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AKTION/570: Urgent Action - Iran - Zwei Kurden weiter in Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-272/2009-6, AI-Index: MDE 13/026/2011, Datum: 4. März 2011 - fp

IRAN
Zwei Kurden weiter in Haft

Weitere Informationen zu UA-271/2009 (MDE 13/102/2009, 8. Oktober 2009, MDE 13/009/2010, 21. Jan. 2010, MDE 13/119/2009, 9. Nov. 2009, MDE 13/121/2009, 12. Nov. 2009, MDE 13/117/2010, 24. Dez. 2010 und MDE 13/003/2011, 7. Januar 2011)


In Hinrichtungsgefahr:
Herr HABIBOLLAH LATIFI
Festgenommen:
Herr SA'ID SA'EDI
Herr YAHYA QAVAMI

Zwei iranische Kurden, die festgenommen wurden, als sie im Dezember den Hinrichtungsaufschub von Habibollah Latifi feierten, befinden sich immer noch in Haft. Die beiden Männer sind gewaltlose politische Gefangene. Habibollah Latifi droht weiterhin die Hinrichtung, es wurde aber noch kein neuer Hinrichtungstermin festgesetzt. Die Hinrichtung von Habibollah Latifi, einem Wirtschaftsingenieursstudenten an der Ilam-Universität, wurde nicht wie geplant am 26. Dezember 2010 vollstreckt. Ihm droht zwar nach wie vor die Hinrichtung. Es ist allerdings nicht bekannt, dass bereits ein neuer Hinrichtungstermin anberaumt wurde. Amnesty International wird die Entwicklungen in seinem Fall sorgfältig beobachten. Nachdem die Hinrichtung ausgesetzt wurde, kamen Angehörige von Habibollah Latifi und AktivistInnen im Haushalt der Latifis zusammen. Aus diesem Anlass wurde das Haus durchsucht und etwa 24 Personen festgenommen. Die meisten von ihnen hat man inzwischen wieder freigelassen, aber der zivilgesellschaftlich engagierte Journalist und Dichter Sa'id Sa'edi sowie Yahya Qavami befinden sich weiterhin in Haft. Am 5. Februar 2011 soll ihre Haft um einen Monat verlängert worden sein.

Sa'id Sa'edi wird Berichten zufolge in einer Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Sanandaj in Kurdistan festgehalten. Bis zum 13. Februar hat man ihm bis auf ein einminütiges Telefongespräch jeglichen Kontakt zu seiner Familie untersagt. Angestellte des iranischen Geheimdienstes sollen ihn gefoltert haben, sodass er Verletzungen an einer Hand und einem Fuß davongetragen hat.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Habibollah Latifi, ein Wirtschaftsingenieursstudent an der Ilam-Universität, war am 23. Oktober 2007 in Sanandaj festgenommen und vom dortigen Revolutionsgericht am 3. Juli 2008 in einem unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt worden. Man warf ihm den vage formulierten Straftatbestand "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) vor, auf den die Todesstrafe stehen kann. Angaben seines Anwalts zufolge hat Habibollah Latifi die Anschuldigungen, die vor Gericht gegen ihn erhoben wurden, zurückgewiesen. Er soll im Auftrag der "Partei für ein Freies Leben in Kurdistan" (PJAK) an Anschlägen in der Stadt Sanandaj beteiligt gewesen sein, darunter dem Angriff auf das Auto eines Justizbeamten.

Sein Gerichtsverfahren fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt; weder seine Familie noch sein Anwalt durften der Verhandlung beiwohnen. Das Todesurteil wurde am 18. Februar 2009 zwar vom Berufungsgericht in Sanandaj bestätigt. Doch seine Hinrichtung wurde nur Stunden vor der Vollstreckung am 26. Dezember 2010 aufgeschoben. Nachdem die Hinrichtung ausgesetzt wurde, kamen Angehörige von Habibollah Latifi und AktivistInnen im Haushalt der Latifis zusammen. Doch dann durchsuchten bis zu 50 Angehörige der Sicherheitskräfte das Haus und nahmen sieben Angehörige der Familie Latifi und etwa 17 andere Personen fest. Bis zum 30. Dezember 2010 wurden die Familienangehörigen gegen eine Kaution von umgerechnet je 15.000 Euro freigelassen. Am 6. Januar wurden ein NGO-Mitglied und ein Journalist gemeinsam mit acht anderen ebenfalls aus der Haft entlassen, wobei Amnesty International bislang keine näheren Angaben zum Tag und den Umständen ihrer Freilassung vorliegen. Mindestens einer der Freigelassenen hat inzwischen aus Sorge um seine Sicherheit den Iran verlassen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bitte Sie eindringlich, den Aufenthaltsort von Sa'id Sa'edi und Yahya Qavami bekanntzugeben und möchte Sie an Ihre Verpflichtung erinnern, sicherzustellen, dass die beiden Männer nicht gefoltert oder in anderer Weise misshandelt werden.

