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AKTION/628: Urgent Action - VR China - Tibeter inhaftiert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-118/2011, AI-Index: ASA 17/021/2011, Datum: 19. April 2011 - bs

VR CHINA
Tibeter inhaftiert


LOBSANG CHOEPEL, 24-jähriger buddhistischer Mönch
LOBSANG NGODUP, 32-jähriger Mönch
DHONYOE DORJEE, etwa 34 jähriger Mönch
TENZIN GYAMTSO, 27-jähriger Mönch
LOBSANG TSEPAK, ehemaliger Mönch, nun Student in Peking
A-DOR, 35,
DORJEE, etwa 35,
PALKO, 40,
WOESEL DORJEE, 28

LOBSANG DHARGAY, 22-jähriger Bruder des Mönchs, der sich selbst verbrannt hat LOBSANG TSONDUE, etwa 46 Jahre, Onkel des Mönchs

Mindestens elf Tibeter sind nach dem Tod eines Mönchs, der sich aus Protest gegen das Vorgehen der Regierung selbst verbrannt hatte, in Haft genommen worden. Amnesty International befürchtet, dass sie gefoltert oder auf andere Weise misshandelt werden könnten. Am 16. März hatte sich ein 20-jähriger buddhistischer Mönch names Phuntsok auf einem Markt im Bezirk Ngaba (auf Chinesisch: Aba) in der Provinz Sichuan (Sezuan) selbst in Brand gesetzt. Er wollte damit gegen repressive Regierungsmaßnahmen in der Autonomen Region Tibet und anderen Gebieten der Volksrepublik China mit tibetischem Bevölkerungsanteil protestieren. Er starb am frühen Morgen des 17. März in einem Krankenhaus.

Nach der Selbstverbrennung von Phuntsok organisierten hunderte Mönche des selben Klosters, des Kirti-Klosters in Ngaba, und weitere lokale BewohnerInnen eine erneute Protestkundgebung. Mehrere von ihnen wurden vorübergehend festgenommen. Viele weitere kamen nach den Protesten in Haft. Lobsang Choepel und Lobsang Ngodup, beide Mönche des Kirti-Klosters, wurden um den 30. März festgenommen. Zwei weitere Mönche des Kirti-Klosters, Dhonyoe Dorjee und Tenzin Gyamtso, nahmen die Sicherheitskräfte am 8. April in Gewahrsam. Alle wurden im Kloster festgenommen und sollen sich derzeit in der Hafteinrichtung der Polizei von Ngaba befinden.

