Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/633: Urgent Action - Kolumbien - Menschenrechtler in Gefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-119/2011, AI-Index: AMR 23/012/2011, Datum: 21. April 2011 - pn

Kolumbien
Menschenrechtler in Gefahr


ZORAIDA HERNÁNDEZ, Menschenrechtsverteidigerin
CENELIA SERNA, Menschenrechtsverteidigerin
JORGE MOLANO, Menschenrechtsanwalt

Am 14. April versuchten zwei Männer, sich Zugang zur Wohnung von Zoraida Hernández zu verschaffen. Sie ist Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation "Corporación Sembrar" in Bogotá, Kolumbien. Amnesty International ist besorgt um die Sicherheit von Zoraida Hernández und anderen Mitgliedern von Corporación Sembrar. Am 14. April kletterten zwei Männer auf den Balkon von Zoraida Hernández' Wohnung, die sich im dritten Stock befindet und versuchten, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Währenddessen waren ihr Telefon und die Sprechanlage, mit der man den Empfang im Eingangsbereich des Gebäudes erreichen kann, scheinbar lahmgelegt. Zoraida Hernández und ihr Mann begannen, um Hilfe zu rufen, daraufhin flüchteten die beiden Männer. Einige Minuten später funktionierten das Telefon und die Sprechanlage wieder. Zoraida Hernández ist zusätzlich zu ihrer Tätigkeit bei Corporación Sembrar Sprecherin der Nationalen Bewegung für Opfer von staatlichen Verbrechen (Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado - MOVICE). Vor kurzem sprach sie in der Öffentlichkeit über die Rückgabe von Land, das sich paramilitärische Gruppierungen, zum Teil in Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften, angeeignet haben. Außerdem übte sie öffentlich Kritik an Teilen des Gesetzesentwurfs der Regierung für ein Opfergesetz und an den Privilegien, die Angehörige der Streitkräfte darin genießen, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Am 5. November 2010 hatten zwei bewaffnete Männer Cenelia Serna, der Generalsekretärin der Corporación Sembrar aufgelauert. Sie befand sich zu dem Zeitpunkt in einem Hotel in der Stadt Buenaventura im Departamento Valle del Cauca. Am 6. November 2010 suchten die beiden Männer an ihrem neuen Aufenthaltsort wieder nach ihr. Cenelia Serna verbrachte wegen der Zusammenarbeit mit führenden afro-kubanischen AktivistInnen mehrere Tage in der Region.

Der Vorfall in Zoraida Hernández' Wohnung ereignete sich einige Wochen nachdem sich die Corporación Sembrar aus einem Schutzprogramm der Regierung, mit der Begründung zurückgezogen hatte, dass die Maßnahmen ohnehin nicht ausreichend seien. Die Regierung hatte sich dazu bereit erklärt, noch vor dem 15. März VertreterInnen der Corporación Sembrar zu treffen, um über Sicherheitsmaßnahmen zu sprechen. Den jüngsten vorliegenden Informationen zufolge steht ein Treffen derzeit aber noch aus. Auch der Menschenrechtsanwalt Jorge Molano, der in der Vergangenheit bereits mehrfach bedroht worden war und ebenfalls mit der Corporación Sembrar zusammenarbeitet, trat aus dem staatlichen Schutzprogramm aus.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In den vergangenen Jahren wurden Nichtregierungsorganisationen und MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich für die Rückgabe von Land engagieren, in besonderem Maße Opfer von Drohungen und Morden. Bei dem Land handelt es sich um Flächen, die sich größtenteils paramilitärische Gruppierungen im Zuge des nun schon lange anhaltenden bewaffneten Konflikts in Kolumbien angeeignet haben. Die meisten Angriffe auf Nichtregierungsorganisationen und MenschenrechtverteidigerInnen werden diesen paramilitärischen Gruppierungen zugeschrieben. MenschenrechtsverteidigerInnen und andere AktivistInnen, die sich sozial engagieren, wurden darüber hinaus auch zur Zielscheibe von Guerilla-Gruppen, sofern diese sie als Hindernis zur Durchsetzung ihrer Ziele ansahen.

Die paramilitärischen Gruppierungen in Kolumbien sind angeblich im Rahmen des von der Regierung finanzierten Demobilisierungsprozesses, der im Jahr 2003 begann, aufgelöst worden. Diese Gruppen operieren aber nach wie vor und begehen weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen an MenschenrechtsverteidigerInnen und anderen Zivilpersonen. Manchmal geschieht dies sogar in Absprache mit den Sicherheitskräften oder mit deren Einverständnis.

Corporación Sembrar arbeitet mit Gemeinden zusammen, die sich gegen multinationale Bergbauunternehmen im Süden des Departamento Bolívar stellen und beschäftigt sich außerdem mit bekannten Fällen wie der Zwangsumsiedlung von Gemeinden aus Las Pavas in die Stadt El Peñón im Süden des Departamento Bolívar im Norden Kolumbiens. Nach Gesprächen mit der Regierung, an denen Zoraida Hernández beteiligt war, kehrte die Gemeinde am 4. April auf ihr Land zurück. Im Laufe der letzten Jahre wurden Mitglieder der Corporación Sembrar Opfer verschiedener Drohungen, darunter auch Morddrohungen in den Jahren 2008 und 2009.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

Ich bin sehr besorgt um die Sicherheit von Zoraida Hernández, ihrer Familie und anderen Mitgliedern der Corporación Sembrar.

- Ich fordere Sie höflich dazu auf, die Sicherheit von Zoraida Hernández, ihrer Familie und anderen Mitgliedern der Corporación Sembrar nach genauer Absprache mit ihnen zu gewährleisten.

- Ich bitte Sie eindringlich darum, eine vollständige und unparteiische Untersuchung zu dem Einbruchsversuch bei Zoraida Hernández einzuleiten. Stellen Sie sicher, dass die Ergebnisse veröffentlicht und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.

- Ich möchte Sie zudem an Ihre Verpflichtung aus der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern von 1998 erinnern, derzufolge MenschenrechtsverteidigerInnen das Recht haben, ihre Arbeit ohne Einschränkung und Angst vor Repressalien auszuführen.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Sr. Juan Manuel Santos
Presidente de la República, Palacio de Nariño
Carrera 8 No. 7-26, Bogotá
KOLUMBIEN
Fax: (00 57) 1 596 0631
(korrekte Anrede: Dear President Santos/
Excmo. Sr. Presidente Santos/ Sehr geehrter Herr Präsident)

INNEN- UND JUSTIZMINISTER
Sr. Germán Vargas Lleras
Ministerio Del Interior y De Justicia,
Carrera 9a. No. 14-10, Bogotá,
KOLUMBIEN (korrekte Anrede: Dear Minister/Estimado Sr. Ministro
Vargas/Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 57) 1 599 8961


KOPIEN AN

NICHTREGIERUNGSORGANISATION
Corporación Sembrar
Calle 19 No 4-88
Bogotá
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
I. E. Frau Dr. Maria Dora Victoriana Mejía Marulanda
Kurfürstenstr. 84
10787 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. Juni 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Express concern for the safety of Zoraida Hernández, her family, and others working with Corporación Sembrar and urge the authorities to guarantee their safety in strict accordance with their wishes;

- Call on the authorities to order a full and impartial investigation into the attempted break-in, to make the results public and to bring those responsible to account;

- Urge them to fulfil their obligations regarding the situation of human rights defenders, as laid out in the 1998 UN Declaration on Human Rights Defenders.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-119/2011, AI-Index: AMR 23/012/2011, Datum: 21. April 2011 - pn
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2011