronocoso
Ministro de Relaciones Exterioresl
Avda. Independencia No. 752
Santo Domingo, DOMINIKANISCHE REPUBLIK
(korrekte Anrede: Dear Minister/Estimado Sr. Ministro / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (001) 809 685 7551

LEITER EINWANDERUNGSBEHÖRDE
Lic. Jose Ricardo Taveras
Direccíon General de Migración
Avenida 30 de Mayo, Esquina Héroes de Luperon
Santo Domingo, DOMINIKANISCHE REPUBLIK
(korrekte Anrede: Dear Director of Immigration / Estimado Dirección General de Migración / Sehr geehrter Herr Taveras)
Fax: (001) 809 534 7118
E-Mail: despacho.gral@codetel.net.do


KOPIEN AN

MIGRANTINNENORGANISATION
ASOMILIN
C/o Solidaridad Fronteriza
C/Manuel Roca n. 13, Esq. P. Santa Anna
Dajabón
DOMINIKANISCHE REPUBLIK
Fax: (001) 809 579 7012
E-Mail: solidaridadfronteriza@sjrdom.org

BOTSCHAFT DER DOMINIKANISCHEN REPUBLIK
S.E. Herrn Gabriel Rafael Ant Jose Calventi Gavino
Dessauer Straße 28 - 29
10963 Berlin
Fax: 030-2575 7761
E-Mail: embajadom@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. November 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Expressing concern that around 80 migrant workers were reportedly arbitrarily expelled on 20 September.

- Urging the authorities to stop arbitrary or collective expulsions of migrant workers, and pointing out that the UN called on them to stop the expulsion of Haitian nationals after the 2010 earthquake, because of the humanitarian situation in that country.

- Calling on them to ensure that all those facing removal from the Dominican Republic have their cases individually examined in a fair and transparent procedure, where they can challenge the authorities' decisions and have their cases reviewed.

- Urging them to fulfil their obligations under the ACHR and the ICCPR, both of which prohibit the arbitrary and collective expulsion of foreign nationals.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-286/2011, AI-Index: AMR 27/004/2011, Datum: 21. September 2011 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2011