Am 25. März nahm die Polizei von Peking Lobsang Tsepak fest. Er war früher ebenfalls Mönch am Kirti-Kloster, studiert aber nun an der Universität für nationale Minderheiten (Central University for Nationalities - Minzu University) in Peking. A-dor, Dorjee, Palko und Woesel Dorjee wurden am 23. März in Namda im Bezirk Dzamthang von der Bezirkspolizei in Haft genommen. Sie werden nach vorliegenden Informationen in einer Hafteinrichtung der Bezirkspolizei festgehalten. Die vier Männer hatten an einer Demonstration in Dzamthang teilgenommen, um ihre Solidarität mit den Mönchen in Ngaba zum Ausdruck zu bringen. Am 12. April nahmen Sicherheitskräfte den Bruder und den Onkel von Phuntsok, Lobsang Dhargay und Lobsang Tsondue, fest. Beide waren bereits am 22. März in Haft genommen und dann am 25. März wieder freigelassen worden. Auch sie sollen sich in der Hafteinrichtung der Bezirkspolizei von Ngaba befinden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 16. März war der dritte Jahrestag der Proteste am Kirti-Kloster im Jahr 2008. Damals sollen die Sicherheitskräfte mindestens zehn TibeterInnen erschossen haben. 2008 entstand in den Gebieten Chinas mit tibetischem Bevölkerungsanteil eine Protestwelle. Die überwiegend friedlichen Proteste wurden von den Behörden gewaltsam aufgelöst. Phuntsok ist der zweite Mönch des Kirt-Klosters, der sich selbst in Brand steckte. Ein anderer Kirti-Mönch namens Tapey hatte sich im Februar 2009 in Brand gesetzt, um gegen behördliche Anweisungen zu protestieren, die es Mönchen untersagten, an einem traditionellen Gebetsfest teilzunehmen. Unbestätigten Berichten zufolge schlugen Sicherheitskräfte auf Phuntsok ein, als sie die Flammen löschten. Bislang ebenfalls unbestätigt sind Meldungen, denen zufolge die Sicherheitskräfte das Feuer auf Tapey eröffneten, als er von Flammen umgeben war. Tapey überlebte, aber sein Verbleib ist ungeklärt. Laut Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua brachten die Sicherheitskräfte, die das Feuer gelöscht hatten, Phuntsok ins Krankenhaus, später sollen ihn Mönche ihn von dort abgeholt und in das Kloster gebracht haben. NGO-Quellen, darunter die International Campaign for Tibet und das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie, bezweifeln jedoch diese Version der Geschehnisse. Laut Angaben von NGOs sind seit dem Tod des Mönchs am 17. März zahlreiche Sicherheitskräfte in Ngaba stationiert worden. Seit dem 19. März untersagen die Behörden religiöse Zeremonien im Kirti-Kloster. Am 20. März begannen die Behörden mit einer patriotischen Schulungskampagne im Kloster. Die Sicherheitskräfte kontrollieren die Ein- und Ausgänge des Klosters. Aufgrund dieser strengen Kontrollen könnten die Nahrungsmittel im Kloster knapp werden. Die Behörden hatten angekündigt, die jüngeren Mönche am 12. April aus dem Kloster zu holen, um sie einer patriotischen Schulung zu unterziehen. Die örtliche Bevölkerung soll dies allerdings verhindert haben, indem sie die Eingänge des Klosters blockierte. Im Kloster Kirti leben rund 2.500 Mönche. Laut Angaben von NGOs sollen neben den genannten Personen noch weitere Menschen festgenommen worden sein und sich in Ngaba in Haft befinden.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie auf, Lobsang Choepel, Lobsang Ngodup, Dhonyoe Dorjee, Tenzin Gyamtso, Lobsang Tsepak, A-dor, Dorjee, Palko, Woesel Dorjee, Lobsang Dhargay und Lobsang Tsondue umgehend und bedingungslos freizulassen, sofern sie keiner erkennbar strafbaren Handlung angeklagt werden.

- Bitte stellen Sie sicher, dass die Gefangenen in der Haft Zugang zu medizinischer Behandlung, einem Rechtsbeistand ihrer Wahl und ihren Familien erhalten.

- Stellen Sie bitte sicher, dass sie in der Haft weder gefoltert noch auf andere Weise misshandelt werden.

- Ich bitte sie eindringlich, die Sicherheitskräfte anzuweisen, bei der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung nur dann Gewalt anzuwenden, wenn dies unbedingt erforderlich ist und der Einsatz von Gewalt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.

- Bitte respektieren und schützen Sie die Rechte der TibeterInnen auf ihre Kultur, ihre Religion und ihre eigene Sprache.


APPELLE AN

LEITER DES AMTES FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT DER PROVINZ SICHUAN
ZENG Shengquan Tingzhang
Sichuansheng Gong'anting
9 Jindunlu, Chengdushi 610041
Sichuansheng
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Director)
Fax: (00 86) 28 8630 1177

GOUVERNEUR DER PROVINZ SICHUAN
JIANG Jufeng Shengzhang
Sichuansheng Renmin Zhengfu
30 Duyuanjie, Chengdushi 610016
Sichuansheng
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Governor)
Fax: (00 86) 28 8660 4036


KOPIEN AN

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
MENG Jianzhu Buzhang
Gong'anbu
14 Dongchang'anjie
Dongchengqu
Beijingshi 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Your Excellency)

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S.E. Herrn Hongbo Wu
Märkisches Ufer 54, 10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: de@mofcom.gov.cn


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. Mai 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE SEND APPEALS IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to release immediately and unconditionally Lobsang Choepel, Lobsang Ngodup, Dhonyoe Dorjee, Tenzin Gyamtso, Lobsang Tsepak, A-dor, Dorjee, Palko, Woesel Dorjee, Lobsang Dhargay and Lobsang Tsondue unless they are to be charged with an internationally recognizable criminal offence;

- Urging the authorities to ensure they have immediate access to their families, legal representation of their choice, and any medical care they may require;

- Calling on them to guarantee that they will not be tortured or ill-treated while they remain in custody;

- in restoring order, use force only when necessary and then in a proportionate way;

- Urging them to respect and protect the right of Tibetans to enjoy their own culture, to practise their religion, and to use their own language.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-118/2011, AI-Index: ASA 17/021/2011, Datum: 19. April 2011 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2011