- Ich fordere Sie auf, Sa'id Sa'edi und Yahya Qavami umgehend freizulassen, denn beide wurden nur aufgrund ihrer Teilnahme an einem friedlichen Treffen in Solidarität mit der Familie Latifi inhaftiert.

- Bitte wandeln Sie das gegen Habibollah Latifi verhängte Todesurteil gemäß internationalen Standards in eine Haftstrafe um. Das Urteil erging nach einem unfairen Gerichtsverfahren aufgrund politischer Straftaten.


APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid Keshvar Doust Street
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: über die englische Website http://www.leader.ir/langs/de/index.php?p=letter

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadeqh Larijani
Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri
Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: über die Website
http://www.bia-judiciary.ir/tabid/62/Default.aspx
(erste Zeile mit Sternchen: Ihr Vorname; zweite Zeile mit Sternchen:
Ihr Nachname; dritte Zeile mit Sternchen: Ihre E-Mail-Adresse;
über den grauen Button links unten versenden Sie die Nachricht)


KOPIEN AN

GOUVERNEUR DER PROVINZ KURDISTAN
Esmail Najjar
(korrekte Anrede: Dear Governor)
E-Mail: auf Englisch, Französisch oder Deutsch über die Website
http://en.ostan-kd.ir/Default.aspx?TabID=59
auf Persisch oder Kurdisch über:
http://www.ostan-kd.ir/Default.aspx?tabId=150&cv=4@0_1

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Kurdisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. April 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urging the Iranian authorities to clarify where Sa'id Sa'edi, along with Yahya Qavami are held, reminding them of their obligation to ensure they are not tortured or otherwise ill-treated;

- Calling for the immediate release of Sa'id Sa'edi, along with Yahya Qavami, both of whom were arrested for having taken part in a peaceful meeting in solidarity with the Latifi family

- Urging the authorities to commute Habibollah Latifi's death sentence, imposed for political offences after an unfair trial, in line with international standards.


Fortsetzung HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Sa'id Sa'edi unterstützte den Aufbau des Instituts für Kulturwissenschaften in Ostkurdistan (EKCRI oder auch Xorkhelat-Institut genannt). Der Antrag auf eine formale Eintragung dieser NGO wurde von der Polizei abgelehnt. Am 2. August 2005 wurde Sa'id Sa'edi festgenommen, weil er mit anderen eine Demonstration anlässlich des Mordes eines kurdischen Rechtsaktivisten im Juli 2005 organisiert hatte. Man hielt ihn acht Tage lang fest, schlug ihn und brachte ihn in ein anderes Gefängnis, in dem er zwei Wochen lang ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wurde. Im Oktober 2005 wurde er schließlich gegen Kaution freigelassen. Im Juni 2007 verurteilte ihn ein Gericht in Sanandaj zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen der Teilnahme an Kundgebungen Mitte 2005 sowie zu einer Haftstrafe von sechs Monaten wegen "Propaganda gegen das System". Er gab an, er sei zu den Kundgebungen gegangen, um als Journalist darüber zu berichten. Dieses Urteil wurde in einem Rechtsmittelverfahren auf eine Geldstrafe reduziert. Im Februar 2008 wurde er wegen Sachbeschädigung in Zusammenhang mit einer früheren Demonstration vor Gericht gestellt (General Court).

Yahya Qavami ist Mitglied verschiedener kultureller und Umweltschutz-NGOs in Sanandaj. Sein zivilgesellschaftlich engagierter Cousin Ajlal Qavami war zuvor gemeinsam mit Sa'id Sa'edi inhaftiert worden. Die kurdische Minderheit im Iran lebt vor allem im Westen und Nordwesten des Landes, in der Provinz Kurdistan und in Nachbarprovinzen, die an kurdische Gebiete in der Türkei und im Irak grenzen. Sie wird in religiösen, ökonomischen und kulturellen Belangen diskriminiert. Weitere Informationen zur kurdischen Minderheit im Iran finden Sie auf Englisch unter: : Iran: Human rights abuses against the Kurdish minority, 30. Juli 2008,
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/088/2008/en


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-272/2009-6, AI-Index: MDE 13/026/2011, Datum: 4. März 2011 - fp
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Fax: 030/42 02 48 - 330
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2011