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AKTION/685: Urgent Action - Kuwait - Online-Aktivist inhaftiert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-184/2011, AI-Index: MDE 17/001/2011, Datum: 15. Juni 2011 - ar

Kuwait
Online-Aktivist inhaftiert


Herr NASSER ABUL, 26-jähriger Online-Aktivist

Der Internetaktivist Nasser Abul wurde am 7. Juni festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, die Herrscherfamilien Bahrains und Saudi-Arabiens über die Online-Plattform Twitter beleidigt zu haben. Nasser Abul wurde eigenen Aussagen zufolge in den ersten beiden Tagen seiner Haft gefoltert und misshandelt. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der sich nur deshalb in Haft befindet, weil er von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hat.

Nasser Abul drückte auf Twitter hauptsächlich seine Unterstützung für die Proteste in Bahrain und anderen Teilen des Nahen Ostens aus. Er wurde telefonisch für den 7. Juni zur Vernehmung auf das Revier der Staatssicherheitspolizei vorgeladen, wo er daraufhin festgenommen wurde. Man wirft ihm vor, in seinen Twitternachrichten die Herrscherfamilien von Bahrain und Saudi-Arabien beleidigt zu haben. Nasser Abul hat seit seiner Festnahme keinen Kontakt zu seiner Familie aufnehmen dürfen, und auch mit seiner rechtlichen Vertretung konnte er - abgesehen von einem zehnminütigen Austausch während eines Verhörs - noch nicht sprechen. Vier Tage nach Nasser Abuls Festnahme durfte seine Mutter schließlich mit ihm sprechen. Er wird in einer Einrichtung der Staatssicherheit festgehalten.

Am 12. Juni erschien Nasser Abul wegen mutmaßlicher Vergehen gegen die staatliche Sicherheit vor der Generalstaatsanwaltschaft. Zu den Anklagepunkten zählten "Schädigung der Interessen des Landes" und "Missachtung politischer Beziehungen zu befreundeten Staaten". Weder seine Familie noch seine rechtliche Vertretung durften der Anhörung beiwohnen. Am 14. Juni brachte man Nasser Abul zum Haus seiner Familie, wo man dann das Haus durchsuchte und seinen Computer und sein Telefon beschlagnahmte. Nasser Abul sprach bei dieser Gelegenheit mit seiner Mutter und sagte ihr, dass er an den ersten beiden Tagen seines Gewahrsams geschlagen, beleidigt und bedroht worden sei, und dass man ihm nicht gestattete, das Licht in seiner Zelle auszuschalten.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Twitter ist ein soziales Netzwerk und ermöglicht das sogenannte Mikroblogging. Die BenutzerInnen senden Nachrichten, die "Tweets" genannt werden, und können ihrerseits die Tweets anderer NutzerInnen lesen. Bei diesen Tweets handelt es sich um kurze Textnachrichten von bis zu 140 Zeichen, die dann auf der Profilseite des Senders angezeigt werden.

Nasser Abul hatte sich in Form von Tweets für die Protestierenden in Bahrain ausgesprochen.

Im Februar 2011 begannen in Bahrain Proteste, in denen politische Reformen gefordert wurden. Im Zuge dieser Proteste wurden bisher mindestens 500 Personen festgenommen, und vier Menschen sind unter verdächtigen Umständen in Haft ums Leben gekommen. Viele der Festgenommenen wurden vor Militärgerichte gestellt, und in vielen Fällen ergingen Urteile in Form von kurzen Gefängnisstrafen. In zwei Fällen wurde jedoch auch die Todesstrafe verhängt. Ein Ausnahmezustand, der von den Behörden am 15. März verhängt worden war - der so genannte Notstand zur Nationalen Sicherheit (State of National Safety - SNS) - wurde am 1. Juni wieder aufgehoben. Am 12. Juni erklärte ein Mitglied der Herrscherfamilie Bahrains, Scheich Abdullah Mohammad bin Ahmad Al-Fatih Al-Khalifa, dass er Nasser Abul wegen übler Nachrede und Diffamierung seiner Familie anzeigen werde.

