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AKTION/722: Urgent Action - Belarus - Menschenrechtler festgenommen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-240/2011, AI-Index: EUR 49/016/2011, Datum: 5. August 2011

Belarus
Menschenrechtler festgenommen


ALES BIALATSKI, Menschenrechtsverteidiger

Der bekannte Menschenrechtsverteidiger Ales Bialatski ist am 4. August im Zentrum von Minsk festgenommen worden. Amnesty International befürchtet, dass er wegen seiner rechtmäßigen Tätigkeit zur Zielscheibe geworden ist.

Ales Bialatski, Vorsitzender des Menschenrechtszentrums Viasna und Vizepräsident der internationalen Menschenrechtsorganisation FIDH, wurde am 4. August gegen 16:45 Uhr in der Nähe des Siegesplatzes im Zentrum von Minsk festgenommen und über Nacht in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität festgehalten. Um 14 Uhr des selben Tages waren die Büroräume von Viasna von Männern in Zivil umstellt worden. Als Viasna-MitarbeiterInnen das Gebäude verließen, hörten sie Berichten zufolge wie einer der Männer am Telefon sagte, Alex Bialatski sei nicht dort.

Ales Bialatski wurde von Männern in Zivil festgenommen, die angaben, Polizeikräfte der Abteilung für Wirtschaftskriminalität zu sein. Nach der Festnahme sollen sie Alex Bialatski zu seiner Wohnung gebracht und diese dann durchsucht haben. Anschließend fuhren sie mit im Viasna-Büro, das sie von 19:55 bis 20:50 Uhr ebenfalls durchsuchten. Im Büro beschlagnahmten sie Dokumente und Teile der Büroausstattung, in seiner Wohnung einen Computer. Seine Frau und sein Kind, die sich in der Wohnung aufhielten, brachte man in ihr Sommerhaus außerhalb von Minsk und durchsuchte dieses ebenso.

Amnesty International geht davon aus, dass Ales Bialatskis Inhaftierung Teil der systematischen fortgesetzten und bereits lange währenden Drangsalierung von zivilgesellschaftlich engagierten Menschen und MenschenrechtsverteidigerInnen durch die belarussischen Behörden ist. Angesichts des beispiellosen Vorgehens gegen die Zivilgesellschaft nach den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 ist Amnesty International der Ansicht, dass die Inhaftierung politisch motiviert ist und darauf abzielt, Ales Bialatskis legitime Tätigkeit als Menschenrechtsverteidiger zu behindern. Das Menschenrechtszentrum Viasna unterstützt Einzelpersonen und Familien, die von dem scharfen Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft betroffen sind.

Ales Bialatski könnte bis zu zehn Tagen festgehalten werden. In dieser Zeit kann gemäß Artikel 243.2 des belarussischen Strafgesetzbuchs (Unterschlagung von Gewinnen in besonders großem Umfang) gegen ihn ermittelt werden. Darauf steht ein Strafmaß von bis zu sieben Jahren Gefängnis und die Beschlagnahmung von Eigentum. Wenn Anklage erhoben werden sollte, wird er in eine Hafteinrichtung gebracht.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die menschenrechtliche Lage in Belarus hat sich in den vergangenen sechs Monaten in beispielloser Weise verschlechtert. Führende Oppositionelle sind inhaftiert, misshandelt und in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt worden. Kritische Nichtregierungsorganisationen, zivilgesellschaftlich engagierte Menschen und JournalistInnen werden fortgesetzt schikaniert. Das belarussische Menschenrechtszentrum Viasna besteht seit 1998 und ist seit 1999 formell als NGO eingetragen. Nachdem Viasna in der Wahlbeobachtung aktiv war, wurde der Organisation 2003 der offizielle Status entzogen, und die Behörden haben seither wiederholt die behördliche Registrierung der Organisation behindert. Seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 steht die Organisation und ihre MitarbeiterInnen im Rahmen der weitverbreiteten Schikane der Zivilgesellschaft durch die Behörden im ganzen Land verstärkt unter Druck.

EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie mit Nachdruck auf, dafür zu sorgen, dass Ales Bialatski in Übereinstimmung mit den belarussischen Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsabkommen sofort Zugang zu allen rechtlichen Schutzmaßnahmen erhält, dazu gehört auch der Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl.

- Bitte sorgen Sie dafür, dass alle Ermittlungen gegen Ales Bialatski umgehend und unparteiisch durchgeführt werden.

- Stellen Sie die Schikane und Einschüchterung der Zivilgesellschaft unverzüglich ein und nehmen Sie Ihre Verantwortung zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen wahr, wie in der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen ausgeführt.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Alyaksandr Lukashenka
ul. Karla Marxa 38
220016 Minsk
BELARUS
(korrekte Anrede: Dear President / Sehr geehrter Staatspräsident)
Fax: (00 375) 17 226 06 10 oder
(00 375) 17 222 38 72
E-Mail: contact@president.gov.by

GENERALSTAATSANWALT
Grigory Vasilevich
Internatsionalnaya str. 22
220050 Minsk
BELARUS
Fax: (00 375) 17 226 42 52
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK BELARUS
S. E. Herrn Andrei Giro
Am Treptower Park 32
12435 Berlin
Fax: 030-5363 5923
E-Mail: berlin@belembassy.org oder
info@belarus-botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Belarussisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. September 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Call on the Belarusian authorities to ensure that Ales Bialatski has full access to all legal safeguards in detention, in accordance with Belarus' obligations under international human rights law, including access to a lawyer of his choice.

- Call on the Belarusian authorities to ensure that any
investigations are conducted promptly and impartially.

- Urge the Belarusian authorities to stop the harassment and intimidation of civil society and remind them of their responsibility to protect human rights defenders, as set out in the UN Declaration on Human Rights Defenders.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-240/2011, AI-Index: EUR 49/016/2011, Datum: 5. August 2011
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2011