Berichten zufolge wurden in Kuwait in jüngster Zeit mehrere Twitter-Nutzer von der Staatssicherheitspolizei vernommen. Dabei wurden sie zu ihren Internetaktivitäten und -beiträgen befragt.

Im Jahr 2000 zeigte sich der UN-Menschenrechtsausschuss besorgt über die Beschränkungen, die der Meinungs- und Redefreiheit in Kuwait auferlegt werden und dem Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte zuwiderlaufen. Der Ausschuss rief Kuwait dazu auf, zu gewährleisten, dass jeder die in Artikel 19 des Paktes garantierten Rechte ausüben kann, ohne Schikanen befürchten zu müssen (siehe UN-Dokument CCPR/CO/69/KWT; Absatz 37, 27. Juli 2000). Allerdings gelten Beleidigung und üble Nachrede laut den Paragrafen 209 und 210 des kuwaitischen Strafgesetzbuches nach wie vor als Straftaten, auf die eine Höchststrafe von zwei Jahren steht. Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen hat 2008 in einer Stellungnahme die Anwendung des Strafrechts auf Fälle mutmaßlicher Verleumdung von BehördenvertreterInnen als besonders unangemessen bezeichnet. Der Ausschuss begründet seine Einschätzung damit, dass von BehördenvertreterInnen erwartet werden könne, mehr Kritik zu erdulden als eine Privatperson. Die Arbeitsgruppe erklärte zudem, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung auch das Recht umfasst, PolitikerInnen und Personen des öffentlichen Lebens kritisieren zu können.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Bitte lassen Sie Nasser Abul unverzüglich und bedingungslos frei, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, und lassen Sie alle Anklagen gegen ihn fallen, die sich auf die Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung beziehen.

- Bitte sorgen Sie dafür, dass Nasser Abul nicht gefoltert oder misshandelt wird und man ihm Zugang zu seiner Familie, einer rechtlichen Vertretung seiner Wahl und jegliche erforderliche medizinische Versorgung gewährt.

- Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Inhaftierung von Nasser Abul einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Wahrung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte darstellt, zu dessen Vertragsstaaten Kuwait gehört.


APPELLE AN

EMIR DES STAATES KUWAIT
His Highness Sheikh Sabah al-Ahmad al-Jaber Al Sabah
al-Diwan al-Amiri, al-Safat, KUWAIT
(korrekte Anrede: Your Highness/Eure Hoheit)
Fax: (00 965) 2243 0559
E-Mail: amirsoffice@da.gov.kw

JUSTIZMINISTER
His Excellency Mohammad Mohsen al-Afasi
Minister of Justice
Ministry of Justice
P.O. Box 6, al-Safat 1300, KUWAIT
(korrekte Anrede: Your Excellency/Exzellenz)
Fax: (00 965) 2242 257

VORSITZENDER DER PARLAMENTARISCHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Parliamentary Human Rights Committee
National Assembly, P.O. Box 716, al-Safat 13008, KUWAIT
(korrekte Anrede: Dear Sir/Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr)
Fax: (00 965) 2245 5806
E-Mail: ipu-grp@kna.kw (Betreff: FAO Chairperson of the Parliamentary Human Right Committee)


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES STAATES KUWAIT
S.E. Herrn Musaed Rashed A Alharoun
Griegstraße 5-7, 14193 Berlin
Fax: 030-8973 0010
E-Mail: info@kuwait-botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. Juli 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the Kuwaiti authorities to immediately and unconditionally release Nasser Abul and to drop the charges brought against him on account of his peaceful exercise of the right to freedom of expression as he is a prisoner of conscience.

- Urging the Kuwaiti authorities to ensure that Nasser Abul is protected from torture and other ill-treatment and that he is granted access to his family, and a lawyer of his choice and adequate medical care.

- Noting that the detention of Nasser Abul is in breach of Kuwait's international obligation to uphold freedom of expression as guaranteed in the International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) to which Kuwait is a state party.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-184/2011, AI-Index: MDE 17/001/2011, Datum: 15. Juni 2011 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2011